EU-Rat: Visaerleichterungen mit Russland ausgesetzt
Für Russinnen und Russen wird der Weg nach Europa beschwerlicher und teurer.
Der Rat der Europäischen Union hat heute den Beschluss der EU-Kommission angenommen, mit dem das Visaerleichterungsabkommen zwischen der EU und Russland vollständig ausgesetzt wird.
Die Entscheidung soll heute noch im Amtsblatt mitgeteilt werden, wie der EU-Rat mitteilte: Sie soll ab dem 12. September 2022 gelten. Dann kostet die Beantragung eines Visums 80 Euro statt wie zuvor 35 Euro. Da zusätzliche Nachweise vorgelegt werden müssen, verlängern sich die Bearbeitungszeiten für die Visa und die Vorschriften für die Erteilung von Mehrfachvisa werden strenger, so der EU-Rat.
Große Nachricht in Russland
Die Entscheidung des Rats war erwartet worden, sie ist keine Überraschung. In Russland ist das eine große Nachricht, die viele beschäftigen dürfte. Auf der englisch-sprachigen Seite der Nachrichtenagentur Tass stand sie heute Mittag ganz oben.
Vor zwei Tagen hatte die EU-Kommission präzisiert, was die Aussetzung der Erleichterungen für russische Staatsangehörige, die ein Visum für einen kurzfristigen Aufenthalt im Schengen-Raum beantragen, in der Praxis bedeute: Die Standardfrist für Konsulate für die Entscheidung über Visumanträge werde von 10 auf 15 Tage verlängert, in Einzelfällen auf "höchstens 45 Tage" .
Die Liste der erforderlichen Nachweise werde länger und die Antragstellerinnen und Antragsteller würden keinen einfachen Zugang mehr zu Visa haben, die für die "mehrfache Einreise in den Schengen-Raum gültig sind".
Interessant wird sein, welche Leitlinien für die Beurteilung die Kommission bekannt geben wird. Sie will diese "noch liefern", berichtete die Tagesschau am Dienstagabend dieser Woche.
Die Begründung dafür ist, wie mehrfach vonseiten der EU betont, der russische Einmarsch in der Ukraine. Das Visaerleichterungsabkommen könne jede Vertragspartei aus "Erwägungen der öffentlichen Ordnung, der nationalen Sicherheit oder des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung ganz oder teilweise" aussetzen.
Die eklatante Missachtung der internationalen regelbasierten Ordnung stellt eine große Gefahr für die öffentliche Ordnung dar. Die militärische Aggression Russlands und ihre Folgen befördern die organisierte Kriminalität sowie die Verbreitung illegaler Waffen und gefährden die Sicherheitsinteressen der Union sowie die nationale Sicherheit der Mitgliedstaaten. Die erhöhten Risiken aufgrund der Nutzung des Kernkraftwerks Saporischschja als Militärbasis durch die Russische Föderation stellen eine große Gefahr für die öffentliche Gesundheit dar.
EU-Kommission, Fragen und Antworten
Die heutige Entscheidung sei eine direkte Folge des russischen Handelns und ein weiterer Beweis für "unser unerschütterliches Engagement für die Ukraine und ihr Volk", kommentierte der tschechische Innenminister Vít Rakušan die offizielle Mitteilung des EU-Rates. Die Tschechische Republik (Tschechien) hat am 1. Juli den halbjährlichen Vorsitz im Rat der Europäischen Union übernommen.
Der Kompromiss
Tschechien hatte, zusammen mit den baltischen Staaten, Estland, Lettland und Litauen, sowie Polen und Finnland, eine härtere Regelung befürwortet, nämlich Einreiseverbote für Russen, auch der deutsche Chef der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber (CSU) hatte sich für ein solches Verbot eingesetzt (siehe auch: EU-Einreisestopp für alle Russen?).
Wie an dieser Stelle berichtet, wurden aus Finnland und baltischen Staaten Praktiken bei der Grenzabfertigung bekannt, die nun auf Vergraulen setzen, da sich der EU-Kompromiss gegen ein Einreiseverbot aussprach.
Gegen eine solche Aussperrung wird angeführt, dass "der Anteil liberal gesinnter Regimegegner unter den Russen, die jetzt noch in den Westen reisen, außerordentlich hoch (is) – viele wollen unter anderem auch aus politischen Gründen ihre Kontakte nach Europa aufrechterhalten. (…) Manch eine Reise dient zur Vorbereitung oder Sicherstellung einer später ins Auge gefassten Flucht oder Auswanderung – aber daraus lässt sich von denjenigen, die eine pauschal antirussische Stimmung anstreben, wenig Kapital schlagen".
"Im Moment" sollen sich nach Angaben der EU-Kommission rund 960.000 Russen mit einem gültigen Visum im Schengen-Raum der EU aufhalten.