Explosionsartige Ausweitung der Finanzmärkte in der Clinton-Ära
- Explosionsartige Ausweitung der Finanzmärkte in der Clinton-Ära
- Die Hightech-Bonanza und Explosion der Finanzmärkte
- Kondratjwes lange Konjunkturwellen
- Krise der Arbeitsgesellschaft
- Die (vorläufige) Lösung der Arbeitslosenfrage
- Globale Defizitkreisläufe als Konjunkturmotor
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Kurze Geschichte der Weltwirtschaftskrise - Teil 2
Das "Goldene Zeitalter" des Kapitalismus, die durch Wiederaufbau und rasante "innere Expansion" gekennzeichnete Periode der sozialstaatlichen, keynesianistischen Marktwirtschaft, ging seit den 70ern in Stagnation und Inflation über (Das Ende des "Goldenen Zeitalters" des Kapitalismus und der Aufstieg des Neoliberalismus). Die durch den wissenschaftlich-technischen Fortschritt beförderten Produktivitätsfortschritte führten erstmals seit Kriegsende zu Massenarbeitslosigkeit und einer fallenden Profitrate in den meisten Industriestaaten. Der ab den 80ern in den USA und Großbritannien praktizierte Neoliberalismus zielte auf die Erhöhung der Profitrate der Unternehmen durch Stagnation bei den Löhnen, Sozialabbau, Steuererleichterungen für Unternehmen und der Deregulierung der Arbeitsmärkte. Die Aufhebung des Goldstandards sowie die Deregulierung der Finanzbranche führten zu der "Finanziellen Explosion", die langsam als ein Motor der stagnierenden realen Ökonomie zu wirken begann.
Das Ende des "Goldenen Zeitalters" des Kapitalismus und der Aufstieg des Neoliberalismus (Teil 1) und Von der Immobilienspekulation zum Zusammenbruch der globalen Defizitkonjunktur (Teil 3)
Neoliberale Widersprüche und die Stagnation
Die von den Neoliberalen eingeleiteten Reformen brachten bald die ihnen immanenten, unüberwindlichen Widersprüche zum Vorschein. Die stagnierenden Löhne, die Steuergeschenke und der Sozialabbau ließen tatsächlich bald die Profite und Vermögen kräftig wachsen, doch zugleich sank die Massennachfrage. Hier kommt ein grundlegender Widerspruch der kapitalistischen Produktionsweise zum Tragen, den man als Unvereinbarkeit der betriebs- und volkswirtschaftlichen Logik bezeichnen könnte. Jeder kapitalistische Betrieb ist selbstverständlich bemüht, seine Kosten möglichst niedrig zu halten, und die gewerkschaftsfeindliche Politik von Reagan und Thatcher erleichterte es den Unternehmen, die Lohnkosten zu drücken oder wenigstens - in Relation zur wachsenden Produktivität - zu begrenzen. Doch sobald die Mehrzahl der Betriebe zu dieser Taktik der Kostensenkung greift, brechen dem produzierenden Gewerbe die eigenen Märkte weg, da das keynesianische Prinzip, wonach die Arbeiter die Konsumenten ihrer eigenen Produkte sein sollen, nicht mehr greifen kann.
Walden Bello, renommierter Globalisierungskritiker und Soziologieprofessor an der Universität Manila, brachte kürzlich die Funktionsweise dieser seit Jahrzehnten schwelenden, klassisch kapitalistischen Überproduktionskrise auf den Punkt:
Es ist die Tendenz des Kapitalismus, gewaltige produktive Kapazitäten aufzubauen, die die Konsummöglichkeiten der Bevölkerung übersteigen, gerade aufgrund der sozialen Ungleichheit, die die allgemeine Kaufkraft begrenzt.
Walden Bello
Zu den Warenbergen, die keine Käufer finden können, gesellen sich die Berge an Kapital, das nur schwer in der weiteren Warenproduktion eine profitable Investitionsmöglichkeit findet. Hinzu kommt seit den 70ern der Anstieg der Massenarbeitslosigkeit. Diese Krise der Überproduktion führt somit auch zur Überakkumulation des Kapitals - wie wir bereits gesehen haben, floss dieses "überzählige" Kapital hauptsächlich in die Finanzmärkte und befeuerte deren stürmisches Wachstum. Für den Ökonomen Paul Sweezy, der bereits in den 80ern die Ursachen des Finanzkapitalismus treffend analysierte (Link auf /r4/artikel/29/29184/4.html), war es gerade diese Abnahme der Investitionstätigkeit, die ursächlich zur fortgesetzten Stagnation der realen Wirtschaft, der industriellen Basis der USA, beitrug.
Es ist offensichtlich, dass die Investitionstätigkeit in den Vereinigten Staaten seit den frühen 80ern einen radikalen Einbruch erlebt, der bis zur Mitte der der 90er andauert. Hiernach folgt ein kurzes, stürmisches Wachstum, das nach dem Jahr 2000 ebenso schnell wieder zusammenbricht (Diese kurze Investitionsbonanza ist ein Widerschein der Hightech-Blase, auf die wir noch später zu sprechen kommen werden). Dieser Indikator müsste also auf eine Volkswirtschaft in einer Krise hindeuten, deren industrielle Basis sich immer langsamer entwickelt, also stagniert.
Die bereits diskutierte wirtschaftliche Stagnation der 70er (Link auf /r4/artikel/29/29184/2.html) wurde durch die Maßnahmen der neoliberalen Regierungen in den 80ern somit eher noch befördert. Zudem wird nun klar, wieso das überschüssige, in der Warenproduktion erwirtschaftete Kapital, nicht in die Industrie reinvestiert wird, sondern in die Finanzmärkte fließt (Überakkumulation): Es bestanden schlicht keine profitablen Investitionsmöglichkeiten, da die Märkte aufgrund fallender Nachfrage tendenziell schrumpften. Tatsächlich bildeten diese Kapitalzuflüsse in den 80ern und zu Anfang der 90er den wichtigsten "Brennstoff" für die wuchernden Finanzmärkte.
In der von Sweezy oder Bello gemeinten Lesart bedeutet Stagnation selbstverständlich nicht, dass es einen totalen Stillstand der Konjunktur gibt, sondern dass eine langfristige Tendenz eines permanent fallenden Wirtschaftswachstums in den Industrieländern vorherrscht, die sich allen Konjunkturzyklen zum Trotz manifestiert. Wunderbar lässt sich dieser Trend an der deutschen Volkswirtschaft illustrieren, da diese über lange Zeit nicht direkt den Auswirkungen des Finanzkapitalismus ausgesetzt war. So fiel das durchschnittliche Wachstum je Dekade in der BRD beständig. In den 50ern erreichte Deutschland ein jährliches Wirtschaftswachstum von 8,2 Prozent, in den 60ern waren es 4,4 Prozent, in den 70ern 2,8 und im folgenden Jahrzehnt durchschnittlich 2,6. Zwischen 1991 und 2003 wuchs die deutsche Wirtschaft sogar nur noch um magere 1,2 Prozent jährlich.
Es scheint, als ob der Dynamik kapitalistischer Entwicklung mit fortschreitender Entwicklung der Technik, mit fortgesetzter Revolutionierung der Produktivkräfte, die Luft ausgehen würde. Noch krasser ist diese Tendenz zur Stagnation in Japan ausgeprägt, das nach seiner eigenen Aktien- und Immobilienspekulation und Aktienhausse in den 90ern zusammenbrach und mit deflationären Tendenzen und einer kaum wachsenden Volkswirtschaft zu kämpfen hatte.