Emirate: Blendende Geschäfte mit den Russland-Sanktionen
Seite 2: Warum die Emirate nicht völlig an der Seite des Westens stehen
- Emirate: Blendende Geschäfte mit den Russland-Sanktionen
- Warum die Emirate nicht völlig an der Seite des Westens stehen
- Auf einer Seite lesen
Stattdessen sind die Staatsbürger, wie in anderen Golfstaaten auch, stark in der Unterzahl: Nach Angaben der Regierung hatten die VAE im Jahr 2020 um die 9,2 Millionen Einwohner; davon waren nur rund 11 Prozent Staatsbürger. Ungefähr 40 Prozent der Bevölkerung seien indische und pakistanische Staatsangehörige.
Dies hat aber auch substanzielle Auswirkungen auf den Staatshaushalt und damit die Möglichkeiten, staatliche Leistungen bereitzustellen. Denn ein erheblicher Teil des in den VAE erwirtschafteten Geldes wird von den ausländischen Gastarbeitern in ihre Heimatländer überwiesen; Maßnahmen, diese Strukturen zu verändern, entfalten, falls überhaupt, nur langsam Wirkung.
Dies stellt aber die Führung der VAE vor ein weiteres Problem: Die einzelnen Emirate sind, wie in anderen Golfstaaten auch, Erbmonarchien; den Präsidenten der Förderation stellt traditionell Abu Dhabi. Doch da ein Großteil der Bevölkerung aus anderen Teilen der Welt stammt und auf das Konzept einer Erbmonarchie nicht eingestellt ist, besteht immer die Gefahr, dass sich die Gesellschaft von der Führung entfremdet, sich gar gegen sie auflehnt, wenn die Rahmenbedingungen nicht mehr stimmen.
Und so steht immer auch die Befürchtung im Raume, dass die Beteiligung an Sanktionen gegen Russland oder andere Staaten, die eine Stellschraube sein könnte, die das Gefüge in eine Schieflage bringt.
Dass man sich nicht vollständig auf die Seite des Westens stellt, auch wenn Regierungspolitiker und Diplomaten immer wieder die enge Partnerschaft betonen, hat aber auch den Grund, dass man Abhängigkeit vermeiden will, wie man sie im Nahen Osten in den vergangenen Jahrzehnten in vielen anderen arabischen Staaten beobachten konnte.
Geschäfte mit Rohstoffen
Man sieht sich als Rohstofflieferant, der zunehmend zum weltweiten Handelszentrum wird, für alle, auch für China, Russland, Indien. In Hintergrundgesprächen wird dabei auch stets deutlich, dass man dabei nicht so recht daran glaubt, dass die USA und die Staaten der Europäischen Union in Zukunft politisch und wirtschaftlich eine dominante Rolle spielen werden.
Die Vereinigten Arabischen Emirate sind damit auch ein Lehrstück dafür, wie begrenzt der Einfluss der US-amerikanischen und europäischen Außenpolitik heute tatsächlich ist: Man kann gut zureden, nett oder weniger nett bitten, aber was will man sonst machen?
Die Gräuel des Krieges in der Ukraine haben in Ländern wie den VAE kaum eine Bedeutung für die dortige Politik; sie bringt schon kaum Empathie für die Bevölkerung im Jemen auf.
Selbstverständlich könnten die US-Behörden hingehen, und gegen Unternehmen, die beispielsweise in den VAE Sanktionen nach amerikanischem Recht verletzen, die entsprechenden Mechanismen in Gang setzen.
Doch das würde an anderer Stelle Löcher aufreißen: zum Beispiel in der Iran-Frage, im israelisch-palästinensischen Konflikt, im Jemen, in Libyen. In all’ diesen Ländern spielen die VAE heute eine politische, und im Jemen und in Libyen auch eine militärische Rolle.
Jahrelang wurde das Militär der VAE mit westlicher Billigung hochgerüstet. Und auch wenn westliche Verteidigungspolitiker immer wieder lästerten, man kaufe alles, was glitzert und Bumm macht, war und ist doch allen klar, dass die Emirate auch schon vor der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zu Israel eine integrale Rolle in der Strategie gegen den Iran spielten, sich eine politische und strategische Allianz bildete.
Deswegen war auch die Gegenwehr gegen das militärische Engagement der VAE im Jemen eher sporadisch: Offiziell im Rahmen einer Militärallianz unter Führung von Saudi-Arabien bekämpfte man die von den iranischen Revolutionsgarden militärisch und finanziell unterstützten Houthi-Milizen, denn falls die dauerhaft die jemenitische Seite der Meerenge zum Roten Meer kontrollieren, hätten die Revolutionsgarden freien Zugang zu zwei der für die Weltwirtschaft wichtigsten Seewege: jenen vom Persischen Golf zum Indischen Ozean. Und jenen vom Indischen Ozean zum Suezkanal.
Und dann verfügt man natürlich auch über die weltweit siebtgrößten Ölreserven, was es ebenfalls schwierig macht, die VAE gegen den Willen der dortigen Führung auf Sanktionskurs zu bringen.