Geoengineering mit unabsehbaren Veränderungen des Wasserkreislaufs

Wenn der anthropogene Treibhauseffekt zu einer globalen Erwärmung von 5 Grad Celsius führt, würde sich nach den beiden Wissenschaftlern der Niederschlag um 11 Prozent erhöhen (Sterne und roter Pfeil). Würde man die Erwärmung durch Reduzierung der kompensieren wollen, ginge der Niederschlag stärker zurück (blauer Pfeil). Bild: Axel Kleidon und Maik Renner

Die Idee, durch Reduzierung der Sonneneinstrahlung die Erderwärmung durch den Treibhauseffekt zu senken, klingt einleuchtend, wäre aber nach Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie höchst riskant

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Geoengineering nannte man die Möglichkeit, trotz Klimaveränderung nichts verändern zu müssen, weil man technisch den Ausstoß der Treibhausgase kompensieren kann. Ideen gab es viele, die attraktiv erschienen, vom Düngen des Meers, um Algen wachsen zu lassen, oder der Sequestrierung von CO2 über Schiffsflotten, die Dunst versprühen, bis hin zu futuristischen Sonnensegeln und Spiegeln im Weltraum. Mit dem Verbringen von Schwefeldioxid in die Stratosphäre, so eine der ersten Ideen, könne man Sonnenstrahlung reflektieren und die Aufheizung so reduzieren.

Bild: Nasa

Vorangekommen ist man mit Geoengineering-Projekten kaum. Jetzt haben Axel Kleidon und Kollege Maik Renner vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena den Geoengineering-Hoffnungen einen neuen Schlag versetzt. Sie haben sich nicht einzelne Techniken vorgenommen, sondern haben abgeschätzt, welche Folgen eine Abkühlung der Erde durch Sonnensegel, Schwefeldioxid und andere Möglichkeiten haben würde, und dabei den Wasserkreislauf analysiert.

Erreicht würde damit, schreiben sie in ihrem Beitrag für Zeitschrift Earth System Dynamics der Europäischen Geowissenschaftlichen Union (EGU), zwar eine Abkühlung der Oberflächentemperatur der Erde. Aber der globale Wasserkreislauf würde damit abgeschwächt, weil es einen Unterschied macht, ob die Erwärmung durch das Sonnenlicht oder den von Menschen verursachten Treibhauseffekt verursacht wird. Die Wissenschaftler bestätigen damit eine frühere Studie, die mit einem anderen Ansatz zu einem ähnlichen Ergebnis kam (Geoengineering mit riskanten Nebenwirkungen).

Die Wissenschaftler haben mit einem einfachen Ansatz die Energieflüsse thermodynamisch analysiert, die die Erde anheizen oder abkühlen. Wird die Erdoberfläche durch den Treibhauseffekt aufgewärmt, kann die wärmere Luft mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Das wiederum führt zu mehr Verdunstung und zu steigenden Niederschläge, was Dürren in manchen Gebieten und vermehrte Niederschläge in anderen verursachen kann. Eigentlich müsste nach der Thermodynamik die Luft pro Grad Erwärmung sieben Prozent mehr Feuchtigkeit aufnehmen, nach den meisten Klimamodellen wird aber davon ausgegangen, dass es nur zwei Prozent mehr sind. Erklären lässt sich der Unterschied, wenn man, so haben die Wissenschaftler gezeigt, zugrunde legt, dass höhere Luftschichten weniger Feuchtigkeit aufnehmen können als die unteren. In den oberen Atmosphärenschichten kondensiert das Wasser, wodurch der Wasserkreislauf durch die Erderwärmung weniger stark ansteigt und sich auf plus zwei Grad pro Grad Erderwärmung begrenzt.

Anders ist es allerdings, wenn die Erderwärmung durch die Sonneneinstrahlung geschieht. Sie erwärmt die Erdoberfläche stärker, als wenn dies durch Treibhausgasemissionen geschieht, wodurch auch mehr Wasser verdunstet und der Niederschlag zunimmt. Statt zwei Prozent wie beim Treibhauseffekt kann die Luft drei Prozent mehr Feuchtigkeit pro Grad Erwärmung aufnehmen.

Wenn der anthropogene Treibhauseffekt zu einer globalen Erwärmung von 5 Grad Celsius führt, würde sich nach den beiden Wissenschaftlern der Niederschlag um 11 Prozent erhöhen (Sterne und roter Pfeil). Würde man die Erwärmung durch Reduzierung der kompensieren wollen, ginge der Niederschlag stärker zurück (blauer Pfeil). Bild: Axel Kleidon und Maik Renner

Den Unterschied zwischen den beiden Mechanismen der Erwärmung erläutert Axel Kleidon am Beispiel eines Topfes auf dem Herd: "Die Temperatur in dem Topf lässt sich erhöhen, indem man entweder einen Deckel darauf setzt oder die Herdplatte mehr heizt. Beides führt zu einer Erwärmung, bei einer hochgeheizten Herdplatte fließt aber mehr Wärme durch den Topf als durch einen Topf mit Deckel". Schließt der Deckel besser, dann wäre dies mit dem Treibhauseffekt vergleichbar, während eine heißere Platte einer stärkeren Sonneneinstrahlung entspräche, bei der die Verdunstung zunimmt.

Die Geoengineering-Ideen, die auf eine Abkühlung der Erde durch eine Reduktion der Sonneneinstrahlung setzen, haben nach den Wissenschaftlern die unterschiedlichen Effekte der Erwärmung durch Sonneneinstrahlung und durch Treibhausgasemissionen auf den Wasserkreislauf nicht berücksichtigt. Würde man mit gigantischen Sonnensegeln oder Spiegeln, aber auch durch mehr Schwebeteilchen in der Atmosphäre die Temperatur um 2 Grad reduzieren, dann würde der Wasserkreislauf um 2 Grad zurückgehen und der Vertikaltransport, also der Aufstieg der Feuchtigkeit in die höheren Schichten der Atmosphäre, um 8 Prozent sinken.

Damit würde man, so Kleidon, der beim angegebenen Beispiel bleibt, gleichzeitig einen Deckel auf den Topf setzen und die Herdplatte herunterschalten, was erhebliche Auswirkungen auf Verdunstung und Niederschläge hätte. Es wäre also ein gefährlicher Eingriff mit unabsehbaren Folgen. Zwar verändern also die Menschen bereits unbeabsichtigt das Klima, weswegen man davon spricht, dass wir im Zeitalter des Anthropozän angekommen seien (Der Stimmzettel als Öko-Quittung), zu einer gezielten globalen Veränderung mit gewünschten Effekten ist es aber wohl noch ein weiter Weg.