Grönland zwischen den Stühlen: Unabhängigkeit ja, USA nein

Die Grönländer sympathisieren mit der Unabhängigkeit von Europa – jedoch nicht als Teil der USA
(Bild: Rokas Tenys/Shutterstock.com )
Stippvisite aus Washington: Usha Vance, Ehefrau des US-Vizepräsidenten, will nach Grönland. Die Regierung kritisiert den geplanten Besuch und wirft den USA mangelnden Respekt vor.
Inmitten von US-Präsident Donald Trumps wiederholten Drohungen, Grönland notfalls gewaltsam zu annektieren, reist eine ranghohe US-Delegation in das autonome dänische Territorium.
Wie die BBC berichtet, wird die Delegation von Usha Vance, der Ehefrau von Vizepräsident J. D. Vance, geleitet. Mit ihr reisen ab Donnerstag auch der nationale Sicherheitsberater des Weißen Hauses, Mike Waltz, und Energieminister Chris Wright.
Laut Informationen des Weißen Hauses, wird Vance historische Stätten besichtigen und am grönländischen Hundeschlittenrennen "Avannaata Qimussersu" teilnehmen. Der Besuch der "Second Lady" soll von Donnerstag bis Samstag andauern und die grönländische Kultur und Einheit feiern, so die Erklärung. Waltz wird laut einer Quelle schon vorher anreisen.
Die Reisepläne stoßen in Dänemark und Grönland auf heftige Kritik. Die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen warnte, Vances Besuch könne nicht losgelöst von Trumps öffentlichen Äußerungen über die rohstoffreiche Insel gesehen werden.
Grönlands Regierung: Kein Treffen mit US-Delegation
Auch Grönlands amtierender Regierungschef Múte B. Egede zeigte sich von dem Besuch nicht begeistert. Zwischen der US-Delegation und der geschäftsführenden grönländischen Regierung werde es kein Treffen geben, teilte er mit.
Zugleich stellte Egede klar, dass er den Besuch nicht als private Reise der US-amerikanischen Second Lady wahrnehme. "Ich kann gut verstehen, dass man sich Sorgen macht", schrieb er auf Facebook. Grönländer seien inakzeptabel behandelt worden, was unter Verbündeten nicht der Fall sein dürfe.
Egede bezeichnete besonders Waltz' Besuch als Provokation. "Was macht der Sicherheitsberater in Grönland? Der einzige Zweck ist, uns eine Machtdemonstration vorzuführen", sagte er der Zeitung Sermitsiaq.
Auch Grönlands voraussichtlicher nächster Premierminister Jens-Frederik Nielsen warf den US-Offiziellen gegenüber der Zeitung mangelnden Respekt gegenüber der lokalen Bevölkerung vor.
Trump hatte im Wahlkampf damit gedroht, Grönland notfalls mit Gewalt den Vereinigten Staaten einzuverleiben. Seit seinem Amtsantritt im Januar hat er seine Übernahmepläne für das arktische Inselgebiet mehrfach wiederholt.
Souveränität Grönlands muss respektiert werden
Frederiksen fordert nun die Beachtung der Souveränität Grönlands. "Wir wollen mit den Amerikanern zusammenarbeiten", sagte sie. "Aber das muss und soll eine Kooperation auf Grundlage der Grundwerte von Souveränität und Respekt zwischen Ländern und Völkern geschehen."
Der Dialog der dänischen Regierung mit den USA zu Grönland werde in enger Abstimmung mit der künftigen grönländischen Regierung stattfinden, versicherte die Ministerpräsidentin.
Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats des Weißen Hauses, Brian Hughes, sagte, das US-Team sei "zuversichtlich, dass dieser Besuch eine Gelegenheit bietet, Partnerschaften aufzubauen, die die Selbstbestimmung Grönlands respektieren und die wirtschaftliche Zusammenarbeit fördern".
Unabhängigkeitsbestrebungen in Grönland
Grönland, das 57.000 Einwohner zählt, gehört seit Jahrhunderten zum dänischen Königreich. Bis 1953 war die Insel eine dänische Kolonie und hat seitdem weitgehende Autonomie erlangt. Dazu gehört auch das Recht, die Unabhängigkeit zu erklären.
Das Verhältnis zwischen Grönland und Dänemark ist historisch alles andere als unbelastet. Die Grönländer kritisieren den anhaltenden Rassismus. Dieser drückte sich während der Kolonialzeit in Form von Zwangssterilisierungen – eine Praxis, die bis in die 1970er Jahre andauerte.
Auch das Verhältnis mit der EU ist angespannt, die Grönland beispielsweise bei Fischereiabkommen wenig entgegenkam. Daran scheiterte letzten Endes auch 1985 Grönlands Verbleib in der Wirtschaftsunion.
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Die Unabhängigkeitsfrage stand auch im Mittelpunkt der jüngsten Wahlen, bei denen Egedes regierende Inuit-Ataqatigiit-Partei überraschend von Nielsens Demokratischer Partei, die einen schrittweisen Ansatz zur Unabhängigkeit von Dänemark befürwortet, geschlagen wurde.
Zwar verfügt die Insel über erhebliche Mengen unerschlossener Bodenschätze. Die Wirtschaft hängt jedoch von der Fischerei und Zuschüssen aus Dänemark ab. Über Außen- und Verteidigungspolitik entscheidet weiterhin Kopenhagen.
Anfang des Monats erklärte Trump in einer Rede vor dem US-Kongress, er unterstütze nachdrücklich das Recht der Grönländer, ihre eigene Zukunft zu bestimmen. "Wenn Sie sich dafür entscheiden, heißen wir Sie in den Vereinigten Staaten von Amerika willkommen", sagte er.
Umfragen zufolge befürworten fast 80 Prozent der Grönländer die Unabhängigkeit von Dänemark. Eine noch größere Zahl lehnte jedoch in einer Meinungsumfrage im Januar die Vorstellung ab, Teil der USA zu werden.