Erneut Ärger in der Mazedonien-Problematik

Seite 2: Superwahljahr in Griechenland

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2019 wird für die Griechen ein Super-Wahljahr. Im Mai stehen Europawahlen, Regionalwahlen und Kommunalwahlen an. Spätestens bis zum Oktober 2019 muss zudem ein neues Parlament gewählt werden. Finanziell gibt es für das Land auch nach nunmehr neun Jahren Finanzkrise kaum Spielraum.

Zudem vermag kaum einer der Griechen glauben, dass sich eine der großen Parteien gegen den von Brüssel und Berlin diktierten Sparkurs auflehnt. Schließlich haben sämtliche gewählte Regierungen, angefangen bei der Pasok 2009, der Nea Dimokratia 2012 und schließlich Syriza 2015 ihre Wahlkämpfe mit dem Versprechen zum Ende des Sparkurses gewonnen und danach einen noch härteren Sparkurs umgesetzt.

Derzeit verteilen sich die Parlamentssitze wie folgt. Syriza hat 145 Sitze. Die Partei bekam als stärkste Fraktion gemäß dem griechischen Wahlrecht fünfzig Bonussitze. Die Unabhängigen Griechen verfügen über sieben Abgeordnete. Zusammen mit einer die Regierung unterstützenden, unabhängigen Abgeordneten, der Vizeministerin für Bürgerschutz, Katerina Papakosta, stützen somit 153 Abgeordnete des Parlaments mit 300 Sitzen die Regierung. Diese halten in einer Art Burgmentalität zusammen.

Denn fast alle fürchten, dass sie bei Neuwahlen ihren gut dotierten Posten verlieren könnten. Wahlumfragen sagen Tsipras ein Debakel voraus. Die Regierungsabgeordneten hoffen somit inständig, dass sich in den Monaten bis zum letztmöglichen Wahltermin noch etwas zu ihren Gunsten ändert.

Als größte Oppositionspartei hat die Nea Dimokratia 77 Abgeordnete, es folgt - als Dimokratiki Symmachia firmierend, der jetzt als KinAl bekannte Parteiverbund sozialdemokratischer Parteien mit zwanzig Sitzen. Die Goldene Morgenröte hat ebenso wie die kommunistische KKE fünfzehn Parlamentarier. To Potami zählt nunmehr sechs Abgeordnete und die Zentristen-Union verfügt über fünf Sitze. Neun Parlamentarier sitzen nach Parteiausschluss oder -austritt fraktionslos in der Opposition.

Das Mazedonien-Thema ist für die Parteien ein willkommenes Thema, um sich von den Konkurrenten zu unterscheiden. Im Parlament, welches den Prespes Vertrag absegnen muss, bestimmt dies nun die möglichen Mehrheitsverhältnisse.

Die Nea Dimokratia unter Kyriakos Mitsotakis hat sich bereits frühzeitig gegen den Vertrag von Prespes positioniert. Mitsotakis Partei hat sich von einer konservativen, wirtschaftsliberalen Partei, welche sie in den Nullerjahren war, zu einer rechtsnationalistischen Law & Order-Partei gewandelt. Der um sein eigenes politisches Überleben kämpfende, ansonsten als überzeugter Europäer auftretende Mitsotakis überlässt daher gern seinem Kontrahenten Tsipras die, von EU und NATO geforderte Erfüllung des Prespes Vertrags.

Die KinAl, Bewegung der Wende - früher als Pasok bekannt, stand der Lösung des Namenskonflikts zunächst positiv gegenüber, hat sich aber mittlerweile zu einer kritischen Haltung entschlossen. Sie steht damit in Tradition zum Pasok-Gründer Andreas Papandreou, der 1993 mit der Mazedonien-Frage seinen damaligen Gegner Konstantinos Mitsotakis zu Fall brachte. Konstantinos Mitsotakis, Kyriakos Mitsotakis Vater, hatte öffentlich geäußert, es wäre ihm egal, wie sich das Nachbarland nennen würde. Das kostete ihn den Premierministerposten.

Die Haltung der rechtsextremen Goldenen Morgenröte zu Mazedonien-Frage ist konstant die Ablehnung jeglichen Namensbestandteils mit "Mazedonien" für die Nachbarrepublik. Schließlich war die damalige Splitterpartei durch ihr Engagement im Namensstreit in den Neunzigern des vergangenen Jahrhunderts erst landesweit bekannt geworden.

Streng gegen den Vertrag opponiert zudem die Zentristen- Union unter Vassilis Leventis. Aus wahltaktischen Gründen ist dies vollkommen nachvollziehbar. Leventis Partei kam nach Jahrzehnten des außerparlamentarischen Daseins mit den Stimmen der Nordgriechen ins Parlament. Zu denen, die den Vertrag von Prespes ablehnen, gehört zudem die kommunistische KKE.

Ihr kommt jedoch eine Schlüsselrolle zu. Denn die KKE hat keine nationalistisch motivierten Einwände, sondern vielmehr eine Ablehnung gegen EU und NATO. Sie bemängelt, dass der Vertrag das Nachbarland in beide ungeliebte internationale Staatenvereinigungen drängen würde.

Die unabhängigen Parlamentarier im Parlament stammen überwiegend aus dem national gesinnten Lager. Ihre Einstellung zur Mazedonien-Frage ist damit klar gegen den Prespes-Vertrag.

Schließlich bleibt als Parteifraktion noch die unter Mitgliederschwund leidende Partei To Potami. Ursprünglich stand deren Parteichef Stavros Theodorakis dem Prespes-Vertrag wohlwollend gegenüber. Er opponierte im Parlament stetig gegen Tsipras, votierte aber für Gesetzesnovellen, die seiner linksliberalen Ideologie entsprachen. Zwischenzeitlich war To Potami auch Mitglied in der KinAl, wandte sich jedoch von ihr ab, als letztere ihr sozialdemokratisches Profil verwässerte.

Dies alles kostete Theodorakis Parlamentarier, die von seiner Fraktion zur KinAl und zur Nea Dimokratia wechselten. Nun äußerte Theodorakis angesichts der Äußerungen Zaevs Bedenken. Dies allein reichte, um das politische Leben in Athen aufzuschrecken. Denn mit den Stimmen von To Potami wollte Tsipras den Prespes-Vertrag durchs Parlament bringen.

Der Koalitionspartner von Syriza, die Unabhängigen Griechen unter Panos Kammenos, werden dem Vertrag nämlich nicht zustimmen. Der nationalkonservative Kammenos, der als Umfaller bekannt ist, verliert vor allem in Nordgriechenland massenweise Anhänger an die Konkurrenz. Seine Zustimmung zum Prespes-Vertrag würde ihn nach 25 ununterbrochenen Jahren als Parlamentarier endgültig aus dem Parlament kegeln.