Glühbirnenverbot und Ökodesign: Brüssel will nachlegen

Mit überarbeiten Vorschriften will die EU-Kommission den Stromverbrauch weiter senken

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

In Deutschland mit dem Glühbirnenverbot und der Regulierung von Haushaltsstaubsaugern bekannt geworden, will die EU-Ökodesign-Richtlinie die Hersteller dazu verpflichten, ihre Produkte immer energieeffizienter zu machen.

Mit der Ökodesign- oder ErP-Richtlinie 2009/125/EG beabsichtigt die Brüsseler EU-Kommission, die Hersteller von elektrischen und elektronischen Produkten dazu zu zwingen, ihre Produkte so energieeffizient auszulegen, wie dies einerseits technisch machbar und andererseits auch wirtschaftlich vertretbar ist. Im Ergebnis sollen sich die möglichen Mehrkosten für die optimierten Geräte für den Endverbraucher durch die Reduzierung beim Stromverbrauch ausgeglichen werden.

Aufgrund der im EU-Vergleich hohen Strompreise für private Endkunden in Deutschland können die Verbraucher hierzulande von den Erfolgen der Umsetzung der ErP-Richtlinie deutlich stärker profitieren, als die Verbraucher in anderen EU-Mitgliedsstaaten.

In einem Turnus von etwa vier Jahren werden die in den einzelnen produktgruppen- oder funktions-bezogenen als Verordnung erlassenen Vorschriften und Grenzwerte einer Revision unterzogen, die ermitteln soll, ob sich aufgrund der seit der letzten Untersuchung erfolgten Entwicklung in Markt und/oder Technik weitere Einsparpotentiale ergeben haben. Bei der von der Generaldirektion Energie (DG Energy) in Auftrag gegebenen Revision wird auch untersucht, ob sich in der Folge der derzeit gültigen Vorschriften Umgehungsmöglichkeiten ergeben haben, die dafür sorgen, dass die Verordnung nicht vollständig greift, sondern in der Praxis teilweise oder vollständig umgangen wird.

Aktuell stehen die Verordnung (EC) 1275/2008 zum Thema Standby sowie ihre vier Ergänzung zur Überprüfung an. Die im Juli 2015 begonnene Überprüfungsstudie wird von dem dänischen Beratungsunternehmen Viegand Maagøe A/S durchgeführt und soll im Juni 2016 abgeschlossen sein. Die Revision orientiert sich in der Methodik an den Ökodesign-Vorbereitungsstudien (MEErP), reduziert die einzelnen Verfahrensschritte (Tasks) jedoch, da es sich nicht um eine Erstbearbeitung des Themas handelt.

Wie bei den Studien im Zusammenhang mit der Ökodesign-Richtlinie üblich, ist auch bei der Revision der Standby-Vorschriften beabsichtigt, dass alle relevanten Marktteilnehmer (Stakeholder) ihre Meinungen und Vorstellungen im laufenden Verfahren einbringen können. Die kann entweder als Kommentar zu den einzelnen Tasks per e-Mail erfolgen oder durch Teilnahme an einem Stakeholder Meeting in Brüssel.

Aufgrund des teilweise nur geringen Platzangebots am Veranstaltungsort und der aus Sicherheitsgründen zwingend erforderlichen verbindlichen Voranmeldung, finden die meisten Stakeholder Meetings dann doch eher als Insider-Treffen statt. Zudem muss jeder teilnehmende Stakeholder seine mit der Reise nach Brüssel verbundenen Kosten selbst tragen, was letztlich dazu führt, dass meist nur Vertreter von Behörden aus den Mitgliedsstaaten, von NGOs oder Unternehmensverbänden, an den Sitzungen in Brüssel teilnehmen.

Vertreter von Verbraucherverbänden sind bei den Stakeholder Meetings eher selten anzutreffen. Dort fehlt es oft nicht nur am entsprechenden Interesse, sondern meist auch am dafür benötigten Budget. Verzichten auch die Vertreter der direkt betroffenen Unternehmen auf eine Teilnahme, so ist es am Ende wenig verwunderlich, wenn eine solche Untersuchung zu nur schwer nachvollziehbaren Ergebnissen führt.

Fehlende Marktüberwachung

Da die Marktüberwachung zu Kontrolle der im Rahmen der Ökodesign-Richtlinie vom EU-Parlament verabschiedeten Verordnungen den einzelnen EU-Mitgliedsländern überlassen wurde, steckt die Marktüberwachung noch immer in den Kinderschuhen, wenn sie überhaupt stattfindet. In der Praxis sind in Deutschland zum Beispiel die einzelnen Bundesländer für die Überprüfung hinsichtlich der Einhaltung der Vorschriften und Grenzwerte der jeweiligen Verordnungen zuständig.

Bei den jeweils zuständigen Behörden gibt es jedoch einen bunten Flickenteppich an Zuständigkeiten und teilweise sehr geringe verfügbare Budgets. Zwar kann die Marktaufsicht inzwischen einzelne Produkte im stationären zur Überprüfung im Labor ziehen, im gesamten Online-Markt ist dies jedoch praktisch nicht umsetzbar, weil dort die Ware üblicherweise nicht mehr im Lager des Anbieters liegt. Die meisten Online-Anbieter nutzen heutzutage sogenannte Fulfillment-Center, die als reine Logistik-Unternehmen tätig sind und die betreffende Ware an unterschiedlichen Standorten lagern.

Da die Logistik-Unternehmen nicht Eigentümer der Ware sind und diese nur zur Versandabwicklung bereithalten, ist es für die Marktaufsicht nicht so möglich, Waren zu überprüfen, die im stationären Handel nicht angeboten werden. Man müsste dazu, die Ware einkaufen, um sie testen zu können. Die knappen für die Marktaufsicht verfügbaren Budgets ermöglichen dies jedoch nicht. In manchen Ländern sind die verfügbaren Mittel für die Labortest schon im zweiten Quartal restlos aufgebraucht, so dass dann keine Tests mehr vorgenommen werden können.

Finanzierung der Marktaufsicht

Knappe Haushaltsmittel und nur geringe Anreize für die Marktaufsichtsbehörden, ihre Funktionen wahrzunehmen, führen in der Praxis dazu, dass eine Überprüfung durch die Marktüberwachung bislang nur in den seltensten Fällen stattfindet. In der Folge haben Hersteller, Importeure und Händler praktisch kein Interesse daran, die spezifischen Vorschriften in der Serie auch einzuhalten. Das Risiko ertappt zu werden, ist deutlich geringer, als von einem Abmahnanwalt wegen einer angeblich unberechtigten Auszeichnung eines Produkts mit einer CE-Kennzeichnung zur "Lösegeldzahlung" aufgefordert zu werden.

Die Marktaufsicht muss daher dringend auf ein neues finanzielles Fundament gestellt werden. Die Überlegung jede Überprüfung für den Überprüften kostenpflichtig zu machen, auch wenn er alle Vorschriften einhält, wurde aufgrund von durchaus berechtigten Einwänden schnell wieder beerdigt. Bei serienmäßigen Alkoholkontrollen im Straßenverkehr, wie sie beispielsweise nach Karnevalsveranstaltungen praktiziert werden, kann man ja auch nicht von jeden Überprüften eine Gebühr verlangen.

Besser und auch leichter umzusetzen wäre die Option, über eine bestehende und bundesweit aktive Einrichtung wie die Stiftung Elektro Altgeräte Register (EaR in Fürth, die für die Organisation des Geräte-Recyclings geschaffen wurde, einen Fonds zu verwalten, aus welchem sich die Marktaufsicht finanzieren lässt. Verzichtet man auf eine stabile Finanzierung der Marktüberwachung, ist abzusehen, dass mit dem Wandel der Vertriebswege eine Überwachung des Marktes schon bald nicht mehr möglich sein wird. Es darf sich dann jedoch niemand wundern, wenn verstärkt Produkte auf den Markt drängen, die den bestehenden Vorschriften nicht entsprechen. Und spätestens dann ist die Ökodesign-Richtlinie ad Absurdum geführt und hat keinerlei Nutzen mehr.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.