Forencheck: Emissionen der Windenergie, Übersterblichkeit 2021 und der Ursprung der Pandemie

Drei Fragen aus dem Forum. Eine Telepolis-Kolumne

Führt das Wachstum der Windenergie zu mehr CO₂-Emissionen?

In folgendem Kommentar geht es um das von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/ Die Grünen) formulierte Ziel, dass jährlich im Schnitt 1.000 bis 1.500 Windräder ans Netz gehen sollten:

CO2? Erneuerbare erhöhen den CO2-Ausstoß. Und das nicht nur absolut, sondern auch relativ zu anderen Energieträgern. Und mit dieser Erhöhung geht auch eine Erhöhung anderer Umweltschäden einher. (...)

Einsparung von Rohstoffen? Mitnichten, das läuft analog zum CO2-Ausstoß auf mehr Rohstoffverbrauch hinaus, wenn auch teils andere Rohstoffe. (...)

Also ein Wachstum. Und das wird nicht gleichmäßig verlaufen sondern zumindest eine zeit lang exponentiell. Aber selbst bei gleichmäßigem Wachstum wären die Neuinvestitionen (zum Beispiel an CO2) für den Bau der Anlagen stets höher, als die zuvor gebauten Anlagen an Einsparung erbringen könnten.

Erschwerend hinzu kommt aber, dass der Strom auch geglättet werden muss. Entweder, wie derzeit, maßgeblich durch Parallelinfrastruktur oder eben, wie geplant, zunehmend durch Speicherung. Beides verlängert die zur Amortisation benötigte Zeit. Und auch hier braucht es ja Wachstum. (...)

Zusammengefasst lautet die Kernaussage dieses Kommentars: Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien erhöhen den CO₂-Ausstoß, da der Zubau stets höher ist, als durch den Betrieb der bestehenden Anlagen CO₂ eingespart wird.

Grundsätzlich gilt: Auch für die Herstellung von Anlagen zur Erzeugung und Speicherung erneuerbarer Energie sowie für die Demontage am Ende der Lebensdauer muss Energie eingesetzt werden. Die CO₂-Bilanz von Strom aus Wind- und Solarenergie wird entsprechend dem Stand der Technik immer wieder berechnet.

Laut Umweltbundesamt 2021 entfallen auf eine Kilowattstunde Strom aus Offshore-Windenergieanlagen 7,3 g C02-Äquivalente, aus Onshore-Anlagen bei Starkwind 7,9 g CO₂/kWh und bei Schwachwind 10,6g CO₂/kWh.

Zum Vergleich: Nach Angaben des IPCC 2014 werden für Strom aus Erdgas durchschnittlich 490 g CO₂-Äquivalente pro kWh freigesetzt, für Strom aus Kohle 820 g CO₂-Äquivalente pro kWh.

Energetisch amortisieren sich die Windenergieanlagen nach sehr kurzer Zeit, wie das Umweltbundesamt darlegt:

Die berechnete Energy Payback Time, also die energetische Amortisationszeit, der betrachteten Windenergieanlagen wird stark von anlagen- und standortspezifischen Einflussfaktoren beeinflusst. Die Ergebnisse zeigen, dass die über den Lebenszyklus der untersuchten Anlagen eingesetzte Primärenergie je nach Standort und gewähltem Referenzstrommix bereits nach 2,5 bis 11 Monaten Anlagenlaufzeit in Form des erzeugten Windstroms zurückgewonnen werden kann.

Die Befürchtung, der Neubau würde stets die Einsparungen überwiegen, ist also unbegründet.

Ressourcenverbrauch und dadurch meist lokal verursachte Umweltschäden bleiben dennoch ein wichtiges Thema, das auch in ausführlichen Ökobilanzen berücksichtigt wird.

Woher kommt die Übersterblichkeit im Jahr 2021?

Im Kommentar zum Artikel "Wie sicher sind die in der EU zugelassenen Covid-19-Impfstoffe?" wird ein Zusammenhang zwischen Übersterblichkeit und Impfungen behauptet:

Anfang Dezember hat ich schon die Frage nach der Übersterblichkeit ohne Coronapositiv zu sein. Diese Übersterblichkeit tritt genau gleichzeitig mit der Impfung auf. Das ist seit KW22 sehr deutlich bei Destatis zu sehen.

Seitdem haben wir in Deutschland eine Übersterblichkeit die zu 70 - 80% aus CoronaNEGATIV getesteten Menschen (Toten!) besteht. Gleichzeitig gibt es eine Korrelation mit den Zahlen der Notfallaufnahme mit Kardiovaskulären Notfällen. Das sind Korrelationen aber natürlich keine Kausalitäten! (...)

Rechnet man das zusammen dann könnten schlimmstenfalls über 30.000 Menschen in Deutschland an der Impfung verstorben sein. Das ist natürlich nur eine Worst Case Betrachtung, es sind mit Sicherheit erheblich weniger aber erheblich mehr als in dem PEI Bericht."

Die behauptete Korrelation zwischen einer Übersterblichkeit und Impfungen hält sich hartnäckig in den (sozialen) Medien, auch wenn sie immer wieder widerlegt wird. Über eine Publikation aus Sachsen, die den wissenschaftlichen Standards nicht genügte und von der sich die Verfasser selbst distanziert haben, haben wir an dieser Stelle bereits berichtet.

Schaut man sich die Grafik für die Sterbefälle im Laufe des Jahres 2021 beim Statistischen Bundesamt an, fällt tatsächlich ein kurzer Ausreißer nach oben zwischen den Kalenderwochen 22 und 25 auf.

"Mitte Juni fiel eine auffällige Erhöhung der Sterbefallzahlen in Kalenderwoche 24 (14. bis 20. Juni: +17 %) mit einer Hitzewelle zusammen", heißt es dazu.

Während die Sterbezahlen im weiteren Verlauf des Sommers kaum oberhalb des Normalen liegen, steigen sie ab September wieder deutlich über das Mittel der Vorjahre, und ab Oktober 2021 steigen auch die Covid-19-Todesfälle wieder deutlich an.

Der Faktenfuchs des BR macht am 9.12.2021 zudem darauf aufmerksam, dass die Zahlen des Statistischen Bundesamts zur Übersterblichkeit nicht an die Altersstruktur der Bevölkerung angepasst werden: "Statistisch sei aufgrund der alternden Bevölkerung aber zu erwarten, dass jedes Jahr etwa zwei Prozent Menschen mehr sterben als im Vorjahr."

Mit dem angeblichen Anstieg kardiovaskulärer Notfallaufnahmen seit Ende April 2021 hat sich die Tagesschau intensiv auseinandergesetzt. Dort wird deutlich, dass der plötzliche Anstieg wahrscheinlich auf Veränderungen im Meldesystem der Krankenhäuser zurückzuführen ist. Die Hypothese, dass gravierende Impfnebenwirkungen wie Myokarditis und Perikarditis ursächlich sein könnten, passe nicht zum Zeitpunkt des Anstiegs: Die Gruppe der von solchen Nebenwirkungen am ehesten betroffenen jungen Männer sei nämlich zum großen Teil erst später geimpft worden.

Stammt Sars-Cov-2 doch aus dem Labor?

In Kommentaren auf den Artikel: "Zoonosen: Prävention gegen zukünftige Pandemien ist möglich" von Claudia Wangerin wird die alte Frage nach dem Ursprung von Sars-CoV-2 wieder aufgeworfen. Beispielsweise hier:

So wie es aussieht, ist das SARS-CoV-2-Virus im Labor entstanden. Im internationalen Labor in Wuhan wurde Hochrisiko-Forschung betrieben. Wie viele Labors es gibt, in denen hochriskante Forschung betrieben wird, weiß ich nicht. Aber diese Labors kann man mit Atomkraftwerken vergleichen. Ein Störfall kann sehr schlimme Folgen haben. Viele der besten Experten in der Welt sind sich einig, dass es in Wuhan wahrscheinlich zu einer ungewollten Freisetzung von diesem Virus kam.

"Viele der besten Experten in der Welt" ist allerdings eine extrem ungenaue Quelle. Die Expert:innen, die im Auftrag der WHO nach dem Ursprung von Sars-Cov-2 suchen, konnten die "Laborthese" bislang nicht bestätigen. Vielmehr wurden mittlerweile wohl die ersten Patient:innen gefunden, die tatsächlich im Kontext des Tiermarktes in Wuhan standen.

Auch wenn Sars-CoV-2 allen bisherigen Indizien nach nicht aus dem Labor entwichen ist, so ist es dennoch eine Tatsache, dass dort Risikoforschung an Viren betrieben wird. Dass selbst Wissenschaftsjournalist:innen hier an die Grenzen einer möglichen Wahrheitsfindung stoßen, hat Matthias Becker auf Telepolis bereits ausführlich dargelegt.

Laut einem im September veröffentlichten Preprint wurden in Laos auch weitere Fledermaus-Coronaviren entdeckt, deren Bindungsstelle am Spike-Protein fast der von Sars-CoV-2 entspricht. Diese Viren mit einer genetischen Übereinstimmung von bis zu 96,8 Prozent zu Sars-CoV-2 sprechen wiederum für die zoonotische Entstehung der Krankheit.

Ungeachtet dessen, was der Ursprung von Sars-CoV-2 ist: Zoonosen bleiben eine Bedrohung und das Risiko ihrer Entstehung wächst durch Massentierhaltung und durch das Eindringen von Menschen in die Lebensräume von Wildtieren.