Hohes Maß an Umweltbewusstsein vorhanden, aber Klimapolitik mangelhaft

Energie und Klima – kompakt: Umweltbundesamts bescheinigt Deutschen hohes Maß an Umweltbewusstsein. Viele vermissen beim klimafreundlichen Umbau die soziale Gerechtigkeit.

Nach der Rekordhitze im Juli wurden Teile Chinas in der vergangenen Woche von heftigen Regenfällen und Überschwemmungen heimgesucht. Die Hauptstadt Peking erlebte die stärksten Niederschläge seit 140 Jahren, wie der chinesische Wetterdienst mitteilte.

Besonders betroffen von den Überschwemmungen ist die Peking umgebende Provinz Hebei, wo nach Presseberichten mindestens 30 Menschen ums Leben kamen und 1,5 Millionen Menschen evakuiert werden mussten. Die Wassermassen brachte der Taifun Doksuri mit sich, der am 28. Juli in der Provinz Fujian auf die Küste traf.

Auch in Teilen Europas führten heftige Regenfälle zu Überschwemmungen, Erdrutschen und damit zu Zerstörungen. In Slowenien kam es Ende der Woche zu schweren Überschwemmungen mit mehreren Toten, laut Ministerpräsident Robert Golob sind zwei Drittel des Landes von Unwetterschäden betroffen. Nach einem Dammbruch am Fluss Mur mussten Dörfer evakuiert werden.

Auch das benachbarte Österreich leidet unter starken Regenfällen, es kam zu Erdrutschen und Menschen mussten ihre Häuser wegen der Erdrutschgefahr verlassen.

Weltweit sind Wetterextreme im Wechsel von Hitze und Starkregen kaum noch zu übersehen. So verwundert es nicht, dass eine überwältigende Mehrheit der Bundesbürger angibt, dass die Auswirkungen des Klimawandels bereits deutlich spürbar sind. Schließlich liegt das tödliche Hochwasser im Ahrtal auch erst zwei Jahre zurück.

In einer Umfrage des Umweltbundesamtes (UBA) zum Klima- und Umweltbewusstsein gaben 85 Prozent der Befragten an, dass die Auswirkungen des Klimawandels bereits stark spürbar sind. Zunehmend werden auch Gesundheitsgefahren durch den Klimawandel befürchtet.

"Gaben 2016 noch 59 Prozent der Befragten an, dass die Klimafolgen ihre Gesundheit sehr stark oder stark beeinträchtigen könnten, waren es 2022 bereits 73 Prozent", schreibt das Umweltbundesamt.

Für die Umweltbewusstseinsstudie werden alle zwei Jahre Bundesbürger ab 14 Jahren repräsentativ befragt.

Als wichtige Anpassungsmaßnahmen nennen 68 Prozent die Verbesserung des Wasserrückhalts, etwa durch Renaturierung, und 52 Prozent wünschen sich einen besseren Schutz der Bevölkerung vor Hochwasser.

Bei den Umweltthemen, die die Bevölkerung bewegen, stehen Plastikverschmutzung und mangelnde Kreislaufwirtschaft ganz oben. Immerhin 84 Prozent halten es für wichtig bis sehr wichtig, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen. Ebenso viele halten den Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energien für wichtig bis sehr wichtig.

Auch ein umwelt- und klimaverträglicher Umbau der deutschen Wirtschaft wird allgemein befürwortet, nur 9 Prozent der Befragten sprechen sich dagegen aus.

Bei der Frage, wie weit dieser Umbau gehen soll, gehen die Meinungen allerdings weit auseinander. 35 Prozent halten die Politik der Bundesregierung in diesem Bereich für angemessen, 41 Prozent geht sie nicht weit genug und 18 Prozent gehen die politischen Maßnahmen zu weit.

Was aber noch weniger für die bisherige Klima- und Umweltpolitik der Bundesregierung spricht: 74 Prozent der Befragten glauben, dass ein ökologischer Umbau der Wirtschaft die Einkommensschere weiter öffnen wird und 81 Prozent befürchten dadurch höhere Lebenshaltungskosten.

Vor allem bei älteren Menschen zwischen 50 und 64 Jahren sowie bei Personen mit niedrigerem Bildungsabschluss oder geringerem Einkommen ist der ökologische Umbau der Wirtschaft mit Ängsten verbunden. Zudem ist die Unsicherheit in diesem Bereich in Ostdeutschland größer als in Westdeutschland.

Diese Ergebnisse zeigen eine zentrale Erkenntnis der Umweltbewusstseinsstudie 2022: Die Wirtschaft muss nicht nur ökologisch, sondern gleichzeitig sozial gerecht umgestaltet werden. Es braucht einen sozial-ökologischen Wirtschaftsumbau, der auch berufliche Perspektiven für Menschen mit einfacher Bildung, aus unteren Einkommensgruppen und aus wirtschaftlich weniger starken Regionen bietet.

Umweltbundesamt

Das hohe Bewusstsein für die Klimakrise und die Unzufriedenheit mit der aktuellen Klimapolitik führen aber offenbar nicht dazu, dass alle Protestformen der Klimabewegung unterstützt werden. So sprach sich Ende Juni eine große Mehrheit gegen die Straßenblockaden der "Letzten Generation" aus.

Ob sich der Strategiewechsel, die hohen Emissionen der Reichen stärker zu thematisieren, positiv auf die Wahrnehmung der Bewegung auswirken wird, bleibt abzuwarten.

Um Strategien ging es auch beim "System Change Camp", das am Sonntag in Hannover endete. Nach Angaben der Veranstalter vom Bündnis "Ende Gelände" kamen dort über 1.000 Aktive aus der Klimagerechtigkeitsbewegung zusammen.

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