Fachkräftemangel und Inflation: Fatale Fehldiagnosen

Seite 2: Die Mär von der Arbeitskräfteknappheit

Sie lautet: Die Unternehmen mussten im eigenen Unternehmen alle verfügbaren Arbeitskräfte mithilfe intensiver Ausbildung zu Fachkräften machen.

Wer keine Mitarbeiter fand, musste sich mit den Möglichkeiten zur Erweiterung des Betriebes abfinden, die mit den vorhandenen Kräften zu bewerkstelligen waren. Und man hatte allen Anlass, in Sachanlagen zu investieren, und zwar mehr in produktivitätssteigernde als kapazitätserweiternde.

Die Klagen der Arbeitgeber über Fachkräftemangel, die alle paar Monate in die Öffentlichkeit lanciert werden, sind Ausdruck einer durch nichts zu rechtfertigenden Versorgungsmentalität der Arbeitgeber, die in den vergangenen Jahrzehnten entstehen konnte, weil die Arbeitslosigkeit durchweg hoch war.

Diejenigen, die in ihren Sonntagsreden die Selbstheilung durch die Marktkräfte beschwören, werden sofort zu Anhängern des Staatsinterventionismus, wenn es um die Verfügbarkeit von Arbeitskräften geht. Der Staat hat jedoch keineswegs die Verpflichtung, für einen reibungslosen Nachschub an Arbeitskräften zu sorgen.

Besonders krass ist die Versorgungsmentalität der Arbeitgeber, wenn sie auch noch glauben, dieser Nachschub müsse zu immer gleichen Lohnkonditionen erfolgen.

Wer dringend Arbeitskräfte braucht, muss das tun, was man immer tut, wenn man ein knappes Gut nicht leicht erwerben kann: Man muss mehr Geld ausgeben. Nur dadurch kann man Potentiale am Arbeitsmarkt erschließen, die anders nicht zur Verfügung stehen.

Doch wenn es um höhere Löhne geht, vergessen die Arbeitgeber immer gerne, dass sie sich in einer Marktwirtschaft befinden und nicht in einer Versorgungsanstalt des Staates.

Die Politik hat selbst Schuld. Wenn Bundesminister um die halbe Welt reisen, um in einem Entwicklungsland Arbeitskräfte anzuwerben, muss sich ja der Eindruck aufdrängen, hier gehe es um eine genuin politische Angelegenheit.