Einen Fernsehsender für Patriotismus

Das russische Verteidigungsministerium startet am Sonntag mit einem eigenen Fernsehsender

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In Zeiten des Krieges müssen nicht nur Gegner und Weltöffentlichkeit mit strategischer Kommunikation "informiert", sondern auch die eigenen Soldaten und künftigen Rekruten medial betreut werden. Deswegen hatte das Pentagon im Mai letzten Jahres einen eigenen Fernsehsender, den Pentagon Channel, gestartet, um die Soldaten unverfälscht zu informieren und militärisch aufbauend zu unterhalten. Seit kurzem lässt sich der Sender über das Dish Network von EchoStar auch über Satellit erstmals landesweit empfangen. Das soll wohl den Zusammenhalt fördern, wobei allerdings die Frage ist, wer das Programm wirklich sehen möchte.

Was das Pentagon kann, will aber auch der russische Verteidigungsminister durchsetzen. Schließlich befindet sich auch die ehemalige Super- und noch immer Atommacht im Krieg gegen den Terrorismus und hat die Strategie des Präventivschlags von der Bush-Regierung übernommen. Möglicherweise gibt es in Russland aber auch Probleme mit neuen Rekruten, Verteidigungsminister Ivanov jedenfalls meinte, dass die vorhandenen Fernsehsender die Menschen verweichlichen und damit wohl auch kriegsunlustig machen.

Um das zu ändern, wird am Sonntag der vom Militär betriebene Fernsehsender Zvezda (Stern) seinen Betrieb aufnehmen, der sich im Unterschied zum Pentagon-Sender aber an die ganze Bevölkerung richten soll. Aufgrund von fehlenden Frequenzen erst einmal nur rund um Moskau, später will man die Frequenz von TV Center übernehmen, einem der noch wenigen unabhängigen Sender. Dann könnte man 50 der 89 Regionen Russlands erreichen.

Der soll angeblich nicht vom Verteidigungsministerium bezahlt werden, sondern sich selbst tragen, allerdings hat man die gesamte Ausrüstung erst einmal dem neuen patriotischen Sender zur Verfügung gestellt, während der Wunsch, Gelder von der Regierung zu erhalten, vorerst keinen Erfolg hatte.

Ivanov findet, dass der patriotisch-militärische Sender ein "gesellschaftlich wichtiges Medium" ist, das den Auftrag hat, "einen wirksamen informativen und ideologischen Einfluss auszuüben, um die gesellschaftlichen Aktivitäten der russischen Bürger zu stärken". Gezeigt werden sollen Kriegsdokumentarfilme, Militärberichte und andere Filme, die irgendwie patriotisch oder pro-militärisch sind, dazu Zeichentrickfilme für die Kleinen und Konzerte. Ausgebeutet werden dafür staatliche und militärische Archive, die wohl vorwiegend patriotische Filme aus der Zeit der Sowjetunion enthalten, später sollen auch eigene Produktionen folgen, auf jeden Fall werden nur russische Filme gezeigt. Zvezda-Direktor Savushkin hat Vorstellungen von den Zuschauern, denen er die die "Hits aus der Sowjetunion" präsentieren will:

Unser Publikum werden diejenigen sein, die Russland als ihr Vaterland verstehen und das Land nicht verlassen sollen, gleich ob es sich um Oligarchen, Rentner oder Bergarbeiter handelt.

Patrioten sind gegen Verweichlichung, haben aber auch die ewige Schwarzmalerei und Nörgelei der Medien satt:

In seinen Sendungen wird Zvezda sehr viel positiver und sozial orientierter sein als jeder andere russische Fernsehsender, auch wenn diese keine besonders profitable Strategie ist.

Und überhaupt müsse man zuerst etwas lieben, sagt Savushkin, damit man es verteidigt. Investitionen sind erwünscht, aber das Verteidigungsminister wird die Hand auf den Sender halten, damit die Inhalte auch positiv genug sind. Allerdings kann man sich fragen, da die Fernsehsender sowieso weitgehend in staatlicher Hand sind, weswegen es noch einen weiteren Sender auf Staatslinie geben muss.