Hilfe, mein Schreibtisch pfeift!

Das "irritable Desk Syndrome"

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Bedauernswerte Schreibtischtäter. Sie leisten am Computer gefährliche Schwerstarbeit, die ihnen Augenleiden, Erkrankungen der Gliedmaßen, - einschließlich Schultern, Nacken, Handgelenk, Ellenbogen - Strahlenschäden und Aggressionsprobleme (vgl. Unschuldige Rechner, bis auf den Saft gequält) einbringt.

Neben der RSI-Krankheit und den auch durch ergonomische Lösungen kaum zu vermindernden Symptomen, die als "Work-related Neck and Upper Limb Musculoskeletal Disorders" (WRULDs) bekannt sind (vgl. Den Armen die Freiheit!), hat eine Studie nun ein weiteres Symptombild ausgemacht, das "Irritable Desk Syndrome" (IDS).

Wahrscheinlich ist der US-amerikanische Präsident ein zutiefst ordnungsliebender Mensch. Nur deshalb konnte er kürzlich so locker scherzen, er frage sich, ob unter seinem Schreibtisch ein paar Massenvernichtungswaffen rumlägen, von denen er nichts wisse. Jemand, dessen Arbeitsplatz einer Zentraldeponie von Altpapier, Plastik und Sonderabfällen ähnelt, hat für solcherlei Scherze weder Zeit noch Nerven. Zumal er nicht mal genau weiß, was für Bomben sich auf seinem Schreibtisch befinden. Wenn er Pech hat, wird als nächstes das IDS-Syndrom hochgehen.

Denn eine von BBC gestern vorgestellte Studie will herausgefunden haben, dass Unordnung auf dem Schreibtisch krank macht. "Deskologe" Nigel Robertson von der Firma Open Ergonomics warnt, dass mit Papieren und anderen Dingen überhäufte Schreibtische ein ernstes Gesundheitsproblem darstellen:

Was den meisten nicht klar ist: Schreibtisch-Symptome eskalieren sehr schnell von latenter Unzufriedenheit zu chronischem Schmerz, welcher die Karriere beenden und die Lebensqualität in vieler Hinsicht beeinträchtigen kann.

Der unaufgeräumte Schreibtisch als Krankmacher, wer hätte das geahnt. Hat nicht mal jemand gesagt, "Nur aus Unordnung kann etwas Vernünftiges entstehen"? Und was ist mit dem schönen Satz "Das Chaos will anerkannt, will gelebt sein, ehe es sich in eine neue Ordnung bringen lässt"? Nun, die "Schreibtischologen" widersprächen ihm energisch:

Die zwei wichtigsten Dinge, die man tun muss, um produktiver am Schreibtisch zu arbeiten: schieb es (das Aufräumen) nicht auf, handle jetzt und heute und mach es selbst - warte nicht darauf, dass jemand anders es für dich tut.

2000 Menschen sind im Rahmen der Studie befragt und untersucht worden, auf den Ergebnissen beruht das Werk "Deskology", ein Ratgeber, der helfen soll, den Arbeitsplatz besser zu gestalten. Neben regelmäßigen Pausen und einer persönlicheren Atmosphäre heißt der wichtigste Tipp: Aufräumen. 67 Prozent der Befragten sagten aus, sie fühlten sich heute wesentlich abhängiger von ihrem Schreibtisch als vor zwei Jahren. Liegt hier Suchtgefährdung vor? 40 Prozent sind genervt, weil auf ihrem Schreibtisch zu viel rumliegt, finden aber keine Zeit, ihn aufzuräumen. Ein Problem, das man auch vom Desktop kennt, dessen Zustand übrigens angeblich noch mehr über einen Menschen sagt als der reale Schreibtisch (vgl. Keine Wallpaper, ein wüstes Durcheinander von Icons und ein chaotisches Startmenü).