Journalismus im Pfingsturlaub
Seite 7: Polizeiarbeit ist grundsätzlich kritisch zu prüfen
- Journalismus im Pfingsturlaub
- Keine Relevanz - aber eine gute Schlagzeile lässt man nicht aus
- Fehlende Recherche
- Ungenauigkeit bei der Weitergabe von Informationen
- Kommentierung allenfalls vage bekannter Ereignisse
- Suggestive Fotos aus dem Archiv
- Polizeiarbeit ist grundsätzlich kritisch zu prüfen
- Auf einer Seite lesen
Dass sich im Netz inzwischen tausende erregter, oft hasserfüllter User-Kommentare zu dem Ereignis in Hitzacker finden, dass Forderungen nach einer Ausweitung des Vermummungsverbots im Raum stehen und die Polizeigewerkschaften eine Reihe von Sonderregelungen für ihre Klientel verlangt haben ((u.a. Sperrung ihrer Adressdaten beim Einwohnermeldeamt), ist der unkritischen Verbreitung einer kleinen Meldung der Polizeiinspektion Lüneburg in bundesweiten Medien geschuldet, wobei in vielen Fällen die Darstellung der Polizei von den Journalisten noch deutlich übertrieben wurde. Dabei müssen Journalisten gerade gegenüber Behörden kritisch sein - und grundsätzlich zumindest zu Recherchezwecken den Blickwinkel der von Behördenarbeit betroffenen Bürger einnehmen.
Von Anfang an herrschte Konsens: Was die Demonstranten gemacht haben, "geht gar nicht". Doch selbst wenn alles korrekt dargestellt worden und die öffentliche Meinung gleichwohl genau so ausgefallen wäre: Für die Presse ist der Job damit nicht erledigt. Denn ob die Polizei bei ihrer Festsetzung der Demonstranten angemessen gehandelt hat, ist von der Bewertung der Demonstration völlig unabhängig. Die Gleichung "Linksextremisten schüchtern Polizistenfamilie ein, dafür sollen sie ruhig ordentlich was auf die Mütze bekommen" darf zwar jeder Bürger für sich aufmachen, Journalisten aber diskreditieren damit ihren Job.
Wenn sich Demonstranten gegenüber der Polizei gewalttätig verhalten, wird das die Polizei mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln dokumentieren und verfolgen - wer regelmäßig Amtsgerichtsverhandlungen besucht, weiß um die Konsequenzen (zwei Polizisten haben eine Version, der Angeklagte eine andere, Richter sieht keinen Grund, den Beamten nicht zu glauben...). Journalisten müssen um der Wahrheit willen die Fehler in den offiziellen Darstellungen suchen, die Ungereimtheiten, die Lügen, die Vertuschungen. Damit machen sie sich noch lange nicht gemein mit Straftätern. Aber nur so können sie ggf. die fehlenden Informationen beschaffen, welche für eine sinnvolle öffentliche Debatte notwendig sind.
Mit der Skandalisierung von Hitzacker ist der Journalismus nicht etwas nur weit hinter seinen Möglichkeiten geblieben, er hat aktiv das Gegenteil von Aufklärung durch Information betrieben. Als Grund dafür muss man keine Verschwörungstheorie bemühen. Es wurde einfach nur journalistisch sehr schlecht gearbeitet. Und weil private wie öffentlich-rechtliche, politische links- wie rechtsstehende Medien ins selbe Horn geblasen haben, ist es jetzt schwer, mit Kritik ökonomisch zu punkten. Die "Geschichte" soll wohl einfach eingemottet werden: Schwamm drüber, und die nächste Sau durchs Dorf jagen.
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