Gysi zur Krise der Linken: "Abgeordnete werden ohne Sahra keine Konsequenzen ziehen"

Seite 3: "Kriegen keine Partei ohne Sahra zustande"

Glauben Sie also, dass die Linke die einzige Partei ist, die diese Repräsentationslücke bei der sozialen Frage füllen könnte – und nicht eine Partei um Frau Wagenknecht?

Gregor Gysi: Ja, wobei das vorübergehend anders erscheinen kann, wie bei Sahras Sammlungsbewegung Aufstehen. Da haben sich alle über die vielen Unterschriften gefreut. Ich habe aber schon damals gesagt, dass das so schnell sterben wird, wie es entstanden ist.

Wenn sich aber nur ein kleiner Teil von der Linken abspalten würde, wäre es doch vielleicht sogar eine Chance für Ihre Partei. Sie könnte sich endlich ungehindert neu ausrichten, enttäuschte Grünen-Wähler gewinnen, nicht nur bei der Klima-, sondern auch bei der Migrationspolitik.

Gregor Gysi: Das ist der Traum von einigen Funktionären. Ich glaube aber, dass sie sich da Illusionen machen. Die Stärke meiner Partei liegt nicht darin, dass sie eine Einheitspartei wird. Das war sie zu DDR-Zeiten.

Wird die Bundestagsfraktion der Linken nicht ohnehin zerbrechen?

Gregor Gysi: Nein, wieso?

Nachdem sich das Wagenknecht-Lager so deutlich abgesetzt und die Fraktion sich zerstritten hat, wird man doch auch ohne neue Partei wohl kaum weitermachen können.

Gregor Gysi: Also meines Erachtens werden diese Abgeordneten ohne Sahra keine Konsequenzen ziehen. Auch eine Partei kriegen sie ohne Sahra nicht zustande. Das können sie vergessen. Aber sicherlich hängt die Zukunft der Fraktion auch daran, wer sie künftig anführen wird, ob man Kompromisse findet.

Dafür wären Sie doch eigentlich ein geeigneter Kandidat. Zumindest als ein Fraktionschef auf Zeit, der integriert und mit den meisten im Gespräch ist.

Gregor Gysi: Ich bin 75, hatte drei Herzinfarkte. Es reicht, ich bitte Sie.

Der Frankfurter Allgemeinen Zeitung haben Sie gesagt, dass Sie sich – da Sie nicht mehr außenpolitischer Sprecher der Linken sein wollen – für eine Enquete-Kommission einsetzen werden, die die Corona-Politik aufarbeiten soll. Womöglich würden Sie dort mit Wolfgang Kubicki von der FDP sitzen, dem das Gleiche vorschwebt. Auch das könnte herausfordernd für Sie werden.

Gregor Gysi: Das stimmt, aber es wäre eine neue konkrete Aufgabe. Da muss ich nichts mit niemandem zusammenführen. Wenn der CDU-Abgeordnete etwas anderes will als die SPD-Abgeordnete, ist das für mich nichts Neues. Wir müssen die Corona-Pandemie rekapitulieren, es gibt da eine gewisse Unruhe in der Gesellschaft. Was war richtig, was war überzogen? Wo hat der Staat zu stark eingegriffen, und welche Folgen hat es für Kinder, die nicht in die Schule gehen konnten? Das müssen wir uns ansehen, bevor die nächste Pandemie kommt.

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