Dschihadisten im Strom der Flüchtlinge
Seite 2: Februar bis Juni 2015
- Februar 2015: Der Marokkaner Ayoub Motchou reiste im Februar 2015 auf der Flucht vor der spanischen Polizei unter falschem Namen in die BRD ein. Im Jahr 2015 lebte in einem Flüchtlingslager in Recklinghausen. Am 4. August 2015 wurde er in Stuttgart durch ein Mobiles Einsatzkommando der Polizei festgenommen.
Zunächst erließ das Amtsgericht eine Festhalteanordnung. Danach musste das Oberlandesgericht Stuttgart über eine Ausweisung nach Spanien entscheiden. Derweil wehrte sich Ayoub Moutchou gegen eine Abschiebung nach dem so genannten "vereinfachten Verfahren" gemäß der europäischen Asylverfahrensrichtlinie vom 26. Juni 2013. Die deutschen Justizbehörden lieferten Ayoub Motchou schließlich am 3. September 2015 an die spanischen Behörden aus.
- März 2015: Saleh al-Ghadban kam im März 2015 nach Deutschland. Im Februar 2016 behauptete al-Ghadban gegenüber der französischen Polizei - wie erst im Juni 2016 öffentlich bekannt wurde -, dass ein IS-Kommando ein Massaker in Düsseldorf verüben wollten. Zu den weiteren Kommandomitgliedern gehörten angeblich mehrere Insassen von Flüchtlingswohnheimen: Abd Arahman A. K. (Leimen), Hamza C. (Bliesdorf) und Mahood B. (Mülheim). Die Ermittlungen der Ermittlungskommission ANBIETER aus über 30 Beamten liefen unter dem Aktenzeichen 2 BJs 17/16. Aber die Anschlagsbehauptungen waren wahrscheinlich frei erfunden:
Am 14. Juli 2017 erklärte Saleh al-Ghadban vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf, zwar hätte es die Anschlagsplanung tatsächlich gegeben, aber seine beiden von ihm ein Jahr zuvor belasteten Mitangeklagten hätten damit nichts zu tun. Die wahren Mittäter würde er nicht kennen. "Ich habe nicht die Wahrheit gesagt. Sie haben überhaupt nichts damit zu tun," bekannte er nun. Er habe bei seinen Anschuldigungen gegen die beiden absichtlich gelogen, weil die französische Polizei zuvor ihn belogen habe. Diese hätte ihm nämlich versprochen, seine Frau und sein Kind nachzuholen und ihn freizulassen, aber nicht Wort gehalten: "Ich wollte der Lüge der Polizei eine Lüge entgegensetzten. Ich habe Dankbarkeit erwartet, aber dieses Wort gibt es in Europa nicht. Ich habe mein Volk verraten, um die deutsche Bevölkerung zu schützen und zum Dank steckt man mich ins Gefängnis," beschwerte sich al-Ghadban. Daraufhin wurde Mahood B. am 15. Juli aus der JVA Düsseldorf entlassen, muss sich aber bis zum Abschluss des Prozesses weiter vor Gericht verantworten.
- März 2015: Der Palästinenser Ahmad Alhaw kam im März 2015 nach Deutschland. Er wurde in einem Flüchtlingsheim in Hamburg-Langenhorn (Kiwittsmoor 4a-i, Haus 4) untergebracht. Nach dem "Dubliner Verfahren" hätten die deutschen Ausländerbehörden Ahmad Alhaw nach Norwegen innerhalb von zwei Monaten bis zum 13. Juli 2015 zurückschicken können, aber das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) verpasste die Frist um einen Tag. Erst am Dienstag, den 14. Juli 2015, traf das deutsche Rücknahme-Ersuchen in Norwegen ein. Die dortige Immigrationsbehörde UDI lehnte eine Rücknahme ab: "Wir bedauern, Sie zu informieren, dass Norwegen die oben genannte Person nicht zurücknehmen bereit ist." Damit blieb Deutschland für den Flüchtling und sein Asylverfahren weiterhin zuständig.
Am 1. April 2016 meldete sich eine Person aus dem Umfeld von Ahmad Alhaw bei der Polizei am Hamburger Hauptbahnhof und warnte davor, Ahmad Alhaw würde sich islamistisch radikalisieren. Der diensthabende Polizeibeamte legte darüber einen Vermerk an, auf dem er den Namen falsch notierte: Ahmad al-Ahmad. Aufgrund dieser falschen Namensgebung gelang es der Polizei bis Juni 2016 nicht, Ahmad Alhaw zu identifizieren. Im August 2016 landete der Polizeivermerk beim Landesamt für Verfassungsschutz. Dort lud eine Mitarbeiterin den damaligen Tippgeber für September noch einmal ein, worauf sich schließlich der Irrtum bei der Namensgebung aufklärte. Nach einem Gespräch empfahl das LfV eine psychiatrische Untersuchung, was aber der Sachbearbeiter beim LKA als unnötig ablehnte.
Am 28. Juli 2017 verübte Ahamd Alhaw einen Messerangriff auf die Kunden der "Edeka"-Filiale in Hamburg-Barmbek (Fuhlsbüttler Straße 188-190). Dabei tötete er einen fünfzigjährigen Mann und verletzte weitere Kunden und Passanten. Der Täter sitzt gegenwärtig in der Untersuchungshaftanstalt (Holstenglacis 3) ein und wird psychiatrisch untersucht. Die Besondere Aufbauorganisation (BAO) BARMBEK der Hamburger Polizei führt z. Zt. die Ermittlungen durch.
- 30. Juni 2015: "Muhammad Riyad" alias Riaz Khan Ahmadzai reiste 2015 als Geflüchteter in die Bundesrepublik ein. Nach eigenen Angaben war er ein Afghane, allerdings vermuten die Ermittler, dass er aufgrund seines Paschtu-Dialektes eher aus der pakistanischen Region Peshawar stammte. Er galt als "unbegleiteter, minderjähriger Flüchtling" (UMF), allerdings haben die Sicherheitsbehörden auch hier Zweifel an seiner Altersangabe. Zunächst beantragte er Asyl in Ungarn. Am 30. Juni 2015 reiste er bei Passau in die Bundesrepublik ein und beantragte am 16. Dezember 2015 Asyl. Am 31. März 2016 erhielt er eine Aufenthaltsgenehmigung. Er wurde zunächst in einem Flüchtlingslager im bayerischen Ochsenfurt (Kolpingstraße 26) und später bei einer Pflegefamilie auf einem Bauernhof in Gaukönigshofen untergebracht.
Dass Riaz Khan Ahmadzai von den deutschen Behörden gemäß der EU-Rechtslage nicht nach Ungarn abgeschoben wurde, lag an einem Computerfehler, wie die "Berliner Morgenpost" berichtete:
Die Fingerabdrücke des Würzburger Attentäters sind wegen einer technischen Störung nicht europaweit abgeglichen worden. Wie aus Behördenkreisen verlautete, blieb dadurch unentdeckt, dass er bereits in Ungarn einen Asylantrag gestellt hatte.
Die Computerpanne sei im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) passiert, als dieses den Flüchtling am 14. März 2016 registrierte. Die Erfassung beim BAMF fand damit erst knapp neun Monate nach seiner Einreise statt. Dabei werden die Fingerabdrücke eines Asylbewerbers normalerweise mit der europäischen Datenbank "Eurodac" abgeglichen. Dieser Abgleich habe an jenem Tag aber nicht funktioniert, hieß es.
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte aber, dass die Bundespolizei den damals 16-Jährigen bei seiner Einreise aufgegriffen und seine Fingerabdrücke mit deutschen Fahndungsdatenbanken abgeglichen habe. Da der Attentäter damals aber noch nicht polizeibekannt gewesen sei, habe es keine Treffer gegeben."
(Morgenpost)
Am 18. Juli 2016 verübte Riaz Khan Ahmadzai einen Anschlag auf den Regionalexpress RE 58130 der "Bahn AG". Durch Beilhiebe und Messerstiche wurden vier chinesische Touristen verletzt. Es war der erste Anschlag eines Flüchtlings, der mit der Migrantenwelle 2015 eingereist war. Als der Zug durch eine Notbremsung in Würzburg-Heidingsfeld anhielt, flüchtete der Attentäter zu Fuß und attackierte die Spaziergängerin Christine R.: "Ich mach Dich fertig, Du Schlampe", soll er gerufen haben. Kurz darauf wollte er mehrere SEK-Beamte, die wegen einem anderen Polizeieinsatz vor Ort waren, ebenfalls angreifen. Daraufhin wurde der Täter von der Polizei am Main-Ufer aus kurzer Entfernung erschossen.
Die Bundestagsabgeordnete Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte auf "Twitter", den Polizeieinsatz und fragte, warum der Angreifer "nicht angriffsunfähig geschossen werden" konnte, damit löste sie einen Shitstorm aus. So sprach Rainer Wendt, der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, von "parlamentarischer Klugscheißerei".
- Juni 2015: Azad R. ist syrischer Staatsbürger. Er ist "hinreichend verdächtig" ein Mitglied der Ahrar al-Sham zu sein. Azad R. beteiligte sich zumindest von August 2013 bis April 2014 an Kampfeinsätzen der Gruppierung gegen andere Rebellengruppen und syrische Militärkräfte im Gebiet um die Stadt Aleppo. Dabei war er mit einem Schnellfeuergewehr "Kalaschnikow", anderen Maschinengewehren und Panzerfäusten bewaffnet. Azad R. wurde im April 2014 bei einem Gefecht schwer verletzt, so dass er heutzutage im Rollstuhl sitzt. Zur medizinischen Versorgung reiste er - in Begleitung von Kamel T. H. J. - zunächst in die Türkei und im Juni 2015 nach Deutschland. Hier kamen sie in einer Asylbewerberunterkunft in Bamberg unter. Der 17-jährige Azad R. wurde am 20. April 2016 festgenommen. Der Prozess Azad R. und gegen Kamel T. H. J. und begann am 30. März 2017 vor dem 8. Strafsenat des Oberlandesgerichts München.
- Juni 2015: Kamel T. H. J. ist syrischer Staatsbürger. Er gilt als "hinreichend verdächtig" ein Mitglied der Ahrar al-Sham zu sein und beteiligte sich zumindest von August 2013 bis April 2014 an Kampfeinsätzen bei Aleppo. Im Juni 2015 reiste er - in Begleitung des verletzten Azad R. - nach Deutschland. Hier kamen beide in einer Asylbewerberunterkunft in Bamberg unter. Am 18. April 2016 wurde Kamel T. H. J. in Bamberg festgenommen. Der Prozess gegen die beiden begann am 30. März 2017 vor dem Oberlandesgericht München.