Griechenland: Schäuble hält befristeteten Euro-Ausstieg weiter für die bessere Option

"Niemand weiß, wie es ohne einen Schuldenschnitt gehen soll. Das ist die Situation"

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Der deutsche Finanzminister Schäuble scheut den Begriff "Grexit". In seinem Interview mit dem Deutschlandfunk von heute Morgen, nimmt er ihn kein einziges Mal in den Mund. Ein typischer Ausschnitt:

Wissen Sie, all das, was in den öffentlichen Debatten zum Teil auch an völlig verzerrenden Dingen gesagt worden ist, hat ja mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Sie haben gerade selber zu Recht gesagt, dass ... Jetzt haben Sie es nämlich auch gesagt, das wäre vermutlich mit Abstand das Beste für Griechenland.

Das Kommunikationsprinzip hinter dieser Rhetorik: Schäuble will nichts aufdrängen, sondern nur nahelegen. Die Berichterstattung der letzten Woche hat ihm zugesetzt. So geht er sehr vorsichtig mit seinen Aussagen um.

Die Schlüsse überlässt er den anderen, obgleich er sie zwingend deutlich macht. So auch beim Thema: Ausstieg Griechenlands aus der Währungsunion.

Wenn man einen Schuldenschnitt für Griechenland für notwendig hält, so Schäuble, der sich dabei auf "sehr viele Ökonomen" und besonders auf das aktuelle Einschätzung des IWF (Rettungmaßnahmen müssen "weit über das hinausgehen, was Europa bislang in Betracht gezogen hat") bezieht, dann sei "völlig unstreitig" und zur Kenntnis zu nehmen - "oder man muss es auch wissen", dass ein wirklicher Schuldenschnitt mit einer Mitgliedschaft in der Währungsunion unvereinbar sei.

Und wenn man nun einen Schuldenschnitt für notwendig hält, dann wäre es ... oder wenn man glaubt, dass es der bessere Weg für Griechenland ist, dann haben viele gesagt: Wenn man das mit Griechenland vereinbaren könnte ... Wir haben ja nicht gesagt, wir zwingen das auf, das können wir auch nicht, das wollen wir nicht, hat niemand vorgeschlagen. Aber es wäre vielleicht für Griechenland der bessere Weg. Und das sagen nun viele, übrigens zunehmend auch in Griechenland.

Niemand, so Schäuble, wisse im Augenblick angesichts der außerordentlich schwierigen Lage in Griechenland, wie das ohne einen Schuldenschnitt gehen solle. Man werde aber kein Recht beugen, so der deutsche Finanzminister. Er sehe noch keine Lösung - wohl verstanden außerhalb des Schuldenschnitts -, aber man fange ja erst mit den Verhandlungen an, nach dem gestrigen Beschluss des griechischen Parlaments und der Umsetzung der Gesetze in Griechenland.

Der Finanzminister versucht sich neutral zu geben, den großen Prinzipien "Demokratie und Herrschaft des Rechts" verpflichtet, im Auftrag eines starken Europas: "Wir müssen Europa zusammenhalten, wir müssen Europa voranbringen, wir brauchen ein starkes Europa".

Aber er zeigt sich auch als Politiker, der vieles ausschließt, nicht nur den Begriff "Grexit". So wird im ganzen Gespräch von ihm an keiner Stelle die Schwierigkeit angesprochen, die Griechenland grundsätzlich damit hatte, angesichts der aufgenötigten Reformen die Wirtschaft anzukurbeln. Während auch der von ihm zitierte IWF die Kritik der falschen Medizin für Griechenland aufgenommen hat, bleibt Schäubles Blick buchhalterisch auf die Einhaltung von Verpflichtungen geheftet.

Es geht ihm um "Bei-Fuß"-Gehorsam, was auch irischen (nicht-linksextremen) Kommentaren aufgefallen ist

Griechenland habe sich zu Reformen verpflichtet, so Schäuble, und das werde "wie in den vergangenen Jahren genau kontrolliert, dass das auch eingehalten wird. Das war ja in den vergangenen Jahren auch so, das hat natürlich Griechenland nicht gefallen und hat auch viel Unwillen ausgelöst. Diesen Unwillen hat ja Syriza auch ausgenutzt, um selber an die Macht zu kommen."