Israel-Palästina-Konflikt: Beerdigen UNRWA-Vorwürfe die Hoffnung auf Koexistenz?

Seite 2: Israelische Forderungen und US-Reaktionen

So hat Benjamin Netanjahu in der Vergangenheit die USA mehrfach dazu aufgefordert, ihre Unterstützung für das Hilfswerk zurückzufahren. Der ehemalige Präsident Donald Trump ist diesem Aufruf gefolgt, was Netanjahu mit entsprechender Wertschätzung quittierte.

Denn wie der Premier kürzlich noch einmal darlegte, gelten ihm die Schulen der UNRWA als Vehikel der Hamas, in der "die Doktrinen der Vernichtung Israels" und die "Verherrlichung des Terrorismus" gelehrt würden. Dieser Darstellung schloss sich auch der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, an, als er den Entzug der Hilfsmittel ausdrücklich als Kampf gegen "Hetze" begrüßte.

Naturgemäß verhält sich die Darstellung auf palästinensischer Seite konträr dazu.

So beschuldigte der palästinensische Premierminister Mohammad Shtayyeh Israel eines "vorsätzlichen politischen Angriffs" auf das Hilfswerk, welches Israel seit Langem kritisiere, und forderte die Wiederherstellung der Hilfsgelder.

Auch der ehemalige Leiter des UNRWA, Matthias Schmale sprach vor dem Hintergrund der jüngsten Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs zur Verhinderung eines Völkermords in Gaza von einer "politischen Motivation". Aus der Luft gegriffen ist der Vorwurf offenbar nicht.

"Strategie zu Demütigung der UN"

Denn wie die israelische Zeitung Haaretz berichtet, hat der Leiter des israelischen Inlandsgeheimdienstes Shin Bet, Ronen Bar, unmittelbar vor der Anhörung vor dem Internationalen Gerichtshof Israel die "Strategie" anempfohlen, "die UNO zu demütigen", indem man Verbindungen der UNWRA mit den Aktivitäten der Hamas aufdecke – einschließlich der Angriffe vom 7. Oktober.

Mahmoud Abbas, Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, sieht gar noch mehr als eine Strategie zur Demütigung der UN am Werk. Er spricht von einer "Unterdrückungskampagne", die darauf abziele, das Problem der Flüchtlinge und somit die palästinensische Frage endgültig ad acta legen zu können.

Sollten sich Abbas’ Warnungen mit dem drohenden Ende der UNRWA-Mission verwirklichen und etwa der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) nicht die potenzielle Vakanz der UNRWA füllen, wäre das tatsächlich ganz im Interesse partikularer, ultranationaler Kräfte Israels, zu denen auch Teile von Netanjahus Likud-Partei zählen.

Deutlich wurde das erst kürzlich noch einmal bei einer Konferenz der rechtsextremen Organisation Nahala mit dem Titel "Siedlung bringt Sicherheit und Sieg", bei der die Besiedlung des besetzten Westjordanlandes, aber auch die des Gazastreifens noch einmal entschieden gefordert wurde.

Laut dem israelischen Fernsehsender Channel 12 nahmen auch zwölf Minister aus Netanjahus Likud-Partei an dieser Konferenz teil.