EU schätzt Gasstreit mit Russland kritischer ein als sie zugibt

Seite 2: EU-Kurs und Gaspreis: Märkte reagieren nervös

Auch die Märkte reagierten wenig gelassen. Der Gazprom-Lieferstopp für Polen und Bulgarien provozierte einen weiteren Sturz des Eurokurses. Die EU-Gemeinschaftswährung fiel auf den tiefsten Stand seit April 2017 um 0,22 Prozent auf 1,0613 US-Dollar. Finanzexperten gehen bereits davon aus, dass der Euro unter den US-Dollar-Wert fallen könnte.

Der Europäische Energie-Future stieg indes um bis zu 20.2 Prozent auf 118 Euro je Megawattstunde an – der höchste Marktwert seit etwa einem Monat. Auch der Erdölpreis zog an: Das Nordseeöl Brent verteuerte sich, ebenso wie das US-Öl WTI, um bis zu 1,3 Prozent, beide Sorten wurden mit 106,33 beziehungsweise 102,99 US-Dollar je Barrel (159 Liter) notiert.

LNG-Terminals und -Tanker (11 Bilder)

LNG-Terminal Ras Laffan in Katar. Bild: Matthew Smith / CC-BY-2.0

Verständlich also, dass die EU versucht, die Lage zu entschärfen. Bereits am Tag nach dem Putin'schen Rubel-Dekret hatten sich die Mitglieder des Ausschusses der Ständigen Vertreter der EU-Staaten in Brüssel zu ersten Beratungen getroffen, es folgten Aussprachen fünf Tage später und am 13. April.

Dabei wurde man sich nur mit Verzögerung der Dimension der russischen Forderungen bewusst. Nach Angaben Beteiligter zeigten sich EU-Diplomaten zunächst entspannt und gingen davon aus, dass die neue Position Moskaus zu den Zahlungsmodalitäten das EU-Sanktionsregime nicht beeinträchtigen werde.

Mitte des Monats dann kam die Kehrtwende: Ditte Juul-Jörgensen, Chefin der Energieabteilung der EU-Kommission, erklärte im Kreis der Mitgliedsstaaten, die neuen Anforderungen für Zahlungen von Energieträgern aus Russland zwinge die Bezieher in der EU, gegen die mehrfach ausgeweiteten Sanktionen der Union gegen Russland zu verstoßen.

In fast 20 Wortmeldungen hätten Vertreter der Länderdelegationen ein koordiniertes und einheitliches Vorgehen angemahnt. Es müsse auf jeden Fall vermieden werden, dass die russische Regierung die EU über einen selektiven Umgang mit den Abnehmern spalte.