El Hotzo, Trump und die Feindbestimmung der Linksliberalen
Der Satiriker hat Trump zur Unzeit den Tod gewünscht. Nun verliert er seinen Job. Mit Putin wäre ihm das wohl nicht passiert. Ein Kommentar.
Wieder einmal sorgt ein Satiriker und Influencer für Kontroversen: Sebastian Hotz alias El Hotzo wurde nach einem provokanten Trump-Witz auf der Plattform X vom RBB geschasst. Eines habe der letzte Bus mit Donald Trump gemeinsam, twitterte der Influencer nach dem Streifschuss auf den US-Präsidenten: "leider knapp verpasst".
So etwas dürfte bei vielen Gelegenheiten beim Stammtisch erzählt werden – und zwar lagerübergreifend. Doch die neue Medienwelt sorgt einmal mehr dafür, dass diese Stammtischparolen öffentlich werden und dann manchmal auch Empörung auslösen.
El Hotzo könnte durch den Skandal mehr Bücher verkaufen
Das ist so erwartbar wie langweilig; und für Sebastian Hotz wird sich der Skandal auszahlen. Schließlich hat er ja gute Kontakte zu Böhmermann und Co.; auch ein Buch hat El Hotzo schon verfasst, das laut FAZ von "toxischen Männern" handelt. Das sind die richtigen Begriffe, wenn man auf dem linksliberalen Ticket seine Karriere aufbaut.
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Da hat El Hotzo eigentlich nichts falsch gemacht. Denn in linksliberalen Kreisen gilt Trump als das Böse schlechthin, dem man schon mal den Tod wünschen darf. Doch der Influencer hat wohl etwas übersehen: Die politische Klasse beginnt sich auf einen erneuten Wahlsieg von Trump einzustellen.
Da macht es sich nicht gut, wenn da jemand für öffentlich-rechtliche Medien arbeitet, der ihm noch vor Monaten den Tod gewünscht hat. Diese Änderungen kann man vorwiegend abseits der öffentlichen Stammtische beobachten, etwa rund um den Parteitag der Republikaner in den USA, die Trump zum Kandidaten nominierte.
Von der Trump-Dämonisierung zur rationalen Diskussion
Groß war die Aufregung, als der ungarische Premierminister Viktor Orbán seine Reisediplomatie nach Kiew, Peking und China auch noch mit einem Abstecher in der Villa des ehemaligen US-Präsidenten Trump weiterführte.
Orbán nutzte für diese Stippvisite den Gipfel zum 75. Nato-Jubiläum. Hier war die Aufregung über Orbáns Reisepläne noch unverständlicher, als bei seinen anderen Stippvisiten. Denn schließlich sind auf solchen Großgipfeln oft ehemalige Staatschefs anwesend. Bei Trump kommt sogar hinzu, dass er doch Aussichten hat, auch die nächsten US-Wahlen zu gewinnen.
Spätestens dann wird er eine wichtige Rolle spielen und kann nicht so behandelt werden, wie es die EU-Bürokratie mit dem turnusmäßigen EU-Ratspräsidenten Orbán gerade tut, in dem sie zu einer Art informellem Boykott aufruft. Insofern wäre doch die Frage gewesen, warum Trump nicht offizieller Teilnehmer des Nato-Treffens war und nicht warum Orbán ihn privat getroffen hat.
Denn es ist doch für die politische Klasse einfacher, einen aussichtsreichen Präsidentschaftskandidaten der USA schon vorher in solche Treffen einzubinden.
Scholz soll sich ein Beispiel an Orbán nehmen
Diese Erkenntnis scheint sich auch bei Teilen der politischen Klasse in Deutschland herumgesprochen zu haben. Denn nun fordert der CDU-Politiker Spahn Bundeskanzler Scholz auf, Kontakt mit Trump aufzunehmen, also genau das zu wiederholen, was Orbán in der letzten Woche getan hat und wofür er sich viel Kritik anhören musste.
Auf den ersten Blick noch erstaunlicher: Spahn erkannte auf einmal viele Gemeinsamkeiten zwischen der Politik von Trump und den deutschen Interessen. Das hat er etwas gewunden so formuliert, dass es mit Trump "gemeinsame Themen" gebe.
Auch zu manchen Erzählungen der letzten vier Jahre über Trump geht Spahn auf Distanz. Er sieht nicht, dass Trump als Präsident die USA in eine Diktatur umwandeln würde. Tatsächlich sind die neuen Töne einfach nur Ausdruck des politischen Kräfteverhältnisses.
Trump schien bereits Geschichte
Denn die Trump-Dämonisierung setzte in dem Augenblick ein, als deutlich wurde, dass er sein Amt verlieren würde. Nach dem Sturm auf das Capitol Anfang 2021 hätten viele gewettet, dass Trump eher ins Gefängnis käme als noch einmal ins Weiße Haus. Doch in den vergangenen Wochen ist diese Gewissheit innerhalb der politischen Eliten verschwunden.
Klammerten sich die notorischen USA-Erklärer bei Deutschlandfunk und Co. zunächst noch daran, dass Opponenten in der eigenen Partei oder spätestens US-Gerichte Trumps erneuten Einzug ins Weiße Haus vereiteln würden, so zeigt sich jetzt, dass es Wunschdenken war.
Und vielleicht sind manche auch nach den Erfahrungen von 2016 etwas vorsichtiger geworden. Denn viele der US-Erklärer in den Medien hatten einen Wahlsieg von Trump für ausgeschlossen erklärt – bis zum 5. November 2016. Dann waren sie nur kurz sprachlos und sahen in der Wahl einen Ausnahmefall. Der könnte sich nun in wenigen Monaten wiederholen und die politische Klasse stellt sich darauf ein.
Dadurch wird die Debatte rationeller. Das sollten auch linke Trump-Kritiker begrüßen. Es geht um unterschiedliche ökonomische und wirtschaftliche Interessen zwischen unterschiedlichen kapitalistischen Blöcken. Dann stellt sich auch heraus, dass in den Grundzügen die Politik von Trump und den anderen kapitalistischen Playern einschließlich Biden so unterschiedlich gar nicht ist.
Nur kann Biden seinen Kampf gegen Migranten besser durchsetzen, weil die Empörungsgesten der Linksliberalen sich in Grenzen halten, weil es darum geht, Trump keine Argumente zu liefern. Ob Migrantenabwehr, Zölle gegen China, Biden hat an vielen Punkten die Politik fortgesetzt und manchmal noch verschärft, für die Trump weltweit kritisiert wurde.
Rechte Politik selbst machen
Da ist sie wieder, die politische Doppelmoral der Liberalen in aller Welt. Sie prangen oft mit einem Überschwang an Moral und wenig Analyse die Politik der Rechten an. Doch nur um sie dann geräuschloser als diese fortzusetzen. Es ist daher nur zu begrüßen, wenn in die Debatte um Trump mehr politische Analyse käme und die ständige Panikpropaganda heruntergefahren würde.
Dann könnte wieder über die politischen Interessen kapitalistischer Mächte geredet werden, statt einzelne Politiker zu einer Art Teufel in Menschengestalt zu erklären. Da kommen dann schnell mal die Hitler-Vergleiche und gar Trauer über einen verpassten Kopfschuss nicht so gut.
Nur sind es gerade Linksliberale aller Couleur, die so etwas als Letztes begreifen. Sie wähnen sich im Endkampf mit den neuen Hitlers, den absolut Bösen, wenn es doch nur um unterschiedliche Fraktionen des Kapitals geht.
Verkürzte Staatskritik: Hate the Player, not the Game
Da sie keine Kritik an Staat und Kapital haben, müssen sie sich eben bestimmte Endfeinde aussuchen. Da kann man von einer verkürzten Staatskritik reden, die übrigens nicht weit entfernt von der verkürzten Kapitalismuskritik ist. Dort werden dann einzelne kapitalistische Player wie Elon Musk oder Jeff Bezos zum absolut Bösen erklärt.
Dabei wird vergessen, dass es Player in einem Spiel namens Kapitalismus sind. Doch auch die Freunde der verkürzten Staatskritik dürfen sich weiter austoben, zumindest wenn es nach dem Spiegel-Kolumnisten Sascha Lobo geht. Er hat El Hotzo und Co. auch schon einige Hinweise gegeben.
Es macht einen Unterschied, ob man in sozialen Medien den Tod von Jewgenij Prigoschin oder Osama Bin Laden begrüßt oder das Attentat auf Donald Trump.
Sascha Lobo, Spiegel
Wer regt sich auf, wenn Putin der Tod gewünscht wird?
Da hätte der auch noch den Namen Wladimir Putin dazusetzen können. Denn wenn Hotz dem russischen Präsidenten den Tod gewünscht hätte, hätte es im Umfeld des politisch-medialen Establishments mehr nur als klammheimliche Zustimmung gegeben.
Wer sich aufgeregt hätte, wäre als humorloser Putin-Versteher klassifiziert worden. So zeigt auch dieser kurze Sturm im Wasserglas einmal mehr, dass auch die angeblich so liberale Version der bürgerlichen Demokratie ihre klare Freund-Feind-Bestimmung hat.
Doch wer Freund und wer Feind ist, das bestimmen natürlich nicht die jungen Influencer. Deswegen verliert auch Sebastian Hotz nun erst einmal seinen Job.