Ein künstlicher Wald

Klimaschutz: kein Problem für amerikanische Wissenschaftler

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George Bush ist verstockt. Weil er der kränkelnden Wirtschaft nicht schaden will, verweigert er jede Mitarbeit an den 1997 in Kyoto vereinbarten Zielen des Klimaschutzes. Wie gut, dass die amerikanischen Wissenschaftler vorausschauend schon eine Technik angedacht haben, die auch trotz höherer Emissionen für eine Senkung des Kohlendioxidanteils in der Luft sorgen könnte. Und überdies wäre die Technik ähnlich gigantisch und wahrscheinlich auch ähnlich teuer wie das Lieblingsspielzeug des neuen amerikanischen Präsidenten: das nationale Raketenabwehrschild.

Chemiker am Los Alamos National Laboratory haben allerdings schon vor Bush und während Al Gore über eine Technik nachgedacht, die beeindruckend klingt (Mineral Carbonation). Anstatt Emissionen zu senken, was wirtschaftlich erst einmal immer Sorgen bereitet, oder Wälder anzubauen, deren Bäume, vielleicht genetisch manipuliert, mehr Kohlendioxid aufnehmen können, könne man doch einfach einen künstlichen Wald bauen, der aus der Luft das Kohlendioxid absaugt. Bei dem künstlichen Wald, den die Chemiker im Auge haben, ist allerdings nichts grün - und er müsste immerhin 200.000 Quadratkilometer groß sein, um soviel Kohlendioxid aufzunehmen, wie derzeit von den Menschen produziert wird.

Das ist echte amerikanische - wegen mir auch: japanische - Utopie, die einst auch mit den inzwischen ausgestorbenen, aber ebenso technikgläubigen kommunistischen Systemen einher gegangen ist. Zunächst einmal hatten die Wissenschaftler unter der Leitung von Hans Ziock daran gedacht, solche Absaugsysteme in Kraftwerke oder Fahrzeuge einzubauen. Aber das wäre möglicherweise zu teuer geworden - und warum auch dort den Kohlendioxid absaugen, wo er erzeugt wird?

Das Prinzip der Wunschtechnik, die erlauben würde, einfach so weiter zu machen, ist einfach, wie New Scientist berichtet: eine Kalziumhydroxid-Lösung nimmt aus der Luft Kohlendioxid auf. Daraus bildet sich dann festes Kalziumkarbonat. Wenn man das erhitzt, entsteht Kalziumoxid, das man wieder in die Lösung zurückführen kann, und reines Kohlendioxid. Das braucht man dann nur mit natürlich vorkommenden Magnesium- oder Kalziumsilikaten zusammen zu bringen, um es mineralisieren und damit bequem entsorgen zu können. Diese Reaktionen sind Teil des natürlich ablaufenden Kohlenstoffkreislaufs. Die anfallenden Mineralien gibt es daher bereits, und sie seien völlig harmlos. Überdies sei die Ablagerung nicht nur vorübergehend wie bei Pflanzen, sondern dauerhaft. Ökonomisch würde sich das auch rechnen, weil der Kohlendioxidstrom auf nicht mechanische Weise erzeugt wird und die Karbonisierung exothermisch sei, also keine Energie benötigt, sondern sie produziert. Überdies gäbe es die dazu erforderlichen magnesiumhaltigen Steine auf der Erde reichlich.

Weil angeblich der Wind wöchentlich einmal die Luft um die ganze Erde herum wirbelt, ließe sich der künstliche Wald, also diese gigantische Luftkläranlage, letztlich überall auf der Erde aufbauen, wenn nur genügend Wind drüber weht, um, wie Ziock sagt, in ein paar Jahren eine große Menge des Kohlendioxid abzubauen. Im Labor haben die Wissenschaftler durch Experimente getestet, wieviel Kohlendioxid von einer Anlage aufgenommen würde, wenn über sie ein durchschnittlicher Wind weht. Und dabei kamen sie auf die 200.000 Quadratkilometer Größe an Calziumhydroxid-Seen, die erforderlich wären, um die sieben Gigatonnen Kohlendioxid aufzunehmen, die von den Menschen jährlich erzeugt werden.

Schön würde das nicht aussehen, aber man könnte die Effizienz steigern, wenn eine größere Oberfläche geschaffen werde. Wenn man anstatt Seen eine Art Zaun senkrecht in den Himmel baut, der so viele Verzweigungen hat wie Bäume und mit Kalziumhydroxid überzogen ist, dann würden solche gigantischen Bauwerke - die Pyramiden der kapitalistischen Welt - 20 bis 30 Mal so viel Kohlendioxid aus der Luft aufnehmen können wie ein gewöhnlicher Wald. Über die Kosten, die beim Bau und Betrieb eines solchen künstlichen Waldes entstehen würde, ist allerdings nichts bekannt.