Hans im Glücksspiel

Verbotene Casinowerbung nun per Postkarte

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Spam per Email ist wegen seiner schieren Menge so lästig - die meisten Leute bekommen inzwischen mehr Spam als echte Emails in ihr Postfach, teils liegt das Verhältnis schon über 10:1. Unverlangte Email ist in Deutschland verboten, wird dann aber halt kurzerhand aus dem Ausland verschickt.

Gleiches gilt für unerwünschte Faxwerbung, zumal diese Papier und Toner oder Tinte verbraucht und damit gerade bei Privatleuten mit im Verbrauch teuren Tintenstrahl-Faxen großen Ärger auslöst, von der Gefahr bei Geschäftsleuten ganz abgesehen, dass wegen des Werbefaxes die Leitung im falschen Moment blockiert ist oder das Papier ausgeht und so Bestellungen, Abmahnungen oder andere brenzlige Dinge untergehen. Nach etlichen Verfahren des Abmahnprofis Steinhöfel, die allerdings immer nur auf die Bewerbung einer 0190-Nummer abzielen und nicht auf das Gespamme selbst, scheint diese Plage endlich wieder leicht abzuflauen, wenn auch noch lange nicht ausreichend: Die Müllfaxer umgehen nun lediglich die 0190-Nummer.

Immer mehr zu nehmen auch die Telefon-Werbeterroristen, die einen garantiert aus der Badewanne, von der Leiter beim Anstreichen oder vom stillen Örtchen klingeln, vom Arbeitsplatz ganz abgesehen, wo der ungewollte Anruf mit etwas Pech auch noch zu einem Rüffel des Chefs führt: "Sie sollen hier doch keine Privatanrufe entgegennehmen, wie oft muss ich Ihnen das denn noch sagen?!?!"

Profi-Telefonterror

Natürlich ist auch der Telefonanruf ohne vorherige Geschäftsbeziehung verboten. DKV-Vertreter holten sich da schon vor Jahren dicke Abmahnungen, als sie teils ganze Firmen durchtelefonierten, dabei neue Verträge verkaufen wollten und ausgerechnet bei denjenigen, die schon Kunde waren, wo also der Anruf erlaubt gewesen wäre, wieder auflegten. Dass mittlerweile auch Headhunter nicht mehr am Arbeitsplatz anrufen dürfen, freut die Firmenchefs, die Angestellten weniger. Doch sonst nervt das Geklingel nur.

Inzwischen rufen Computer einfach alle vorhandenen Anschlüsse durch und verlangen, dass man mit einem Tastendruck oder einem "Ja" bestätigt, dass man an einem Gewinnspiel mitmachen will, um so dem Verbot zu entgehen. Aus dem gleichen Grund wird auch behauptet, man rufe aus Italien an, man habe schon einen (ebenso unverlangten) Brief vorab geschickt (wer weiß schon, was er im letzten Monat alles aus dem Briefkasten direkt in den Müll befördern musste) oder man habe die Adresse von einem Lottoschein. Peinlich nur, wenn der Angerufene nie Lotto gespielt hat - "dann muss ein Freund für Sie einen Schein abgegeben haben". Ah ja, wo finde ich denn nur solche Freunde, die für mich Lottoscheine aufgeben?

"Wie finden Sie das Fernsehprogramm?" - "Na zu mies zum Angucken!"

Für Meinungsforscher scheint das Anrufverbot dagegen nicht zu gelten. Immer wieder soll man nach dem Fernsehprogramm befragt werden, was sich angesichts der Tatsache, dass gar kein Fernsehgerät im Haushalt ist, dann ausgesprochen zäh gestaltet - ob etwa die GEZ hinter diesen Anrufen steckt? Oder man wird im Büro zu Firmen befragt, über die man schreibt. Nur wenige Wochen später will das Meinungsforschungsinstitut dann die gerade erst erfragten Weisheiten für teures Geld der Redaktion verkaufen, wenn man sich auf diesen professionellen Zeitdiebstahl eingelassen hat.

Ja selbst, wenn man für Testzwecke mal eben an der ISDN-Anlage einen Apparat anschraubt und mit diesem auf einer unbenutzten Nummer wählen will, klingelt dieser bereits los und ein Meinungsforscher gibt zu, dass er mit dem Computer alle Nummern durchwählt, was erklärt, warum kurz zuvor das Faxgerät randaliert hat. In den USA, wo die Anrufplage noch viel verbreiteter ist, wird deshalb von vielen Leuten die Telefonklingel komplett abgestellt und nur noch abgehoben, wenn aus dem lautgestellten Anrufbeantworter eine bekannte Stimme ertönt.

Freunde in der Spielbank

Das einzige, was nicht verboten ist, ist die Werbung per Briefpost. Diese ist für den Werbenden am Teuersten, was die Flut schon mal etwas eindämmt, und verursacht beim Empfänger auch keine Kosten außer der Zeit, die Post zu sortieren. Die Werbung wird nämlich seit jeher gerne als Privatpost getarnt, damit man zumindest jeden Umschlag einmal aufreißen muss. Doch auch andere Methoden werden nun vom Email-Spam auf die Briefpost übertragen, so das Bewerben in Deutschland illegaler Inhalte wie Online-Glücksspiel und der gefälschte Absender. Ein Hans aus Oberursel behauptet so in gedruckter Schreibschrift , in der nahegelegenen Spielbank Bad Homburg eben diese Postkarten zum Verschicken bekommen zu haben, um ein Online-Casino zu bewerben.

Warum eine deutsche lizensierte Offline-Spielbank Postkarten für ein in Deutschland nicht lizensiertes Online-Kasino in Curacao auf den niederländischen Antillen verteilen sollte, ist ebenso unklar wie, warum die irgendjemand verschicken sollte. Und natürlich kenne ich auch keinen Hans in Oberursel. Aber nachdem der Kommerz ja auch beim Postabholen längst Vorrang vor der Privatsphäre hat (Email-Klau über den Weg des Domainklaus ist legal), wundert dies nicht wirklich.