Gute Wirksamkeit der Covid-19-Impfstoffe gegen schwere Krankheitsverläufe

Kombination von Impfung und Sars-CoV-2-Infektion: fast 100 Prozent Schutz gegen Hospitalisierungen und Todesfälle. Wirkung gegen erneute Corona-Infektion deutlich geringer. (Teil 2)

Im Teil 1 dieses Artikels sind die neuesten Daten aufgeführt, die zeigen, dass schwerwiegende Nebenwirkungen der Corona-Impfung wie anaphylaktische Reaktionen und Myokarditis sehr selten oder selten sind.

Der folgende zweite Teil beschäftigt sich mit der Wirksamkeit der Covid-19-Impfung.

Daten zur Wirksamkeit der Covid-19-Impfstoffe

Die Effektivität und Schutzdauer durch Impfung mit den zugelassenen Covid-19-Impfstoffen wird im Folgenden endpunkt- und populationsspezifisch dargestellt.

Untergliedert wird hierbei in die Effektivität und Schutzdauer nach derzeitig anzunehmender Basisimmunität in der deutschen Bevölkerung sowie die Effektivität nach einer weiteren Auffrischimpfung mit einem Varianten-adaptierten bivalenten Impfstoff.

Eine Zusammenfassung dieser Aspekte ist in dem Stiko-Artikel, auf den ich mich vor allem weiter beziehen werde, in Tabelle 8 auf S. 22 verfügbar.1

Schutzwirkung und Schutzdauer vor Sars-CoV-2-Infektionen-Effektivität einer Basisimmunität

Nach dem Auftreten der Omikron-Variante inklusive ihrer verschiedenen Sublinien, die durch eine deutlich leichtere Übertragbarkeit gekennzeichnet ist, hat die Zahl der Sars-CoV-2-Infektionen weltweit ab der Jahreswende 2021/2022 deutlich zugenommen.

Die Bevölkerung hat zum überwiegenden Teil bereits mindestens eine Sars-CoV-2-Infektion durchgemacht. Zur Beurteilung des Schutzes vor schweren Covid-19-Verläufen durch weitere Sars-CoV-2-Infektionen ist es somit notwendig, neben der alleinigen Impfstoffwirksamkeit auch den Schutz einer durchgemachten Infektion sowie den Schutz aus der Kombination von Covid-19-Impfung und Sars-CoV-2-Infektion zu berücksichtigen. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse können zukünftige Impfempfehlungen entwickelt werden.

Zur Beurteilung der Schutzwirkung und Schutzdauer vor schweren Covid-19-Verläufen wurde die Literatur hinsichtlich verschiedener Vergleiche von Infektion und Impfung nach 6-monatigen Zeitintervallen geprüft sowie der relative Zusatznutzen einer weiteren Auffrischimpfung mit einem Varianten-adaptierten bivalenten mRNA-Impfstoff ermittelt.

Die Daten wurden dabei nach Alters- und Indikationsgruppen stratifiziert (gleich und größer 60 Jahre, gleich und größer 18 bis 59 Jahre, kleiner als 18 Jahre, Bewohnende von Pflegeeinrichtungen, gleich und größer sechs Monate mit Grundkrankheiten, medizinisches und pflegendes Personal, Schwangere).

Als primäre Literaturquelle zur Beurteilung der Schutzwirkung der derzeit anzunehmenden Basisimmunität in der erwachsenen Bevölkerung wurde ein im Januar 2023 publizierter systematischer Review im Lancet herangezogen.2

Untersucht wurden die Schutzwirkung einer vorangegangenen Sars-CoV-2-Infektion und der Schutz der hybriden Immunität (Sars-CoV-2-Infektion und Covid-19-Impfung) gegenüber einer Sars-CoV-2-(Re-)Infektion und schweren Covid-19-Verläufen (Hospitalisierungen oder Todesfälle aufgrund von Covid-19).

Die Ergebnisse der systematischen Übersichtsarbeit zeigen, dass Erwachsene mit einer hybriden Immunität voraussichtlich über einen Zeitraum von mindestens zwölf Monaten gut gegen schwere Covid-19-Verläufe geschützt sind. Demnach betrug die ermittelte Schutzwirkung nach zwei Impfstoffdosen und mindestens einer Sars-CoV-2-Infektion im Vergleich zu Immunnaiven zwölf Monate nach dem letzten immunologischen Ereignis 97,4 Prozent.

Im Vergleich dazu wurde für Personen, die bislang ausschließlich gegen Covid-19 geimpft waren, aber noch keine Sars-CoV-2-Infektion durchgemacht hatten, eine um bis zu 30 Prozent niedrigere Schutzwirkung bereits nach sechs Monaten festgestellt.

Zur weiteren Beurteilung von Personen mit erhöhtem Risiko für schwere Verläufe (d. h. infolge einer Grundkrankheit und einschließlich Bewohnende von Pflegeeinrichtungen) wurde am Robert-Koch-Institut (RKI) ein weiterer systematischer Review durchgeführt. Die Literatursuche wurde in der Covid-19 LOVE (Living OVerview of Evidence)-Datenbank bis zum 12. September 2022 durchgeführt.

Abhängig von der Auswirkung der Grundkrankheit auf die Immunkompetenz wird eine mäßig bis stark reduzierte Schutzwirkung im Vergleich zu gleichaltrigen gesunden Personen angenommen.

Auch zur Beurteilung der Schutzwirkung durch Covid-19-Impfung und/oder vorangegangener Sars-CoV-2-Infektionen bei Kindern und Jugendlichen wurde auf Ergebnisse aus systematischen Reviews zurückgegriffen.

Zusammengefasst zeigen die Daten nach Abschluss einer Grundimmunisierung mit zwei Impfstoffdosen eine Impfstoffwirksamkeit von gleich bzw. größer 75 Prozent bei Fünfjährigen bis 17-Jährigen gegen beide Endpunkte (Hospitalisierung und Tod).

Daten zum Schutz einer Auffrischimpfung, zur hybriden Immunität oder zur Schutzdauer gegen schwere Covid-19-Verläufe oder PIMS (Pedriatric Inflammatory Multisystem Syndrome) nach Infektion mit der Omikron-Variante sind nicht bekannt.

Beim PIMS handelt es sich bekanntlich um eine seltene, jedoch schwere Erkrankung bei Kindern und Jugendlichen. Betroffene leiden aufgrund heftiger Entzündungen beispielsweise an starken Bauchschmerzen und anhaltendem Fieber. Das Syndrom gilt als sehr seltene Folge einer durchgemachten Coronavirusinfektion.

Es ist jedoch davon auszugehen, dass auch bei Kindern und Jugendlichen der Schutz durch eine hybride Immunität im Vergleich zur Covid-19-Impfung allein höher ist und über einen längerfristigen Zeitraum anhält. Für Kinder im Alter von sechs Monaten bis unter fünf Jahre sind keine Daten zum Schutz gegen schwere Covid-19-Verläufe oder PIMS verfügbar.

Für Neugeborene und Säuglinge jünger als sechs Monate sind bislang keine Covid-19-Impfstoffe zugelassen. Die Datenlage zeigt jedoch, dass durch eine Impfung in der Schwangerschaft ein relevanter Nestschutz gegen duch Covid-19 bedingte Hospitalisierungen erzielt werden kann.

Die Schutzwirkung ist hierbei nach Auffrischimpfung höher als nach Grundimmunisierung. In den identifizierten Studien waren jedoch nur Schwangere eingeschlossen, die während der Schwangerschaft geimpft wurden.

Ob Neugeborene von Müttern, die bereits vor der Schwangerschaft geimpft wurden, ebenfalls ein reduziertes Covid-19-bedingtes Hospitalisierungsrisiko aufweisen, kann anhand der Datenlage nicht beantwortet werden.