Ein Teleskop so groß wie ein Kontinent

Das Europäische VLBI-Netzwerk konnte extrem hochaufgelöste Bilder von sehr weit entfernten Galaxien mit Schwarzen Löchern machen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die bislang genauesten Bilder von Galaxien, die Milliarden von Lichtjahren entfernt sind, haben gezeigt, dass es in vielen riesige Schwarze Löcher gibt. Interessant ist aber auch, dass diese Bilder durch ein transkontinentales Netzwerk von Teleskopen zustande kamen, deren Daten von Supercomputern verarbeitet werden, so dass extrem hochauflösende Bilder zusammengebaut werden können.

Radio-Observatorium Effelsberg, Max-Planck-Institut für Radioastronomie

Drei Mal schärfer als die Bilder, die vom Hubble Space Telescope von diesem Ort gemacht werden, sind die Aufnahmen, die vom kürzlich verbesserten Europäischen VLBI Netzwerk (EVN) realisiert wurden. VLBI steht für Very-Long-Baseline-Interferometrie. Bei dem Netzwerk werden viele Radioteleskopen zusammengeschaltet und nehmen gleichzeitig Signale aus einer bestimmten Region auf. Im Fall der Beobachtung des so genannten Hubble Deep Field, in dem sich Tausende von Galaxien befinden, wurden die EVN-Teleskope auf eine winzige Region des Himmels gerichtet, das aber einen tiefen Einblick in das Universum gewährt, weil es dort kaum störendes Licht von Sternen oder näheren Galaxien gibt. Daher lassen sich dort auch schwächere Lichtquellen orten. Die jetzt mit dem Netzwerk aufgenommenen Bilder stellen die schwächsten Radioquellen dar, die bislang mit der VLBI-Technik entdeckt wurden.

Hubble Deep Field aufgenommen vom Hubble Teleskop

An der Herstellung der Bilder waren neun Radioteleskope in Spanien, Italien, Großbritannien, Schweden, Holland und Deutschland beteiligt, darunter das 100 Meter große Radioteleskop in Effelsberg. Die Daten eines jeden Teleskops wurden auf Hochgeschwindigkeits-Magnetbändern gespeichert, insgesamt kamen für diese Messung 25000 Gigabyte Daten zusammen, die von einem speziellen Supercomputer des National Radio Astronony Observatory (NRAO) in Socorro, USA, verarbeitet und verbunden wurden, um die Aufnahme eines riesigen und sehr empfindlichen Radioteleskops zu ergeben, dessen Auflösung einem Teleskop entspricht, das so groß ist wie ein Kontinent. Werden europäische und amerikanische Teleskope auf diese Weise zusammengeschaltet, so ergibt sich ein globaler Interferometer mit dem Durchmesser der Erde.

Das internationale Team unter der Leitung von Michael Garrett vom Joint Institute for VLBI konnte drei Radioquellen entdecken, was mehr ist, als man als Ergebnis des Experiments erwartet hatte: "Eine so tiefe und hochaufgelöste Darstellung eines solchen (für EVN) großen Feldes ist so etwas wie eine Premiere für VLBI, und die Entdeckung von drei sehr schwachen Radioquellen ist ein bisschen so, wie wenn man im Winterschlussverkauf einkaufen und geht drei Stück zum Preis von Einem erhält", sagte Garrett. Überdies entsprechen die Radioquellen drei unterschiedlichen Arten von Galaxien, die mit einem Durchmesser von 600 Lichtjahren sehr klein sind.

Aufgrund der relativ geringen Größe glauben die Wissenschaftler, dass die Radioemission von einer großen Energiequelle stammen müsse, die mit einem supermassiven Schwarzen Loch verbunden ist. Erst die hohe Auflösung erlaubte es, durch den kosmischen Staub, der durch ein schnelles Verglühen der Materie entsteht, hindurch sehen zu können, da die infraroten Wellen nur von Radioteleskopen durchdrungen werden können. Normalerweise gehe man in der Astronomie davon aus, so die Wissenschaftler, dass die Radiowellen von solchen weit entfernten Galaxien von den Überbleibseln kurzlebiger großer Sterne stammen. "Diese hochaufgelösten Radiobeobachtungen", so Ken Kellermann vom NRAO, "sind wichtig, um zwischen Galaxien unterscheiden zu können, die massive Schwarze Löcher enthalten, und solchen, deren Energie nur aus den Vorgängen bei der Sternbildung stammt."