Fukushima: Weiter mit Pannen und Pleiten

Das havarierte AKW ist nicht gegen schweren Wind und Regen gesichert, Block 2 wird kritisch, Tepco muss einräumen, dass eine Sicherung in diesem Jahr unmöglich ist

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Am Samstag ist es zu einer erneuten Panne im havarierten AKW Fukushima gekommen. 15 Stunden lang fiel das Kühlsystem im angeblich stabilen Reaktor 5 aus. Obgleich die Panne schon am Samstag bemerkt wurde, berichtete Tepco erst am Sonntag davon.

Die Reaktoren 5 und 6 waren bereits vor dem Erdbeben heruntergefahren worden, Probleme machten aber auch hier wie bei den anderen Reaktoren die Kühlbecken. Sowohl im Kühlbecken als auch im Reaktor kletterte die Temperatur in die Höhe, mit Ersatzpumpen wurde daraufhin Meerwasser zur Kühlung verwendet, was bekanntlich nicht unproblematisch ist, weil sich das Salz an den Brennstäben ablagern kann und den Kühleffekt mindert.

Auch zwei Monate nach der Katastrophe ist Tepco noch weit entfernt davon, die Situation unter Kontrolle bringen zu können. Wie sich nun herausstellte, sind die Reaktoren in den teils durch Explosionen zerstörten Außenhüllen der Reaktoren nicht gegen schweren Wind und Regen geschützt, von einem erneuten starken Erdbeben ganz zu schweigen. Um die Verbreitung radioaktiven Materials auf Partikeln durch Regen und Wind zu reduzieren, hatte Tepco Kunstharz versprühen lassen. Aufgrund des starken Regens und Winds wurde das Versprühen aber eingestellt, auch andere Arbeiten im Außenbereich sollen unterbrochen werden. Man beobachte, heißt es wenig beruhigend, ob radioaktiv belastetes Wasser aus den Reaktoren austrete.

In Reaktor 2, wo es ebenso wie in den Blöcken 1 und 3 Link auf http://www.heise.de/tp/blogs/2/149897, sind Radioaktivität und Feuchtigkeit stark angestiegen, wie Messungen am Samstag ergeben hatten. Die Caesium-Konzentration in der Luft sei doppelt so hoch wie im Block 1, wo Tepco eine vollständige Kernschmelze kürzlich einräumen musste (Geschmolzener Brennstoff in Fukushima ohne Kühlung). Die Jod-131-Konzentration in einer Wasserprobe am Reaktor überschritt den Grenzwert um das 600-Fache. Arbeiten im Reaktor 2 sind daher kaum möglich. Die Luftfeuchtigkeit von fast 100 Prozent wird vom überhitzten Kühlbecken verursacht. Man will jetzt einen Wärmeaustauscher anbringen, um die Feuchtigkeit zu senken, damit später ein Luftfilter zur Senkung der Radioaktivität eingesetzt werden kann.

Tepco muss mittlerweile auch einräumen, dass das AKW nicht bis zum Jahresende stabilisiert werden kann, wie er Mitte April verkündet hatte (Schutzhüllen für Fukushima-Reaktoren frühestens ab September). Das hatten zwar die wenigsten wirklich geglaubt, als Tepco schnelle Fortschritte ankündigte, die japanische Regierung hatte aber auch wie immer unkritisch die Hoffnung unterstützt und sich zu eigen gemacht. Jetzt hieß es, dass es eine "längere Verschiebung" geben würde, bis die Reaktoren gesichert seien. Das Wissen, wie es in den Reaktoren aussieht, ist offenbar weiterhin gering. Ein leitender Angestellter von Tepco macht dies deutlich, wenn er zur Situation von Reaktor 1 sagt: "Bis wir das Ausmaß des Schadens nicht kennen, wissen wir nicht einmal, wie lange die Arbeit alleine hier dauern wird."

Nachdem bei Block 1 die Brennelemente geschmolzen sind und es im Reaktordruckbehälter Risse gibt, ist eine Kühlung durch Wasser nicht mehr ohne weiteres möglich, weil dies dann ausläuft und radioaktiv verseucht in Grundwasser und Meer gelangt. Jetzt überlegt man bei Tepco, ein Kühlungssystem einzusetzen, mit dem das Kühlwasser recycelt werden kann. Vermutlich ist die Situation in den Blöcken 2 und 3 ähnlich. Die Regierung hatte schon den evakuierten Menschen wieder Hoffnung gemacht, womöglich bereits Anfang des nächsten Jahres wieder zurückkehren zu können.