Israel beteiligt sich am europäischen Satellitensystem Galileo
Noch aber sind vermutlich nicht alle Probleme zwischen den USA und der EU gelöst worden
Ende Februar hatten die USA und die EU ihren Konflikt über das europäische Satellitensystem Galileo in wesentlichen Punkten beigelegt, wie Loyola de Palacio, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission und verantwortlich für Verkehr und Energie, mitteilte und sich auf eine Koexistenz geeinigt, deren endgültige Konturen aber noch nicht ganz klar sind, was die militärischen Dimensionen betrifft. Neben China wird sich nun auch Israel an Galileo beteiligen.
Die Amerikaner hatten nach Bekanntwerden des Plans, ein eigenes und genaueres europäisches Satellitensystem als das vom Pentagon betriebene GPS zu realisieren, erst einmal versucht, die unliebsame Konkurrenz durch eine höhere Genauigkeit des für zivile Anwendungen offenen Signals auszuschalten. Während die Europäer von den USA im Hinblick auf diese wichtige Technologie unabhängiger werden wollen (Europa braucht eine neue Weltraumpolitik) und allgemein zur führenden Raumfahrtmacht des 21. Jahrhunderts werden wollen, suchten die Amerikaner ihren strategischen Vorteil zu bewahren, was auch ihrer Weltraum-Doktrin entspricht (Das Pentagon strebt absolute militärische Dominanz im Weltraum an).
Als das Projekt weiter vorangetrieben wurde, opponierte die US-Regierung vor allem deswegen, weil die für Galileo vorgesehenen Frequenzbereiche sich mit denen des GPS-Systems überschneiden würden, die vom US-Militär genutzt werden (USA machen Druck gegen Galileo). Das könnte die bislang mögliche Option des Pentagon beeinträchtigen, die Genauigkeit des Signals für die zivile Nutzung in bestimmten Regionen zu verändern, um damit die Benutzung durch Gegner zu stören. Das US-Militär kann aber weiterhin das genaue, in Hightech-Kriegen immer wichtiger werdende Signal verwenden.
Unter anderem hatten die Amerikaner gefordert, dass die Europäer ebenfalls den Standard des GPS-Systems verwenden sollten, wodurch aber das europäische Satellitensystem, das genauer und auch in Krisenzeiten zuverlässig angeboten werden soll, natürlich keinen Vorteil mehr besitzen würde. Wie es heißt, habe man sich auf eine gemeinsame Nutzung desselben Signals (BOC 1.1) für offene Dienste geeinigt, so dass beide Systeme auch von den Benutzern verwendet werden können, gleichzeitig sollen sich die Systeme nicht gegenseitig stören. Galileo soll 2008 funktionsfähig sein, eine Interoperabilität wird aber frühestens ab 2010 mit der neuen Generation von GPS-Satelliten möglich sein. Die Rede ist aber auch von der "Verpflichtung, die nationalen Sicherheitskapazitäten aufrechtzuerhalten".
Zwar will die EU ein mit Galileo ein "Signal äußerster Qualität" anbieten und verspricht in Abgrenzung zum GPS und zum russischen GLONASS "Gewähr für Qualität und Kontinuität", weil es nicht vom Militär wie die anderen Systeme kontrolliert wird (etwas weich wird stets gesagt, dass Galileo vorerst nicht militärisch genutzt werden soll, eine militärische Nutzung wird aber nicht ausgeschlossen und wäre auch jederzeit möglich). Angeblich lehnt die EU die Option ab, dass Galileo in Kriegszeiten von den USA abgeschaltet oder die Signalqualität herabgesetzt werden kann. Der zuständige Kommissionsbeamte Heinz Hilbrecht betonte, ohne genauer zu werden, nach dem Durchbruch bei den Verhandlungen:
What is also important for us is that the agreement is not just an agreement which is tailored made to protect the M-code. It is an agreement which is balanced, which recognizes that all systems need to be protected. What is very important for us also is that the U.S. has accepted to study means of protecting the PRS system. You can imagine that our PRS (Public Regulated Service) system, which is a civil classified and high-security signal, may be used close or even in areas of crisis for peace operations, etc. or for the coast guard and in other sensitive areas. And we want to have an agreement with the U.S., which we are going to develop, and this agreement is the basis for how the PRS system can be protected.
Ralph Braibanti, Direktor der Abteilung für "Advanced Technology" im US-Außenministerium, sprach hingegen davon, dass die Kriegsführung des US-Militärs durch Galileo nicht beeinträchtigt werde, weil die USA in einem "zeitlichen Modus" und selektiv geografisch alle GPS- und Galileo-Signale herabsetzen könne. Daraus lässt sich entnehmen, dass hier möglicherweise noch keine wirkliche Einigung erzielt wurde, möglicherweise aber hat die EU-Kommission dem amerikanischen Druck doch nachgegeben und dem Pentagon zugestanden, regional das Signal in Kriegszeiten beeinträchtigen zu können (US-Regierung sichert sich angeblich Kontrolle über das geplante EU-Satellitennavigationssystem). Eine endgültige Vereinbarung soll im Juni auf dem EU-USA-Gipfel getroffen werden.
Skeptisch ist man von amerikanischer Seite auch über die Kooperation der EU mit China. China beteiligt sich mit 200 Millionen Euro an Galileo, angeblich aber sei kein Technologietransfer eingeschlossen. Braibanti wies auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Hilbrecht aber dennoch daraufhin, dass es durchaus noch Komplikationen geben könnte:
Die USA betrachten mit gewisser Skepsis die Kooperationsvereinbarung der EU und China bei Galileo, da es dabei auch um den Transfer von sensibler Technologie im Sicherheitsbereich geht.
Misstrauisch verfolgt die US-Regierung auch die EU-Verhandlungen mit Staaten wie Russland und Indien, die sich auch an einer Beteiligung interessiert zeigen. Vereinbart wurde bereits, dass 2005 die ersten Satelliten von russischen Sojus-Trägerraketen in ihre Umlaufbahnen gebracht werden. Erstaunlich ist nun, dass der enge amerikanische Partner Israel mit der EU gestern übereingekommen ist, sich ebenfalls am Galileo-Projekt in vielen Bereichen bei der Entwicklung zu beteiligen. Wie viel Geld Israel dafür investieren will, wurde nicht bekannt gegeben. Israel und die EU wollen enger kooperieren, die Beteiligung an Galileo ist ein Schritt auf eine engere wirtschaftliche, wissenschaftliche und technische Verbindung, die sich seitens der israelischen Regierung auch auf strategische Themen erstrecken soll. Möglicherweise spielt dabei auch eine Rolle, dass Israel etwa im Bereich von Aufklärungssatelliten bald sein Monopol im Nahen Osten verlieren wird. Sowohl der Iran als auch Ägypten entwickeln eigene Aufklärungssatelliten, die in den nächsten beiden Jahren einsatzfähig sein sollen.