EU-Botschafter einig: Zinsen aus russischen Vermögen sollen Ukraine unterstützen

Zinsen aus eingefrorenen russischen Geldern für den Ukraine-Wiederaufbau. Der Plan stößt auf gemischte Reaktionen. Rechtliche und politische Probleme bestehen.

Die EU-Länder haben sich über den Umgang mit den eingefrorenen Geldern der russischen Zentralbank geeinigt. Ziel ist es, Russland für den Wiederaufbau der Ukraine zur Kasse zu bitten. Dafür sollen die Zinsen der eingefrorenen Gelder verwendet werden.

Entscheidung mit Signalwirkung: Der EU-Sondergipfel

Auf diesen Schritt haben sich die Botschafter der 27 EU-Staaten am Montag grundsätzlich geeinigt. Die Entscheidung gilt als Signal für den EU-Sondergipfel am Donnerstag.

Dort geht es auch um die Transferzahlungen, die die ukrainische Regierung in den nächsten vier Jahren von der Europäischen Union erhalten soll. Doch die Auszahlung von 50 Milliarden Euro wird bislang von Ungarn blockiert: Die Regierung von Viktor Orbán will die Hilfen nicht aus dem regulären EU-Haushalt bestreiten.

Die Zinsen auf russisches Vermögen gelten als eine Möglichkeit, den Wiederaufbau der Ukraine zu finanzieren. Reuters berichtet, dass die Entscheidung nach einer juristischen und sprachlichen Prüfung verkündet wird. Es wird erwartet, dass die EU-Kommission vorschlagen wird, die Zinsen in den EU-Haushalt fließen zu lassen, von wo aus sie an Kiew überwiesen werden sollen.

Europäische Bedenken: Die Sorge um den Euro

Trotz der breiten Unterstützung für den Plan äußerten Länder wie Frankreich und Deutschland Bedenken. Auch die Europäische Zentralbank warnte davor, das Vertrauen in den Euro zu untergraben und die globalen Finanzmärkte zu verunsichern.

Die EZB hatte im vergangenen Jahr argumentiert, andere Zentralbanken mit großen Währungsreserven könnten durch einen solchen Schritt ermutigt werden, dem Euro den Rücken zu kehren.

Die EU, die USA, Japan und Kanada haben im Jahr 2022, als Russland in die Ukraine einmarschierte, russische Zentralbankguthaben in Höhe von rund 300 Milliarden US-Dollar eingefroren. Etwa 200 Milliarden US-Dollar davon befinden sich in Europa, hauptsächlich bei der belgischen Clearingstelle Euroclear.

In den ersten neun Monaten 2023 haben die blockierten russischen Vermögen Zinsen im Wert von drei Milliarden Euro eingebracht, erklärte Euroclear im Herbst. Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) schlussfolgert: In einem Jahr würden Gelder etwa vier Milliarden Euro einbringen. Und das sind elf Prozent der Summe, die sich die Ukraine in diesem Jahr vom Westen erhofft.

Die Gefahr eines Präzedenzfalls

Auch die Bundesregierung hatte seinerzeit Bedenken geäußert. Nach Prüfung der EU-Vorschläge kam das Bundesjustizministerium zu dem Schluss, dass diese rechtlich nicht umsetzbar seien. In Deutschland befürchtete man zudem, einen Präzedenzfall zu schaffen, der sich letztlich auch gegen die Bundesrepublik richten könnte, etwa wenn Polen Reparationsforderungen auf demselben Weg befriedigen würde.

Bis heute sind die Zweifel an dem Vorhaben, russisches Eigentum faktisch zu enteignen und der Ukraine zu übertragen, nicht ausgeräumt. Mögliche Vergeltungsmaßnahmen und der Vertrauensverlust in die europäischen Institutionen und den Euro könnten den Nutzen bei Weitem überwiegen.

Der Euro im Schatten des Renminbi

Eine Währung in eine Waffe zu verwandeln, "verringert unweigerlich ihre Attraktivität und fördert das Aufkommen von Alternativen", sagte der Gouverneur der italienischen Zentralbank, Fabio Panetta, laut Reuters in einer Rede.

In Lettland, wo die antirussische Politik stärker ausgeprägt ist, werden die Risiken einer möglichen Vergeltung heruntergespielt. Man solle die europäischen Vermögenswerte in Russland abschreiben, sagte der Gouverneur der lettischen Zentralbank, Martins Kazak. Wahrscheinlich werde Europa sie ohnehin nie zurückbekommen.

Globale Währungsdynamiken im Wandel

Panetta hält dem entgegen, dass der Euro im internationalen Handel inzwischen an Bedeutung verloren habe. Der Konflikt um die Ukraine habe dagegen zu einer Stärkung des chinesischen Renminbi geführt. So werde auch ein Großteil des russischen Handels in der chinesischen Währung abgewickelt.

"Die chinesischen Behörden fördern ausdrücklich die Rolle des Renminbi auf der Weltbühne und ermutigen seine Verwendung in anderen Ländern, einschließlich jener, die nach der Invasion der Ukraine von der internationalen Gemeinschaft sanktioniert wurden", sagte Panetta.

Infolgedessen habe der Renminbi den Euro als zweitwichtigste und den Yen als viertwichtigste Währung im weltweiten Zahlungsverkehr überholt, so Panetta.

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