Dschihadisten im Strom der Flüchtlinge

Seite 5: 2016 und 2017

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- 4. Januar 2016: Der 16-jährige Syrer Mohammed J. kam am 4. Januar 2016 mit seinen Eltern nach Deutschland. Hier wurde er von Flüchtlingslager zu Flüchtlingslager verschoben: zunächst Dülmen, danach Münster, seit April 2016 Köln-Holweide (Burgwiesenstraße) und seit Sommer 2016 Köln-Porz (Dorotheenstraße).

Mohammed J. suchte im Internet nach Bombenbauplänen, wie man z. B. aus Rohrreiniger und Aluminiumpulver ein explosives Elaborat zusammenmixt. Außerdem googelte er "Militärflughafen in Köln", möglicherweise ein Anschlagsziel. Mitte September 2016 bastelte Mohammed J. auf seinem Handy eine Art Bekennerschreiben. Am 18. September 2016 schließlich soll ihm sein Mentor namens "Bilal", der einen in Israel registrierten Mobilfunkanschluss nutzte, den Auftrag erteilt haben: "Stelle Bomben her und lass sie bei Euch explodieren.... Wirf sie in den Müll in ihren Versammlungshäusern." Am 19. September gestand der junge Islamist seiner jüngeren Schwester seine Anschlagspläne, die umgehend die Leitung des Flüchtlingsheims informierte. Am 20. September 2016 wurde in einem Flüchtlingslager in Köln-Porz festgenommen. "Die Auswertung der vorliegenden Erkenntnisse deutete auf eine ernstzunehmende Gefahr hin", teilten Polizei und Staatsanwaltschaft mit. "Schnelles Handeln" sei erforderlich gewesen. Bei dem SEK-Einsatz waren drei Bewohner der Unterkunft verletzt worden.

Der gerichtlich bestellte Psychiater Morad Ghaemi kam zu der Erkenntnis, Mohammed J. hätte auf Grund seiner Flüchtlingsbiographie eine länger währende Anpassungsstörung nebst einer unsicheren Persönlichkeitsstruktur, er attestierte ihm jedoch volle Schuldfähigkeit. Am 10. April 2017 verurteilte ihn die 14. Große Strafkammer des Landgerichts Köln zu einer Jugendstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten.

- Anfang 2016: Der Libanese Tarik A. schloss sich im Jahr 2015 dem Islamischen Staat an. Er erhielt eine militärische Ausbildung und lernte, wie man Sprengstoff selbst herstellt. Außerdem beteiligte er sich an Kampfhandlungen im Irak. Dort wurde er verletzt und kehrte nach Syrien zurück. Im Januar 2016 verließ er das Land und emigrierte nach Deutschland. Er wurde im Flüchtlingsheim in Rheinberg-Orsoy untergebracht.

- Anfang 2016: Abdul Beset Al-O. führte im Irak seit Ende 2014 ein zehnköpfiges Kommando des Islamischen Staates. Im März 2015 setzte er sich in die Türkei ab und kam Anfang 2016 nach Deutschland, wo er weiterhin Kontakte zum IS unterhielt. Am 12. April 2017 wurde Abdul Beset al-O. in Wuppertal festgenommen.

- 2. Februar 2016: Khaled H. kam am 2. Februar 2016 mit dem Flüchtlingsstrom über die Schweiz nach Deutschland. Zunächst wohnte er in dem Flüchtlingsheim der "Caritas" in Dinslaken (Straße "An der Fliehburg"). Er gilt als Mitglied des Islamischen Staates. Auf Fotos ist er mit Sturmgewehr Kalaschnikow und Panzerfaust abgebildet. Am 5. August 2016 nahm ein SEK Khaled H. fest. Am 10. August 2016 folgte die Festnahme von Ali I. in derselben Unterkunft. Die beiden sollen einen Anschlag auf ein Fußballspiel zu Beginn der Bundesliga-Saison 2016/17 am letzten Augustwochenende 2016 geplant haben.

- 19. September 2016: Am 19. September 2016 nahm das Landeskriminalamt Baden-Württemberg einen namentlich nicht genannten, syrischen Geflüchteten fest. Der 24-jährige Syrer war im September 2015 nach Deutschland eingereist und zunächst in einem Flüchtlingsheim in Leonberg untergebracht worden. Im Sommer 2016 wurde er in eine Containersiedlung nach Rutesheim im Landkreis Böblingen verlegt. Dort wurde er durch zwei Ladendiebstähle polizeibekannt. Der Mann soll vor seiner Flucht für die damalige Terror-Organisation Jabhat al-Nusra gekämpft haben. Sein Verteidiger erklärte, sein Mandant sei damals zu einer Teilnahme gezwungen worden. Die erstbeste Gelegenheit habe er zur Flucht genutzt.

Der Mann soll einen elektronischen Datenträger mit dschihadistischer Propaganda in einem Zug auf der Fahrt von Görlitz nach Dresden vergessen haben. Fahrgäste hatten ihn gefunden und aufgrund des brisanten Inhalts der Bundespolizei übergeben. Auf dem Stick fanden sich Fotos, die den Flüchtling als Mitglied der Jabhat al-Nusra auswiesen. Daraufhin wurde der Terrorverdächtige von Beamten des Landeskriminalamts festgenommen.

Am 2. Mai 2017 begann der Prozess vor dem 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart (Aktenzeichen: 3-34 OJs 10/16). In seinem Schlusswort erklärte der Angeklagte: "Ich bin unschuldig, ich habe mich nur verteidigt." Das Gericht verurteilte ihn am 18. Juli 2017 wegen "Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung in neun Fällen, davon in acht Fällen in Tateinheit mit der Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Kriegswaffen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren. Rechtsanwalt Daniel Wolff erklärte zur Verurteilung, er habe Zweifel, dass sein Mandant das Urteil versteht.

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