Greenpeace besetzt spanisches Atomkraftwerk
Die Umweltschutzorganisation beweist erneut, wie schwach die Sicherheitsvorkehrungen sind
Es ist nicht das erste Mal, dass die spanische Sektion von Greenpeace ein Atomkraftwerk besetzt. Schon 2002 hatte die Organisation zum Tschernobyl-Jahrestag den Meiler im südspanischen Zorita besetzt, dem sogar die Atomaufsichtsbehörde (CSN) bescheinigt hatte, er sei "alt, obsolet und weise Fehler auf." Am frühen Dienstag drangen Greenpeace-Aktivisten in das Atomkraftwerk Cofrentes in der Provinz Valencia ein. Sechs Kletterer haben nach Angaben der Organisation einen der Kühltürme bestiegen. Dort brachten sie im strömenden Regen die Aufschrift an: "Peligro nuclear" (Atomare Gefahr).
Mit Spruchbändern fordert eine weitere Gruppe die sofortige Schließung des Atomkraftwerks. Schon mit dieser friedlichen Aktion sei bewiesen, wie unsicher diese Anlage ist, erklärt Greenpeace. Von der CSN und der spanischen Regierung fordert die Organisation, dass die Betriebsgenehmigung nicht erneuert wird, die am kommenden 19. März ausläuft. "Die Atomkraftwerke sind Anlagen mit einem hohen Risiko, die nicht nur aus der gefährlichen Technologie rührt, sondern auch aus der Tatsache, wie die Geheimdienste auf der ganzen Welt anerkennen, dass sie potentielle Ziele für terroristische Angriffe sind", erklärte Carlos Bravo, der für die Kampagne von Greenpeace gegen Atomanlagen verantwortlich ist.
Tatsächlich wird zwar gern über die Gefahren vor angeblichen schmutzigen Bomben geredet, doch, wie sich auch im elsässischen Atomkraftwerk Fessenheim zeigte (Warum schmutzige Bomben bauen?), brauchen Terroristen sie nicht zu bauen, solange Atomkraftwerke herumstehen, die kaum geschützt werden. In Spanien ist das besonders dramatisch, denn das Land war 2004 Ziel von islamistischen Anschlägen, die 191 Menschen das Leben gekostet haben. Deshalb fordert Greenpeace von der sozialistischen Regierung, die überraschend über diese Anschläge an die Macht kam (Lügen haben kurze Beine, auch in Spanien), von Unternehmen und Gewerkschaften, "ohne Zaudern die Erneuerbaren Energien zu fördern, auch wenn sie es nur wegen des enormen Potenzials beim Schaffen von Arbeitsplätzen tun". Spanien hält seit dem Platzen der Immobilienblase in der EU den Arbeitslosenrekord. Die Quote liegt schon bei etwa 21% und fast die Hälfte der Jugend ist ohne Job (Spanien: Fast die Hälfte der Jugendlichen ohne Job).
Doch wird die Regierung wohl trotz der massiven Mängel, die auch technisch dem Meiler immer wieder Probleme bereiten, die Lizenz von Cofrentes alsbald erneuern. Schließlich wurde sogar die Laufzeit des sehr störanfälligen Uralt-Meilers in Garoña verlängert, womit Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero definitiv sein Ausstiegsversprechen gebrochen hat. Kürzlich wurde in den Sozialpaktgesprächen sogar darüber gesprochen, auf die Rente mit 67 gegen eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke zu verzichten.
Wie andere spanische Atomkraftwerke fällt auch Cofrentes immer wieder durch Probleme und Störfälle beim Betrieb auf, welche die Betreiber bisweilen zu vertuschen suchen (Unfallserie und Vertuschung in spanischen Atomkraftwerken). Gerade hat die Staatsanwaltschaft im benachbarten Tarragona Anklage gegen vier Verantwortliche des Atomkraftwerks Ascó erhoben, weil dort Radioaktivität willentlich freigesetzt wurde. Zwar wurde schon eine Rekordgeldstrafe verhängt, doch das ganze hat nun auch noch ein strafrechtliches Nachspiel. Wegen Verstößen gegen die allgemeine Sicherheit und der Fälschung von Dokumenten sind die vier Angeklagten von Haftstrafen zwischen 6 und 16 Jahren bedroht. Auch für Ascó fordern die Umweltorganisationen, die Lizenz nicht zu verlängern, die im September ausläuft. Allein in diesem Jahr verzeichnete Ascó drei neue Problem- und Störfälle.