Extinction Rebellion - Inneneinsichten einer ökopopulistischen Sekte
Seite 6: Umgang mit Kritik
Nicht bloß bei XR Leipzig ist der Umgang mit Kritik problematisch. Kritik von außen perlt an der Bewegung ab wie an einer Teflonbeschichtung. Auf Kritik von innen reagieren die AktivistInnen dagegen unterschiedlich, in der Regel aber nicht inhaltlich. Stattdessen verweisen sie auf die vermeintlich falsche Form, die falsche Zeit oder den falschen Ort der Kritik. Die "Gewaltfreie Kommunikation" nach Marshall B. Rosenberg instrumentalisierend, entgegnen XRlerInnen auch gerne, die Kritik sei "gewaltvoll", enthalte "Zuschreibungen" oder sei sonstwie "verletzend". Dabei sind offensichtlich nur wenige AktivistInnen mit Rosenbergs Konzept "gewaltfreier Kommunikation" wirklich vertraut - zumindest im Umgang mit KritikerInnen ist sie offensichtlich nicht mehr das Ideal.
Nach meinen ersten Erfahrungen und Recherchen schickte ich eine Mail über den Verteiler der Leipziger Gruppe. Darin kritisierte ich den unzureichend und mit falschen historischen Parallelen begründeten Grundsatz der Gewaltfreiheit der Bewegung und wies auf den Widerspruch zwischen der Forderung nach sehr schnellem Erreichen von Klimaneutralität und dem Ziel der Einführung einer Bürgerversammlung hin. Außerdem drückte ich meine Zweifel an der Neugründung einer weiteren Klimabewegung aus, die wegen der mit dem Aushandeln von Strukturen und Inhalten verbundenen Reibungsverlusten ebenfalls im Widerspruch zur postulierten Dringlichkeit des Anliegens stehe.
Daraufhin brach bei den Leipziger XR-ChefInnen hektische Betriebsamkeit aus. Wie echte PolitikerInnen agierend, wurde eine Antwort über den Verteiler geschickt, in der auch alle darüber informiert wurden, dass ich zu einem Gespräch eingeladen worden sei. Außerdem wurde - ohne Plenumsbeschluß - umgehend die Zensur der Mailingliste eingeführt: auf meine nächsten Mails erhielt ich nur automatisch generierte Mitteilungen, denen zufolge meine Nachricht von den AdministratorInnen freigegeben werden müssten, was nie geschah.
Ein Aktivist mit dem vielsagenden Nickname "delay" teilte mir mit, dass wir die Diskussion nunmehr zu zweit weiterführen würden. Obwohl ein Doodle zur Terminfindung für das angekündigte Gespräch eingerichtet wurde, fand ein solches nie statt.
Als ich später begann, mich in Plena und Arbeitsgruppen einzubringen, entschieden offenbar manche schnell, dass ich vor allem verdächtig bin. Kritik und Zweifel an XR zu äußern, eine klarere Abgrenzung nach rechts zu fordern, Diskussionen über Inhalte, die über konkrete Klimafragen hinausgehen, all das löste besonders bei manchen XR-Oberen misstrauische Wachsamkeit aus. Von mir in der Bildungs-AG vorgeschlagene Themen wurden als "zu links geframt" zurückgewiesen. Ebenso erging es meinem Vorschlag, eine Bildungsveranstaltung zur Frage von "System change statt climate change" zu organisieren, damit wir diskutieren könnten, was eigentlich mit "system change" (und dem System) gemeint ist. Rolf* meinte, das sei völlig unnötig, weil es in Ordnung wäre, wenn jeder etwas anderes unter dem zu verändernden System und der einzuschlagenden Richtung verstehe. Hauptsache, die Leute erschienen zu den Aktionen.