Eine "bessere Weltordnung": Friedliche Kampfansage an die Supermacht USA

Seite 3: Zweifel an den hehren Zielen

Die Herausforderungen, welche den Staaten der Vereinten Nationen begegnen, verlangen zunehmend nach einer Auflösung der nationalstaatlichen Souveränität im engeren Sinne.

Dabei klingen die Argumente immer plausibel: Keinem Staat möchte man zugestehen, in Bezug auf den Klimawandel oder eine weltweite Pandemie nach eigenem Ermessen verfahren zu dürfen, von Umgang mit Nuklearwaffen ganz zu schweigen.

Gleichzeitig sorgt die technologische Entwicklung dafür, dass sich die Zivilisationen der Welt zunehmend einander angleichen – und zwar unabhängig davon, ob es sich um totalitäre oder oligarchisch-demokratische Staaten handelt.

Dass die USA entgegen öffentlicher Bekundungen den chinesischen Gesellschaftsentwurf nicht vollständig ablehnen, sondern darin einen technologischen Vorsprung sehen, den es einzuholen gilt, verdeutlichte 2019 ein nach dem Freedom of Information Act (FOIA) freigeklagtes Dokument des National Security Council on Artificial Intelligence (NSCAI). Darauf aufmerksam gemacht hatte das Portal The Last American Vagabond. Im Dokument heißt es:

In der amerikanischen und europäischen Presse und Politik wird KI als etwas Gefürchtetes dargestellt, das die Privatsphäre untergräbt und Arbeitsplätze stiehlt. Im Gegensatz dazu sieht China die KI sowohl als Instrument zur Lösung der großen makroökonomischen Herausforderungen, um sein Wirtschaftswunder aufrechtzuerhalten, als auch als Chance, die technologische Führung auf der Weltbühne zu übernehmen. [...]Die Massenüberwachung ist eine hervorragende Anwendung ["killer app"] für Deep Learning.

Chinese Tech Landscape Overview

Smart Cities, biometrische Datenbanken, digitale Identitäten und digitales Zentralbankgeld – denen zivilgesellschaftliche Akteure aufgrund des inhärenten Potenzials zur Bevölkerungskontrolle meist skeptisch gegenüberstehen – werden rund um den Globus vorangebracht, meistens mit der Zielvorgabe 2030.

Das heißt selbstverständlich nicht, dass eine technologische Entwicklung in Einklang mit den nominell durchaus erstrebenswerten Zielen der Agenda 2030 nicht erstrebenswert ist. Dennoch sollte man sich nicht von diesen hehren Zielformulierungen alleine blenden lassen und die Spekulation im Emissionshandel oder die Beteiligung von Investmentbankern an der Erreichung von Klima-Zielen kritisch hinterfragen.

Wie das Portal unlimited hangout herausgearbeitet hat, strebt etwa die mit solchen Investmentbankern üppig besetzte Glasgow Financial Alliance for Net Zero (GFANZ) laut ihres "progress reports" nach

"eine[r] deutliche[n] Steigerung des privaten Kapitalflusses in die Schwellen- und Entwicklungsländer zur Deckung ihres Transformationsbedarfs durch Investitionen des Privatsektors und öffentlich-private Zusammenarbeit".

Um am Ende dieses Textes noch einmal zum Anfang des Ausflugs in die Welt der Weltordnungen zurückzukommen, dazu ein abschließendes (Klima-)Zitat des ehemaligen Investmentbankers Emmanuel Macron, frisch vom APEC-Gipfel im November:

Was wir jetzt tun müssen, ist genau das: gemeinsam mit dem Privatsektor handeln, um diese Herausforderungen gemeinsam zu lösen, globale Regeln aufzustellen, regionale Organisationen zu binden und die Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor zu fördern, um diese gemeinsamen Probleme zu lösen.

Emmanuel Macron

Man muss hoffen, dass auch diejenigen Probleme gelöst werden, die durch einen entfesselten Kapitalismus (nicht: Marktwirtschaft!) erst geschaffen wurden.