Geld macht glücklich, oder?

Und eine gute Ehe ist jährlich 100000 Dollar wert

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Dass das für die Armen dieser Welt beruhigende alte Sprichwort: "Geld macht nicht glücklich" nicht unbedingt zutreffen muss, wollen zwei Ökonomen nach einer Analyse von vielen Umfragen über Arbeitszufriedenheit und Wohlergehen herausgefunden haben. Andrew Oswald von der University of Warwick und David Blanchflower vom amerikanischen Dartmouth College behaupten in ihrer Studie Well Being in Britain and the US, dass Glück unmittelbar mit Geld aufzuwiegen sei: "Eine anhaltende Ehe ist jährlich 100000 Dollar wert" - oder bringt soviel Glück, als würde man ein zusätzliches Einkommen von 100000 Dollar haben.

Die Ökonomen behaupten im Prinzip, dass diese Gleichung auch umkehrbar ist, also dass ein zusätzliches jährliches Einkommen von 100000 Dollar eine fehlende Ehe kompensieren und für ein entsprechendes Zufriedenheitsgefühl sorgen könnte. "Wir können", sagt Oswald, "Geld gegen andere Aspekte des Lebens aufzurechnen." Verliert man einen Job und wird arbeitslos, so hätte man also nicht nur weniger oder gar kein Einkommen mehr, sondern würde auch noch zusätzlich 60000 Dollar an jährlichem Einkommen verlieren, die dem daraus folgenden Grad an eingebüßter Zufriedenheit entsprechen. Je reicher also jemand ist, desto glücklicher müsste er folglich auch sein - und je ärmer, desto unglücklicher.

Da sollte jedenfalls Bill Gates, trotz des wahrscheinlich nach dem letzten Stand der Dinge für ihn unglücklich ausgehenden Antitrustverfahrens gegen Microsoft, der zufriedenste Mensch auf der Erde sein (und überdies ist er auch noch verheiratet, was ihn noch reicher macht). Aber ganz so einfach wollen es die Ökonomen anscheinend doch auch wieder nicht sehen, schließlich meint Oswald, dass ihre Untersuchung gezeigt habe, wie wichtig persönliche, nicht-ökonomische Dinge für die Lebenszufriedenheit seien. Eigentlich wollen die Wirtschaftswissenschaftler ja zeigen, dass die ökonomische Theorie oder die Arbeitswissenschaft nicht nur auf das Geld schauen sollte, wenn sich denn Zufriedenheit mit Geld gleichsetzen lässt. Ihre Untersuchung messe die wirklich wichtigen Dinge im Leben: "Wir zeigen, wie wichtig die Ehe für die Menschen in diesem Land ist." Sollte man es also doch mit einer Variante des Sprichworts halten, dass Geld allein nicht glücklich macht, also dass eine Ehe oder ein Arbeitsplatz für fehlendes Einkommen eine gute Entschädigung sind? Irgendwie scheint in der Behauptung ein Wurm zu stecken.

Allgemein wollen die Ökonomen herausgefunden haben, dass in den USA, Großbritannien und anderen EU-Ländern die Frauen, die gut Ausgebildeten und die Verheirateten am glücklichsten sind. Die Verheirateten sind viel zufriedener als die Singles, die Geschiedenen, die Verwitweten und jene, deren Eltern nicht getrennt lebten. Demnach müsste eigentlich die gesamtgesellschaftliche Zufriedenheit sinken, denn in den 70er Jahren waren noch 72 Prozent der britischen und amerikanischen Bevölkerung verheiratet, während dies in den 90er Jahren nur noch 55 Prozent sind. Möglicherweise wiegt dann ja ein größeres Einkommen die mit der Ehe einhergehenden Schwierigkeiten auf? Oder kann man, wenn man mehr verdient, auch gut auf die Ehe verzichten?

Für die auf dem "Höhepunkt" ihrer Karriere und ihres Lebens Stehenden haben die Wissenschaftler eine schlechte und zugleich beruhigende Nachricht. Die Zufriedenheit durchlaufe im Leben der Menschen eine U-Kurve. Im Alter um die 40 Jahre erreicht die Unzufriedenheit einen Hochpunkt. Da gehen wollen die Erwartungen und Hoffnungen endgültig baden, während man sich später wieder mit dem Leben zu arrangieren scheint. Es kann also nur wieder besser werden. Ob das so mit oder ohne Geld, Arbeit oder Ehepartner auch so ist, konnte ich der Studie nicht entnehmen.

Insgesamt sei die Arbeitszufriedenheit in den westlichen Staaten relativ hoch, allerdings würde sich in den USA eine langsame, aber stetige Verminderung der Arbeitszufriedenheit seit 1973 erkennen lassen, die möglicherweise mit dem Unsicherheitsgefühl zu tun haben könnte, jederzeit den Job verlieren zu können.

Wie auch immer, so ist das Ergebnis der Untersuchung wie bei den Wissenschaften oft üblich nicht eindeutig. Möglicherweise lassen sich Lebensumstände durch Geld messen, aber reich zu sein, heißt doch nicht automatisch, auch entsprechend glücklich zu sein. Also muss vielleicht ein Single doch nicht 100000 Dollar mehr im Jahr als ein Verheirateter verdienen, um genauso glücklich zu sein, oder wie?

Aber es gibt da auch noch ein Lächeln, das glücklich macht, auch das Fernsehen macht glücklich - und eine Wissenschaft des Vergnügens wundert sich, warum wir weniger lachen, wenn sogar Laborratten lachen können, wenn sie gekitzelt werden.