Historisches SETI-Signal ohne Kosmogramm
Seite 2: Wir waren alle erstaunt!
Für die erste Sichtung des Datenmaterials war Jerry Ehman verantwortlich, der die Ausdrucke der aufgezeichneten Signaleingänge stets zu Hause analysierte. Auch in der dritten Augustwoche des Jahres 1977 arbeitete er daheim in seiner Küche, um den Datenberg abzutragen, der sich in den letzten drei Tagen angehäuft hatte. Reine Routinearbeit, die er zuvor schon tausende Male erledigt hatte. Das von Robert Dixon ausgearbeitete Format, das Ehman auf dem Computerpapier sah, diente der Übersichtlichkeit. Es bestand aus fünfzig Spalten, von denen jede einen der insgesamt 50 Kanäle repräsentierte. Bei einer Spalte hielt der engagierte Astronom jedoch plötzlich inne:
"Als ich mir den Computerausdruck vom 15. August 1977 anschaute, sah ich in den Daten das stärkste Schmalband-Signal, das ich jemals gesehen hatte. (…) Ich war so erstaunt über das starke Signal, dass ich auf dem Computerpapier mit roter Tinte die Bemerkung 'Wow!' notierte", so Jerry Ehman über das denkwürdige Ereignis.
Nachdem er die restlichen Bits und Bytes studiert hatte, traf er am nächsten Tag mit John Kraus, Robert Dixon und Richard Arnold am Campus zusammen. Gemeinsam überprüften sie das Buchstaben- und Zahlenwirrwarr auf dem Papier, woraufhin eine heftige Diskussion über die potentielle Herkunft des starken Pulses entfachte. "Wir waren alle erstaunt", so Ehman. Die Aufregung war damals sehr groß. Denn vier Jahre lang schwieg der Computer und Datenschreiber des Ohio-SETI-Programms beharrlich. Doch mit einem Male drängte sich ein Signal auf, das die Hintergrundstrahlung mit hoher Energie überstrahlte.
Um auszuschließen, dass die detektierte starke Quelle natürlichen Ursprungs war, studierten Ehman und seine Kollegen die Fachliteratur. Sie reflektierten die neuesten Ergebnisse und richteten ihr Augenmerk auf alle bekannten katalogisierten starken kosmischen Radioquellen. Im Rahmen von 50 weiteren Suchläufen versuchten sie das Signal erneut einzufangen - jedoch ohne Erfolg. "Nach Wochen geduldigen Observierens verlagerten wir dann unsere Untersuchung auf andere Ausschnitte des Sternhimmels", erinnert sich John Kraus.
Nur über die Koordinaten der Signalquelle herrschte Klarheit. Diesen zufolge musste diese im Sternbild Schütze (Sagitarrius) lokalisiert sein. Vermutlich kam das suspekte Signal aus einem Bereich der Galaxis mit sehr hoher Sternendichte und war in einer Region nahe dem Milchstraßenzentrum beheimatet.
Sehr schmalbandig und stark
Mysteriös war das Schmalbandsignal aufgrund seiner Charakteristika allemal. Schließlich offenbarte es sich in einem Frequenzbereich, der geringer als 10.000 Hertz war. Und es stimmte seine kurze Sinfonie nur auf einem der 50 observierten Kanäle an, so als wollte es nicht im Rauschkonzert des Äthers untergehen. Solcherlei Signale sind bei SETI-Forschern sehr beliebt, erhöhen sie doch die Wahrscheinlichkeit grundlegend, künstlichen Ursprungs zu sein. Spannend an dem Störfeuer war auch die Tatsache, dass es sich über eine Zeitspanne von 72 Sekunden erstreckte, also genau das Zeitfenster ausfüllte, in dem sich das "Große Ohr" mit der Erdumdrehung durch den Empfangsbereich des Signals bewegte.
Während dieses Zeitraums blieb die durchschnittliche Signalstärke bei jedem Intervall konstant. Auffallende Modulationen im Signalmuster konnten die Forscher nicht feststellen. Beeindruckend war jedoch, dass es im Gegensatz zum Strahlungshintergrund des Wasserstoffs 30 Mal stärker emittierte. Fernerhin pulsierte es auf einer Frequenz von 1420,456 Megahertz, also just in dem Radiofensterbereich, in dem irdische Satelliten und andere künstliche Quellen aus Rücksicht auf radioastronomische Forschungen nicht senden sollten, weil dort der neutrale Wasserstoff strahlt, das häufigste Element im Universum, dessen Bedeutung hochtechnisierte außerirdische Kulturen kennen sollten.
"Die Art und Weise, wie es durch den Teleskopstrahl kam, zeigte, dass es sich mit den Sternen bewegte und daher tatsächlich außerirdischer Natur sein musste, nicht so wie ein eindringendes Flugzeug oder eine Raumsonde. Das ultimative Intelligenzmerkmal aber war die Art, wie sich das Signal selbst an- oder ausschaltete, während es sich im Teleskopstrahl befand", konstatiert Frank Drake, der sich eingehend mit dem 'Wow'-Signal beschäftigt hat.
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