EU: Die Fassade der Einheit bröckelt

Seite 2: Einigkeit wird in den Brexit-Verhandlungen gefordert

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Ärger droht auch am Freitag, dem zweiten Gipfeltag. Die Staats- und Regierungschefs beugen sich nämlich nicht nur über die Reform der Euro-Währungsunion, die Merkel mit Verweis auf die fehlende neue Bundesregierung möglichst lange herauszögern möchte. "Keine Beschlüsse" und "Verweis an die Finanzminister" heißt ihre Devise.

Die EU-Granden wollen auch über das weitere Vorgehen gegenüber Großbritannien diskutieren. Die Verhandlungen über den Brexit sollen nämlich 2018 in die entscheidende zweite Phase gehen. Doch noch sind nicht alle offenen Fragen der abgeschlossenen ersten Phase geklärt. Vor allem die künftige Grenze zwischen Irland und dem britischen Nordirland bereitet weiter Sorgen.

Unklar ist auch, wann die Gespräche über ein Freihandels-abkommen beginnen sollen. Die britische Premierministerin Theresa May hat es eilig; sie will die künftigen Beziehungen zur EU so schnell wie möglich klären.

Demgegenüber möchten die EU-27 erst noch neue "Leitlinien" für die Verhandlungen abwarten. Die dürften aber nicht vor März nächsten Jahres fertig werden. Wenn dann die zweite Brexit-Phase beginnt, kommen strittige Themen wie Zölle, Fischfangquoten oder die Zukunft des Finanzplatzes London zur Sprache.

Ratspräsident Tusk rief die EU zu Geschlossenheit auf. "Die zweite Phase wird unsere Einigkeit wirklich auf die Probe stellen", sagte er. "Nur wenn wir Einigkeit zeigen, können wir die schwierigsten Fragen lösen."

Gemeinsam bei der Verteidigung. Bild: European Union

Einigkeit bei der Verteidigungsunion

Dass Einigkeit doch noch möglich ist, zeigt sich am Beispiel Verteidigungsunion: 24 EU-Staaten besiegelten am Donnerstag feierlich den Start der "PESCO". Die sogenannte strukturierte Zusammenarbeit (englisch PESCO) wird mit 17 europäischen Militär-Projekten starten.

Deutschland übernimmt dabei gleich in vier Bereichen die Führung, unter anderem beim Aufbau schnellerer Krisenreaktionskräfte. Wo sie eingesetzt werden sollen, bleibt jedoch vorerst offen. Auch wogegen sich die 24 "verteidigen" wollen, wurde in Brüssel nicht verraten.

Im Vordergrund standen die schönen Bilder, die ein eigens arrangiertes "Familienfoto" liefern sollte. Allerdings können auch sie nicht darüber hinweg täuschen, dass die Fassade der Einheit in der Flüchtlings- und Europolitik bröckelt - kein gutes Omen für 2018, wo doch eigentlich alle Probleme gelöst werden sollen, bevor 2019 wieder ein neues Europaparlament gewählt wird.