Internationales Abkommen über den Handel mit genetisch veränderten Organismen gescheitert

An der Spitze des Widerstands gegen das Abkommen standen die USA

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Die USA haben es einmal wieder geschafft, zusammen mit einigen Verbündeten der sogenannten Miami-Gruppe (USA, Kanada, Australien, Argentinien, Chile und Uruguay), allesamt Getreideexportländer, ein internationales Abkommen wegen nationaler Geschäftsinteressen zu torpedieren. Nach neuntägigen Verhandlungen von Vertretern aus 174 Ländern im kolumbianischen Cartagena über ein Zusatzprotokoll zum Artenschutzabkommen - das die USA nicht unterzeichnet hat - , das internationale bindende Regeln für den Handel mit genetisch veränderten Organismen (GMOs) enthält, wurde zwar beschlossen, in kleinerem Kreis weiter zu verhandeln, doch steht zu erwarten, daß ein mögliches Abkommen im Kampf zwischen den Export- und Importländern dann noch weiter verwässert werden könnte.

Als überlegene und in der Biotechnologie führende Wirtschaftsmacht, deren Regierung unter erheblichem Druck durch Firmen wie Monsanto steht, will sich die USA, ebenso wie etwa bei Abkommen über Waffen oder der Einrichtung eines Internationalen Gerichtshofs, keinen internationalen Vereinbarungen unterwerfen, um ihre Vormachtstellung zu sichern. Obgleich die USA als Nichtunterzeichnerin des Artenschutzabkommens in Cartagena nur einen Beobachterstatus innehatte, gelang es deren Vertretern mit der Miami-Gruppe einen hinreichend großen Widerstand gegen die Vereinbarung zum Handel mit GMOs zu organisieren und sich trotz aller Bemühungen nicht kompromißbereit zu zeigen.

Das Abkommen hat das Ziel, potentielle Risiken aus dem grenzüberschreitenden Handel mit GMOs, die mit biotechnologischen Mitteln hergestellt wurden, zu reduzieren. "Wir brauchen ein weithin anerkanntes Protokoll", so Klaus Töpfer, Direktor von UNEP, "das die Umwelt schützt, die Möglichkeiten der Entwicklungsländer vergrößert, Biosicherheit zu gewährleisten, bereits bestehende nationale Gesetze ergänzt und das öffentliche Vertrauen in die Biotechnologie und die Vorteile, die aus ihr erwachsen, stärkt." Bislang gibt es noch keine bindenden internationalen Abkommen über GMOs, die durch Handel oder Freisetzungen Grenzen überschreiten. Noch ist allgemein kaum bekannt, wie GMOs mit Ökosystemen interagieren, so daß die Verhandlungen davon ausgingen, die Einführung von GMOs nicht schneller als die wissenschaftliche Erkenntnis über die Folgen vor sich gehen zu lassen, zumal die meisten Entwicklungsländer nicht die technischen, finanziellen und institutionellen Möglichkeiten haben, Sicherheitsmaßnahmen durchzuführen und durchzusetzen. Die Verhandlungsversion des Abkommens sah vor, daß einführende Länder wissenschaftlich korrekte Risikoeinschätzungen verlangen, ein Genehmigungsverfahren nach einer vorhergehenden Deklarierung durchführen und auch den Import verbieten können.

Die USA als führende Exportnation von GMOs wollten nicht nur zusammen mit den anderen Ländern der Miami-Gruppe alle landwirtschaftlichen Produkte ausgenommen sehen - genetisch veränderte Sojabohnen und Getreidearten machen bekanntlich 90 Prozent des Welthandels mit GMOs aus! -, sondern das Abkommen auch auf GMOs beschränken, so daß Erzeugnisse mit Bestandteilen von GMOs davon nicht betroffen wären. Zu restriktiv waren den USA auch international verbindliche Regeln des Handels. Jedes Land sollte aufgrund nationaler Gesetze die Risikoeinschätzung vornehmen und den Import bewilligen. Weil es aber in vielen Ländern gar keine Gesetze für biotechnologische Produkte gibt, könnte dies natürlich bedeuten, daß gerade die Entwicklungsländer keine Möglichkeiten haben, unkontrollierten Importen von GMOs entgegenzutreten, weil sie sich dafür auf keine internationalen Vereinbarungen berufen können.

Nicht einverstanden sind die USA auch mit der Kennzeichnung von LMOs und Erzeugnissen aus GMOs. Am liebsten sähe man es wohl, wenn weder die einführenden Länder noch die Kunden Kenntnis davon haben, ob sie nun genetisch veränderte Organismen oder Erzeugnisse kaufen oder nicht. Und natürlich wollten die USA vor allem, daß das Abkommen über Biosicherheit andere Abkommen der Welthandelsorganisation (WTO) über den internationalen Handel nicht einschränkt, was im Klartext bedeutet, daß Themen des freien Handels stets Vorrang hätten vor dem Schutz der Umwelt. Die Länder der EU und die Entwicklungsländer waren hingegen der Meinung, daß die Biosicherheit die gleiche Wichtigkeit wie ökonomische Überlegungen haben sollte.

Das Scheitern zeigt, daß die internationale Gemeinschaft - und vor allem die USA - nicht in der Lage sind, die moderne Biotechnologie, wie dies Klaus Töpfer forderte, zu gebrauchen und gleichzeitig für mögliche Risiken die Verantwortung zu übernehmen. Der One World News Service kommentiert das Scheitern so: "Die Handelsinteressen von nur sechs Ländern mit einer Gesamtbevölkerung von 500 Millionen Menschen haben ein Protokoll blockiert, das eine Grundlage für einen sicheren Transport, Umgang und Gebrauch von GMOs in allen Ländern der Erde (6,5 Milliarden Konsumenten) geschaffen hätte." Greenpeace wirft den USA vor, aus Geschäftsinteressen das Abkommen torpediert zu haben: "Die USA scheint, unter dem Druck von kommerziellen Interessen von Unternehmen wie Monsanto stehend, willens zu sein, die Artenvielfalt der Welt zu bedrohen und alle internationalen Sicherheitsmaßnahmen beim Handel mit GMOs zu unterlaufen", so Louise Gale von Greenpeace.

Offenbar scheint auch Großbritannien, wie BBC meldet, die USA unterstützt zu haben, obgleich im eigenen Lande gerade eine heftige Diskussion über genetisch veränderte Lebensmittel schwelt und die britische Regierung die Kennzeichnung von Lebensmitteln mit GMOs zugesagt hat. Doug Parr von Greenpeace UK sieht mit dem Scheitern die Gefahr eingehen, daß viele Millionen Menschen keine Entscheidungsmöglichkeiten darüber haben werden, was sie essen wollen.