Earth Observation Summit: Eine historische Aktion?

Heute kommen Abgesandte der G8-Staaten und Regierungsvertreter aus allen Teilen der Welt in Washington zusammen, um ein mächtiges Informationsnetzwerk zu planen

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"Jeder Tag ohne IEOS ist eine verlorene Gelegenheit, weil es unsere Fähigkeiten einschränkt, die globalen Umweltprobleme in den Griff zu bekommen." Dieser Satz aus der Gründungsvorlage für das "Integrated Earth Observation System", ist die Antwort von George W. Bush, auf die zersplitterten Aktivitäten des Umweltschutzes. Heute kommen Abgesandte der G8-Staaten und weitere 20 Regierungsvertreter aus allen Teilen der Welt in Washington zusammen, um einem mächtigen Informationsnetzwerk zuzustimmen.

Unter Vorsitz des ehemaligen Vizeadmirals Conrad C. Lautenbacher, zugleich Unterstaatssekretär für "Commerce for Oceans and Atmosphere" am US-Wirtschaftsministerium sowie ein leitendes Mitglied der National Oceancic and Atmospheric Administration (NOAA), haben die NASA und das Energieministerium eine Vorlage erarbeitet, die in den nächsten 10 Jahren viele nebeneinander laufende Aktivitäten bündeln soll.

Conrad C. Lautenbacher betont in seiner Einführung den Brückenschlag zwischen sozialen Veränderungen, ökonomischen Konsequenzen und wissenschaftlichen Bemühungen. Sein Credo: Die Weltbevölkerung wird weiter wachsen, und die Landflucht weiter zunehmen. In den Vereinigten Staaten hält der Trend an, sich in Küstennähe anzusiedeln. Jeder zweite US Bürger lebt bereits im Küstensaum (bis zu 80 km). Das bedeutet eine dramatische Veränderung der Versorgung. Zugleich steigt die Gefährdung durch Naturkatastrophen. In den USA wird 1/3 des Bruttosozialprodukts durch Industrien und Tätigkeiten aufgebracht, die klima- und wetterabhängig sind. Warnsysteme und Vorplanung können nach Conrad C. Lautenbacher jährlich 20-40 Milliarden US Dollar einsparen helfen.

Unter den schwierigen sozialen und ökonomischen Bedingungen ist die Zeit gekommen, die wissenschaftlichen Disziplinen nicht länger als Einzelkomponenten zu betrachten. Chemie, Physik, Biologie, Geologie und viele neue Fachrichtungen, ob an Universitäten oder in der Industrie, sind Teil eines Systemverbundes, damit wir die Welt, in der wir leben, verstehen lernen. Unsere gemeinsame Aufgabe ist es, die Komplexität unseres Planeten zu begreifen. So müssen wir die Wissenschaft dazu bringen, uns zu helfen.

Die Konzentration hat bereits begonnen. Conrad C. Lautenbacher verweist in seiner Zuständigkeit auf 99 unterschiedliche Beobachtungssysteme mit 521 Parametern, die eine Reihe unnötiger Doppelmessungen beinhalten. Mit der angestrebten Konzentration sollen die Daten standardisiert abgelegt, und der Datenaustausch, nicht nur in den USA, sondern weltweit sichergestellt werden.

Schwerpunkt des 10-Jahres-Plans

Die IEOS soll fünf vordringliche Themenkomplexe angehen:

- Wasserversorgung: Vorhersagen von Wassermangel und -not und die optimierte Wassergewinnung.

- Landwirtschaft: verbesserte Anbaubedingungen durch bessere Vorhersagen.

- Flugsicherheit: verbesserte Kapazitäten der Flughäfen und weniger Verspätungen.

- Bewahrung der Küsten: geringere Schäden durch die Veralgung infolge von Fischerei und Tourismus.

- Naturereignisse: bessere Vorwarnsysteme, die Leben und Eigentum schützen helfen.

Die Hintergründe

George W. Bush macht Nägel mit Köpfen. Im Juni beim G8-Gipfel in Evian konnte der US Präsident die übrigen Mitglieder davon überzeugen, dass wirtschaftliches Wachstum und bessere Lebensqualität nur eines braucht, nämlich die Entwicklung und Einrichtung kosteneffizienter Technologien.

Auf dem Energiesektor hat er mit "Freedom Car" die Erforschung der Wasserstoffenergie (vgl. Wasserstoff ist keineswegs der ideale Treibstoff) bereits in Gang gesetzt (Budget 1,7 Milliarden US Dollar). Saubere Kohle (schadstoffarme Verbrennung fossiler Ressourcen) (Budget 1 Milliarde US Dollar), und eine neue Generation von Kernenergie werden parallel entwickelt.

In der Landwirtschaft betreibt Bush konsequent den Ausbau der Biotechnologie (vgl. "Functional Foods" - Wissenschaft in den Händen des Konsumenten?).

Das "Integrated Earth Observation System" war das dritte Projekt auf der Agenda. Auch diesmal wird das Ziel nach Zeitplan in die Wege geleitet. Wer Böses denkt, wird darin den Willen sehen, die Vorherrschaft der Vereinigten Staaten zu zementieren und der US Wirtschaft das Sagen zu erleichtern.

Möglicherweise reagiert der amerikanische Präsident in weiser Voraussicht auf die Erklärung der EU Regierungshäupter, prophezeiten die doch vor 2 Jahren in Lissabon, dass die Europäische Union bis 2010 die konkurrenzlos beste Wissensbasis aufgebaut haben wird. Das Versprechen, mindestens 3 Prozent des Bruttosozialproduktes für Wissenschaft und Forschung auszugeben, beträgt in Wirklichkeit müde 1,9 Prozent (USA 2,8 Prozent). Auch kann die höhere Zahl an Studienabgängern (2,14 Millionen zu 2,07 Millionen in den USA) und der höhere Anteil wissenschaftlicher Publikationen (37 Prozent versus 31 Prozent aus den USA) nicht darüber hinwegtäuschen, dass auf 1000 Beschäftigte in der EU nur 5,4 Forscher kommen, in den USA hingegen 8,7 und in Japan sogar 9,7 (Pierre Papon in seinem Editorial zum 1.August 2003 in Science).

Bush konsolidiert im eigenen Land und fordert von den G8-Nutznießern die Kosten für technische Leistungen (z.B. NASA) ein, die ihnen bisher unentgeltlich zur Verfügung standen. Der Schwenk zur angewandten oder zweckgebundenen Forschung stößt in den Vereinigten Staaten auf wenig Widerstand, weil die Direktive des Präsidenten Sponsoren und Wissenschaftler eint.