John Negroponte, künftiger US-Botschafter und heimlicher Herrscher im Irak

Die Entscheidung für Negroponte ist ein schlechtes Omen, blickt man vor allem auf seine Tätigkeit als US-Botschafter in Honduras in den 80er Jahren während Reagans antikommunistischem Kreuzzug gegen das Böse zurück

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John Negroponte, von US-Präsident Bush wie so viele andere aus der Reagan-(oder Bush-Vater-)Zeit wieder "entdeckt", konnte sich als Botschafter der USA an der UN diplomatisch bewähren und wird nun ab dem 1. Juli der US-Botschafter im Irak. Weil das kein normaler Botschafter-Job ist und die Botschaft zudem mit Tausenden von Angestellten in einem ehemaligen Hussein-Palast - was möglicherweise von einer ungeschickten Symbolik zeugt - einen Superlativ aufstellt, verdient Negroponte als heimlicher Herrscher im angeblichen souveränen Irak nach seinem geschichtlichen Werdegang befragt zu werden. Da aufgrund der Sicherheitslage erst 500 Millionen US-Dollar von den 18,7 Milliarden, die der Kongress für den Wiederaufbau bewilligt wurden, ausgegeben wurden, verfügt Negroponte auch über ausreichend finanzielle Druckmittel, um Entwicklungen zu beeinflussen. Keinen Zweifel gibt es jedenfalls, was die Loyalität des Mannes zu den Interessen der US-Regierung angeht. Wenn es dem nationalen Interesse dient, waren Negroponte in der Zeit des Kalten Kriegs viele Mittel recht. Und es zeugt für die mangelnde Sensibilität der Bush-Regierung, gerade nach dem Folterskandal einen solchen Mann als Repäsentanten in den Irak zu schicken.

Am 19. April gab US-Präsident Bush bekannt, dass er John Negroponte als Botschafter in den Irak senden will

Nun wurde gerade der ehemalige US-Präsident und Schauspieler Ronald Reagan nach seinem Tod als großer Politiker und entschlossener Verteidiger der "Freiheit" gefeiert. Schon er hatte das manichäische Welt mitsamt des Reichs des Bösen geprägt, das Bush ebenso übernahm wie die Aufrüstung und das Star Wars Programm in Form des Raketenabwehrschilds ("Reagan hat den Grundstein für Bush gelegt"). Der Held der Konservativen, der ebenso wie jetzt Bush als starker Mann auftrat und eigentlich damals auch nicht wegen seiner Intelligenz bekannt war, lebte in der guten, alten Zeit des Kalten Kriegs, die die Neokonservativen, allesamt eigentlich altkonservative Reagan-Anhänger, wieder mit der klaren Trennung von Feind und Freund, gut und böse herbeisehnten (Only the Good Die Young). Der 11.9. war denn auch die Erfüllung der Visionen, ein neuer Feind war gefunden, um die alten, bekannten und gut funktionierenden Muster von wirtschaftlichem Liberalismus zugunsten der Reichen mit Rüstung und Drohung nach Außen und Innen zu kombinieren. Und offenbar hat die politische und personelle Kontinuität der Bush-Regierung mit der Reagan-Präsidentschaft zumindest kurzfristig von der Rückanbindung an den Schauspieler-Präsidenten profitiert, während der blasse Präsidentschaftskandidat Kerry wieder an Popularität verloren hat.

Als neuen UN-Botschafter hat sich Bush - bzw. seine Beratermannschaft - John C. Danforth ausgesucht, einen ehemaligen Senator von Missouri, aber auch einen Priester, der der weltgeschichtlichen Mission des US-Präsidenten dienen wird. Ungleich mächtiger wird aber Negroponte sein, der treu an der Seite seines Präsidenten den Streit um den Irak-Krieg ausgefochten hat. Dafür ist nun Negroponte, gestützt von 140.000 US-Soldaten und Tausenden von Söldnern sowie von Hunderten von amerikanischen "Beratern" in den irakischen Ministerien, mehr oder weniger offener Lenker des von Hussein befreiten Irak. Schon allein, dass Negroponte als UN-Botschafter der USA stets dafür gesorgt hat, dass im Nahostkonflikt alle Resolutionen gegen Israel durch ein Veto blockiert wurden, ist für seinen Posten im Irak nicht gerade vielversprechend, schließlich gilt vielen die "Greater Middle East Initiative" von Bush, mit der, beginnend mit dem Irak und einer Friedenslösung im israelisch-palästinensischen Konflikt, die gesamte Region neu geordnet werden soll, als verlängerter Arm von Israel.

Der antikommunistische Kreuzzug unter Reagan in Lateinamerika

Weitaus schwerer wiegt freilich die Hypothek, die in Bezug auf die Wahrung der Menschenrechte auf Negroponte lastet, der schon einmal gezeigt hat, dass er im Dienste der "Freiheit" und der amerikanischen Interessen gegen das Böse, das damals links stand, selbst massive Menschenrechtsverletzungen deckt und Diktaturen sowie Todesschwadronen unterstützt. Das ist gerade angesichts der Verletzungen des Kriegsrechts und der Menschenrechte, die nicht nur in Abu Ghraib durch Folter und Misshandlungen, sondern im gesamten US-Gulag durch Willkürjustiz betrieben wurden und noch werden, ein schlechtes Zeichen.

Negroponte ist, was er auch als UN-Botschafter demonstriert hat, ein treuer "Soldat" der Regierung. Auch mit offensichtlichen Schwindeleien hat er tatkräftig mitgeholfen, den Schein aufrechtzuerhalten, als würde die US-Regierung womöglich von einem Krieg gegen den Irak absehen, wenn Hussein die UN-Resolutionen erfüllt. Dabei wurde bekanntlich die Existenz von Massenvernichtungswaffen angeführt, die das Hussein-Regime nicht offenbart, zudem wurde die Verbindung mit al-Qaida behauptet, die sich erst durch den Krieg hergestellt hat. Andere Regierungsmitglieder aus der Reagan-Zeit übten bereits auf Clinton Druck aus, einen Krieg mit dem Irak zu beginnen (Irak-Krieg von langer Hand vorbereitet).

Auch andere treue Wegbegleiter auf dem antikommunistischen Kreuzzug in Lateinamerika unter Reagan wurden von Bush wieder rehabilitiert. Beispielsweise Elliott Abrams, der zunächst ausgerechnet für Demokratie, Menschenrechte und internationale Operationen im National Security Council des Weißen Hauses fungierte und 2002 von Bush zum Berater des Weißen Hauses für den Nahen Osten und Nordafrika ernannt wurde. Er war, wie auch Negroponte, in den Iran-Contra-Skandal verwickelt, bei dem gegen den Willen des US-Kongresses heimlich Waffen an den Iran verkauft und mit dem Geld die Contras gegen die Regierung in Nicaragua unterstützt wurden. Er wurde wegen Zurückhaltung von Informationen verurteilt, aber von Bush I, zusammen mit anderen Personen, die im Iran-Contra-Skandal verwickelt waren, 1992 begnadigt.

Auch der vor einigen Tagen zurück getretene Otto Reich, unter Bush zuständig für den Westen, oder John Walter, zum Antidrogenchef ernannt, gehörten zum Reagan-Team in Lateinamerika und waren am Iran-Contra-Skandal sowie an anderen blutigen Aktionen in Lateinamerika beteiligt. Abrams trat unter anderem auch dadurch hervor, dass er die meist von Todesschwadronen und Militärs, die von Reagan unterstützt wurden, begangenen Massaker an Zivilisten in El Salvador schlicht verleugnete. Paul Bremer, den Negroponte ablöst, war unter Reagan auch schon als Terrorismusexperte tätig und hat etwa mit Oliver North zusammengearbeitet, der wiederum gemeinsam mit Ex-Admiral John Poindexter hinter dem Iran-Contra-Skandal stand. Auch Poindexter, Berater für nationale Sicherheit unter Reagan, hatte unter Bush wieder eine Stelle beim Pentagon erhalten: als Leiter des umstrittenen Überwachungsprojekts Total Information Awareness. ohn Poindexter wurde 1990 der Verschwörung, der Behinderung der Justiz und der Zerstörung von Beweismaterial schuldig gesprochen (er hatte u.a. Tausende von belastenden Mails von den Servern des Weißen Hauses gelöscht). Doch die "Gerechtigkeit" kam schnell nach dem Gang vor ein Berufungsgericht, wo er für seine Aussage Straffreiheit erhielt. Reagan und Bush sen. konnte man damals keine strafrechtlich relevanten Taten nachweisen. Die Nahost- und Mittelamerikapolitik in Form des Iran-Contra-Skandals, an dem wohl in irgendeiner Weise auch Bush I als ehemaliger Chef der CIA und Vizepräsident von Reagan verwickelt war, liegt wie ein Schatten über der Regierung von Bush II.

Botschafter in Honduras: Gegen das Böse werden Schurken unterstützt

Negroponte, der kommende US-Botschafter im Irak, war unter Präsident Reagan von 1981 bis 1985 US-Botschafter in Honduras, damals beherrscht von einer Militärdiktatur. In das Land steckte die Reagan-Regierung immer größere Summen an Militär- und Wirtschaftshilfe, denn es diente als Ausgangspunkt des damaligen Kriegs gegen den Terror, d.h. gegen linke Organisationen in den benachbarten Ländern Guatemala, Nicaragua und San Salvador. Nachdem 1979 Diktator Somoza von den Sandinisten in Nicaragua gestürzt worden war und die FMLN-Rebellen in San Salvador stärker wurden, fürchtete man in Washington eine Ausbreitung sozialistischer oder kommunistischer Regierungen. Gemäß der Dominotheorie, die von der Bush-Regierung im Krieg gegen den Terrorismus weiter verfolgt und im Fall des Irak mit positivem Vorzeichen praktiziert wurde, wollte man mit allen Mitteln verhindern, dass sich der gefährliche antikapitalistische Virus im Vorhof der USA weiter verbreitet. Schon zuvor war man hilfreich bei einem Putsch in Guatemala und hatte dort vor allem zwischen 1981 und 1983, als Negroponte in Honduras war, das Militärregime unterstützt, als es mit brutaler Gewalt vorging und an die 200.000 Menschen, meist arme Bauern, ermordet, eine Million Menschen vertrieben und Hunderte von Dörfern zerstört hat. Nach dem Bericht Memory of Silence der Commission for Historical Clarification (CEH) ist das von der US-Regierung unterstützte Militär für über 90 Prozent der Gräueltaten verantwortlich.

Von Honduras wurde die Unterstützung des Militärregimes in El Salvador und der Krieg der Contras gegen die sandinistische Regierung in Nicaragua geplant und dirigiert, während Negroponte dort Botschafter war. Dazu wurden auch militärische Ausbildungszentren im Land eingerichtet. Direkt wollte der damalige US-Präsident Reagan, wie Negroponte selbst in einem Interview sagte, militärisch nicht in Lateinamerika eingreifen. Der Vietnam-Krieg hatte für ihn gezeigt, welche Folgen dies haben kann. 1979 war die russische Armee in Afghanistan einmarschiert. Hier wie in Lateinamerika sollten nun die amerikafreundlichen Regime, auch wenn sie Diktaturen waren, gestärkt sowie Militärs und Aufständische heimlich unterstützt werden, um einen offenen Krieg unter Beteiligung von US-Soldaten zu vermeiden.

Um die Militärdiktatur in Honduras zu decken, die wiederum den Contras einen Stützpunkt im Land gewährte, versuchte Negroponte beispielsweise, dem Kongress gegenüber die notorischen Menschenrechtsverletzungen, einschließlich Morden und Folterungen, des Regimes vorzuenthalten und leugnete diese in Berichten. 1986 verklagte Nicaragua die USA vor dem Internationalen Gerichtshof, da diese "direkt und indirekt militärische und paramilitärische Operationen" durch Ausbildung, Geld, Waffen etc unterstützt haben. Manche Operationen wurden auch von Personen, die direkt von der US-Regierung bezahlt wurden ausgeführt. Zudem wurden u.a. nicaraguanische Häfen vermint oder angegriffen. US-Flugzeuge haben den Luftraum verletzt, um den Contras Informationen zu verschaffen und die Bevölkerung einzuschüchtern. In dem außergewöhnlichen Verfahren wurden die USA verurteilt und sollten ihre Aktionen einstellen sowie Reparationszahlungen leisten. Die US-Regierung demonstrierte auch damals schon die jetzt wieder deutliche gewordene Einstellung zum internationalen Recht, indem sie den Gerichtshof und damit das Urteil nicht anerkannte.

Gefängnisse, Foltereinheiten und Todesschwadronen

Negroponte war beispielsweise zuständig für den Bau des Luftwaffenstützpunkts El Aguacate, das als Gefängnis des Regimes diente, in dem Gefangene von der Geheimdiensteinheit 3-16 des honduranischen Militärs gefoltert und ermordet wurden, darunter auch zwei amerikanische Bürger. Bei Ausgrabungen wurden 2001 die Leichen von 185 Menschen gefunden, die dort ihren Tod gefunden hatten. Hier wurden auch die Milizen und Militärs, die gegen die sandinistische Regierung in Nicaragua oder gegen die Rebellen in El Salvador kämpfen sollten, ausgebildet. Nach der Ermordung des für die Armen und die Befreiungstheologie eintretenden Erzbischofs Romero in San Salvador, ebenfalls eine von der USA unterstützte Junta, flüchteten 1981, als der Bürgerkrieg ausbrach, 32 Nonnen und andere Frauen nach Honduras und verschwanden dort. Nach Berichten, u.a. von Jack Binns, dem US-Botschafter in Honduras unter Carter, wurden sie dort von der Geheimdiensteinheit gefoltert und schließlich noch lebendig aus einem Flugzeug geworfen.

Das Battalion 3-16, dessen Mitglieder von der CIA und von erfahrenen "Experten" des argentinischen Militärs im Umgang mit Oppositionellen (bis 1983 beherrschte eine Militärjunta Argentinien) ausgebildet wurden, hat viele Menschen entführt, gefoltert und getötet, so dass es als Todesschwadron galt. Negroponte soll von den Verbrechen Kenntnis gehabt, aber geschwiegen haben, um die Zusammenarbeit mit dem Militär nicht zu gefährden, das man für den Kampf gegen Nicaragua brauchte. Noch zur Zeit, als Präsident Bush ihn zum UN-Botschafter ernannte, sagte Negroponte, er glaube nicht, dass es damals Todesschwadronen gegeben habe und dass die Verbrechen kein Bestandteil der Politik der honduranischen Junta gewesen seien. Alvarez, Oberbefehlshaber der honduranischen Armee und Schöpfer der Geheimdiensteinheit 3-16 hatte nie ein Hehl daraus gemacht, der die argentinische Methode des Umgangs mit Oppositionellen befürwortet.

Das hatte schon Botschafter Binns, bevor Negroponte ihn ablöste, nach Washington berichtet. Bei der Reagan-Regierung, die die Carter-Politik der Beachtung der Menschenrechte beim Kampf gegen das Böse ablehnte, stieß er dabei jedoch auf taube Ohren und wurde schließlich abgelöst. Im März 1981, als er erst zwei Monate im Amt war, gab Reagan einen Präsidentenerlass heraus, der die Ausweitung von "verdeckten Operationen" anordnete, "um alle Formen des Trainings, der Ausrüstung und der Unterstützung von kooperierenden Regierungen in Zentralamerika zur Bekämpfung der vom Ausland geförderten Subversion und des Terrorismus bereitzustellen". Im selben Jahr, als auch Negroponte sein Amt antrat, stieg auch die Militärhilfe an Honduras von 3,9 Millionen US-Dollar (1980) auf 77,4 Millionen. In einem CIA-Bericht aus dem Jahr 1997, der 1998 veröffentlich wurde, wird deutlich, dass die von der Regierung begangenen Menschenrechtsverletzungen in Honduras bekannt waren:

"The Honduran military committed hundreds of human rights abuses since 1980, many of which were politically motivated and officially sanctioned" and were linked to "death squad activities." (p. 2)

"Reporting inadequacies" by the CIA station in Honduras "precluded CIA Headquarters from understanding the scope of human rights abuses in Honduras."

Some CIA notifications to Congress were "inaccurate."

Seltsamerweise wurden, wie die Los Angeles Times am 25. März 2001 berichtete, drei ehemalige Mitglieder der Einheit 3-16, die bislang in den USA gelebt hatten, ausgewiesen. Darunter auch der ehemalige General Luis Alonso Discua, der 1979 die 3-16 aufgebaut und bis 1990 ihr Kommandant war. 1990-1994 war er der Kommandant der honduranischen Armee.

Discua wurde wie viele andere dunkle Gestalten der lateinamerikanischen Politik - z.B. Hugo Banzer (Bolivien), Omar Torrijos, Manuel Noriega (Panama) oder Roberto Viola (Argentinien) - an der School of the Americas (SOA) der USA ausgebildet. Unter anderem wurde dort auch die Folterung gelehrt, die die Absolventen dann in ihren Ländern in die Tat umsetzen konnten (Die Folter hat System). Discua, der straffrei blieb, obgleich er zahlreicher Morde, aber auch der Unterschlagung von Millionen von Dollar beschuldigt wird, lebte seit 1996 in den USA und war ausgerechnet Vize-UN-Botschafter von Honduras, wodurch er diplomatische Immunität genoss.

Vermutlich um Aussagen zu vermeiden, die den neuen US-UN-Botschafter Negroponte und damit auch Bush belasten könnten, wurde er schnell abgeschoben. Angeblich hatte man erst jetzt herausgefunden, dass Discua gemütlich in Miami lebte und dort seinen Geschäften nachging, wodurch seine Immunität nicht mehr aufrechtzuerhalten war, weil er faktisch nicht mehr in New York gearbeitet hatte. Nach seiner Rückkehr nach Honduras sagte er, dass Negroponte von den Aktivitäten der Todesschwadron sehr wohl wusste. Er selbst habe im Auftrag der Amerikaner und von General Gustavo Alvarez, mit dem Negroponte viel Kontakt hatte, die Geheimdiensteinheit mit aufgebaut und könne viele Informationen aus dieser Zeit liefern. Man nimmt an, dass er dies auch deswegen erklärt hat, um sich selbst vor Strafverfolgung zu schützen.

Ehemalige, später in Kanada im Exil lebende Mitglieder der von der CIA ausgebildeten Einheit 3-16 berichteten jedoch Mitte der 90er Jahre über Folterungen und Morde, die sie in den 80er Jahren begangen haben. Sie hätten Gefangene oft nackt gehalten, ihre Augen mit Klebeband verdeckt, sie mit Gummimasken fast ersticken lassen, Drähte an ihren Genitalien festgemacht und ihnen Stromstöße versetzt oder sie in ihren Exkrementen stehen lassen: "Wenn sie sehr schwach wurden, haben wir sie verschwinden lassen." Ausgebildet wurden sie in "Anti-Guerilla-Taktiken", zu denen auch Verhörmethoden gehörten, nicht nur von der CIA in Honduras, sondern auch in den USA. Das wurde auch von der CIA bestätigt, wo man allerdings erklärte, dass Folter missbilligt worden sei. Die ehemaligen 3-16-Schergen sagten jedoch, dass die CIA sehr wohl von den Folterungen wusste und CIA-Mitarbeiter, deren richtige Namen sie nicht erfahren hatten, auch den Zustand der Gefangenen in den geheimen Gefängnissen gesehen hätten. 3-16 arbeitete mit dem Militär und der Polizei zusammen, war also durchaus eingebettet in das gesamte System.

Negroponte weiß von nichts

Das alles erinnert an die Vorkommnisse im Irak und möglicherweise an das, was nach der Machtübergabe an eine irakische Regierung mit eigener Polizei, eigenem Geheimdienst und eigenen Gefängnissen geschehen könnte, wenn es darum geht, aus strategischen Interessen wegzuschauen.

Schon als Negroponte das Amt als Botschafter übernahm, wurde er von seinem Vorgänger Jack Binns auf massive Menschenrechtsverletzungen von Sicherheitskräften der Regierung im Land hingewiesen. Diese würden mehr und mehr zu illegalen Taktiken greifen, Menschen verschwinden lassen und töten, "um eine vermeintlich subversive Gefahr zu kontrollieren". Auch in den honduranischen Zeitungen wurde immer wieder von Übergriffen der Militärs berichtet. Sogar ein ehemaliger Geheimdienstchef, Leonidas Arias, verurteilte öffentlich 3-16, Angehörige der Opfer demonstrierten regelmäßig und forderten die USA zur Intervention auf. In Interviews, die die Baltimore Sun für eine Artikelserie mit ehemaligen Regierungsangestellten der USA und Honduras führte, wurde deutlich, dass Negroponte von vielen Seiten über die Verbrechen der Einheit 3-16 erfahren hatte.

Negroponte wusste stets von nichts, ein Mitarbeiter der Botschaft sagte jedoch später, dass er jede Erwähnung von Menschenrechtsverletzungen aus dem jährlichen Bericht über den Stand der Menschenrechte des US-Außenministeriums entfernen sollte. 1982 meldete also Botschafter Negroponte, dass es im von General Gustavo Alvarez regierten Honduras "keine Hinweise auf eine systematische Verletzung der Rechtsverfahren" gebe, ein Jahr später wurde gemeldet, dass nicht einmal politische Gefangene geben würde. Selbst die CIA berichtete 1988, dass das Militär in Honduras seit 1980 "Hunderte von Menschenrechtsverletzungen begangen hat, die oft politisch motiviert und offiziell gebilligt waren". Auch in diesem geheim gehaltenen Bericht wurde darauf hingewiesen, dass Negroponte seinen Mitarbeitern verboten hatte, diese Verbrechen zu berichten. Obgleich es zahlreiche Hinweise gibt, dass sich Negroponte auch gelegentlich aktiv einmischte, wenn es zu politisch heiklen Festnahmen kam, stritt er auch bei einer Anhörung vor dem Senatsausschuss für Auswärtige Beziehungen 1989 über Menschenrechtsverletzungen zu Beginn der 80er in Honduras ab, jemals überzeugende Beweise für die Existenz von Todesschwadronen gesehen zu haben.