Im Osten nichts Neues

Seite 2: Kann nichtmilitärischer Einfluss von außen entscheiden?

Der Westen vertraut bislang auf die Wirkung der Sanktionen gegen Russland. Die haben aber bisher den westlichen Staaten ebenso geschadet wie Russland selbst. Zwar zeigen sich massive negative Auswirkungen in Russland, die durch die künstlich herbeigeführte Energieknappheit und Preisexplosion eingetretenen Auswirkungen sind zumindest in Westeuropa ebenso gravierend.

Die USA haben es geschafft, sich aufgrund ihrer weitgehenden Energieautonomie von dieser Krise nicht nur abzukoppeln, sie verdienen sogar mittlerweile an ihr.

Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine war die Hoffnung im Westen groß, dass auch politische Führungen in Afrika und dem Nahen Osten das Vorgehen der transatlantischen Verbündeten mittragen würden. Doch genauere Analysen offenbaren, wie sehr sich die Wahrnehmungen und Interessenlagen dieser Akteure von denen der westlichen Staatengemeinschaft unterscheiden. Es ist nach drei Gruppen zu unterscheiden:

  1. Die westlichen Sanktionen werden weitgehend unterstützt. Hier findet sich z.B. Ägypten.
  2. Die westlichen Sanktionen werden mehr oder minder deutlich unterlaufen. Hier finden sich z.B. Israel, Kenia, die arabischen Staaten, Südafrika.
  3. Die westlichen Sanktionen werden weitgehend ignoriert, im Gegenteil wurden Lieferlücken massiv genutzt, um den Handel mit Russland auszuweiten. Hier finden sich z.B. der Iran und die Maghrebstaaten.

Fazit: Was an Handelsmöglichkeiten in Richtung Westen entfällt, wird aktuell durch den Ausbau anderer oder das Knüpfen von neuen Lieferverträgen ausgeglichen. Auch Indien und China beteiligen sich in keiner Weise an Boykottmaßnahmen, noch fordern sie gegenüber ihren Verbündeten deren Unterstützung. Wenn auch die Absatzwege (z.B. Pipeline für Erdgas) zu den neuen Partnern fehlen, finden sich Ersatzmöglichkeiten bei neuen Abnehmern.

Wirklich schizophren wird es, wenn es offensichtlich gelingt, dass Russland gefracktes Flüssigerdgas (als Ersatz für die gestoppten Pipeline-Lieferungen) in die EU liefert, zu wesentlich höheren Preisen.

Stärkung der USA, Schwächung Europas

Das Decoupling zwischen den westlichen Volkswirtschaften und den autoritären Regimes in Russland und China schwächt Europa und stärkt die Exportnation USA ebenso wie das Sanktionsregime gegen Russland.

Letzteres führte auf Drängen der USA dazu, dass die Energielieferungen, die Zahlungssysteme und jegliche Produktionsstätten in Russland ausgeschaltet und ersetzt werden müssen, z.B. russisches Pipelinegas durch Flüssig-Frackinggas aus den USA. Das bedeutet für die Volkswirtschaft der USA eine Stärkung.

Durch die gestiegenen Energiepreise und die vollen Auftragsbücher der US-Rüstungsfirmen hat sich dieser Krieg für die USA finanziell schon gelohnt. Die drei größten US-Öl- und Gaskonzerne, ExxonMobil, Chevron und ConocoPhillips, erwirtschafteten im ersten Quartal des Jahres 16 Milliarden Euro Gewinn. Die Aktien der Rüstungskonzerne Lockheed Martin (plus 24 Prozent), Northrop Grumman (plus 18 Prozent) und Raytheon (plus 6 Prozent) schießen seit Anfang des Jahres in die Höhe.

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