Kampfdrohnen in der Hand von Militärs, Agenten, Terroristen und Familienvätern
Seite 3: 2. Drohnen-Einsätze als Kriegshandlung
US-Präsident George Bush begann in seiner Amtszeit Drohnenkriege gegen Irak, Afghanistan, Pakistan und Jemen, sein Nachfolger Barack Obama setzte diese Kriege fort und griff zusätzlich noch Libyen, Somalia und möglicherweise auch Uganda an. Außerdem steigerte Obama die Zahl der Drohnenangriffe erheblich. Während unter Bush "nur" 45 bis 72 Drohnenangriffe durchgeführt wurden, waren es unter Obama rund 300 Attacken. Nach Auffassung der US-Regierung ist dieser "Global War on Terror" (GWOT) ein nicht-staatlicher aber transnationaler Konflikt, in dem sie sich über die geltenden Bestimmungen des "humanitären Völkerrechts" hinwegsetzen können und dadurch neues (Gewohnheits-)"Recht" schaffen.
Seit 2001 hat dieser weltweite Anti-Terrorkrieg den USA rund 4.500 Milliarden Dollar gekostet, hinzu kommen rund 1.000 Milliarden für die US-Heimatverteidigung und mehrere hundert Millionen Dollar Sachschaden durch den Anschlag vom 11. September. Damit kommt der GWOT den USA heute teurer als die US-Beteiligung am Zweiten Weltkrieg. Ein Mitglied der Al-Qaida oder der Taliban zu töten ist heutzutage schätzungsweise tausendmal teurer als es die Tötung eines Vietcong-Kämpfers vor vierzig Jahren in Vietnam gewesen war. Gleichzeitig vergrößerte sich seit 2001 die Zahl der Al-Qaida-Kämpfer von wenigen hundert auf mehrere tausend Mann weltweit.
Afghanistan
Schon 1998 ordnete der damalige US-Präsident Bill Clinton einen Angriff mit fast 100 Marschflugkörpern Tomahawk auf Stellungen der Al-Qaida in Somalia und Afghanistan an (Operation INFINITE REACH).
Bereits im Jahr 2000 führte die CIA mehrere Aufklärungsflüge mit RQ-1 Predator über Afghanistan durch, um die Stellungen der Al-Qaida auszukundschaften. Seit 2001 steht die aktuelle Drohnenkriegführung in Afghanistan (Operation ENDURING FREEDOM - OEF) unter der Ägide des US-Militärs. Seit dem 18. September 2001, also noch vor dem offiziellen Kriegsbeginn am 7. Oktober 2001, wurde die Aufklärungsdrohne RQ-1 Predator in Afghanistan eingesetzt. Seit dem 7. Oktober 2001 fliegen diese Drohnen auch in bewaffneter Konfiguration. Mitte November 2001 wurde erstmals ein Taliban-Kommandeur durch eine RQ-1 Predator getötet. In 2002 kamen die ersten MQ-1 Predator B zum Einsatz, am 25. September 2007 folgten die MQ-9 Reaper. Heute sind Drohnen rund-um-die Uhr in Afghanistan und Pakistan in der Luft.
Die britischen Streitkräfte beteiligen sich seit 2007 am Drohnenkrieg in Afghanistan. Dazu erwarben sie fünf amerikanische Reaper, die vom Flughafen in Kandahar aus eingesetzt werden. Diese folgen bisher mindestens 190 Einsätze, bei denen 380 Waffen eingesetzt wurden. Die britischen Einsätze wurden zunächst von amerikanischem Territorium (Creech AFB) aus gesteuert; heute sind die Drohnenpiloten auf dem Fliegerhorst RAF Waddington stationiert.
Die italienischen Streitkräfte setzen in Afghanistan ebenfalls ihre Predator-Drohnen ein. Ob diese nur der Aufklärung dienen oder auch Kampfeinsätze fliegen ist nicht bekannt.
Pakistan
In den Jahren 2002/2003 setzten die US-Streitkräfte zunächst nur Aufklärungsdrohnen in Pakistan ein. Im Juni 2004 griff dann die CIA Nek Muhammad, einen pakistanischen Taliban-Führer, mit einer Drohne an und übernahm damit die Federführung in der Drohnenkriegführung in Pakistan. Nach einer Übersicht des Pakistan Body Count haben die USA von 2004 bis November 2011 265 Drohnenangriffe durchgeführt. Dabei kamen 2.726 Menschen ums Leben. 86 Prozent der Opfer sollen Zivilisten gewesen sein. Demgegenüber zählte das amerikanische Long War Journal 267 Drohnenangriffe mit 2.231 Opfern, darunter 2.093 militante Islamisten und 138 Zivilisten. Allerdings seien unter den Kämpfern nur 22 Führungspersonen ("high value targets") gewesen. Das Bureau of Investigative Journalism in London hat in seiner Datenbank alle Angriffe aufgelistet und spricht gar von 371 Angriffen mit maximal 3.567 Todesopfern.
So tötete eine US-Drohne am 8. September 2010 bei Miranshah Abdul Jabbar, den Führer der "Islamic Army of Great Britain", zu der auch die AQ-Zellen in Deutschland gehörten.
Irak
Für den Drohnenkrieg im Irak (Operation IRAQI FREEDOM) war das US-Militär zuständig. Eingesetzt wurden die Kampfdrohnen Predator, Reaper und Hunter.
Im Jahr 2002 kam es im Irak erstmals zu einem Luftkampf zwischen einer unbemannten Drohne und einem bemannten Kampfflugzeug: Eine amerikanische Predator, die mit einer FIM-92 Stinger-Flugabwehrrakete bestückt war, versuchte eine irakische Mig-25PD Foxbat abzuschießen. Das Flugzeug wich aus und vernichtete die Drohne. Mindestens zwei weitere Predator-Drohnen wurden von der irakischen Luftverteidigung abgeschossen.
Die italienischen Streitkräfte setzten im Irakkrieg ebenfalls Predator-Drohnen ein. Ob diese nur der Aufklärung dienten oder auch Kampfeinsätze flogen ist nicht bekannt.
Jemen
Am 3. November 2002 tötete die CIA mittels einer Predator-Drohne Salim Sinan al-Harithi, der für den Anschlag auf den US-Zerstörer DDG-67 USS Cole verantwortlich gemacht wurde. Dies war das erste Mal, dass die USA eine Kampfdrohne außerhalb Afghanistans einsetzten.
Am 17. Dezember 2009 griffen die US-Streitkräfte mehrere Terrorlager im Südjemen mit Marschflugkörpern Tomahawk an, dabei wurden über 120 Menschen getötet. Im Frühjahr 2012 folgten mindestens zwanzig weitere Drohnenangriffe. Das Bureau of Investigative Journalism unterscheidet zwischen bestätigten und unbestätigten Drohnenattacken und spricht von 46 bis 155 Angriffen, bei denen 240 bis 804 Menschen ums Leben kamen.
Somalia
Seit Frühjahr 2011 setzen die USA Drohnen in Somalia ein. Das Bureau of Investigative Journalism spricht von mittlerweile 3 bis 26 Drohnenattacken mit - nach unterschiedlichen Schätzungen - 3 bis 170 Toten.
Libyen
Beim Sturz des Gaddafi-Regimes in Libyen im Jahr 2001 (Operation ODYSSEE DAWN) haben die USA schätzungsweise 145 bis 157 Drohneneinsätze durchgeführt. Es ist nicht klar, wieviele davon Aufklärungsflüge waren, die schließlich zu einem Luftangriff mittels bemannter Flugzeuge führten, und was davon Einsätze von Kampfdrohnen waren.
Uganda
Die US-Regierung entsandte 2012 bewaffnete Aufklärungsdrohnen Predator, um die Jagd auf Joseph Kony, den Führer der Lord´s Resistance Army, zu unterstützen. Ob mit den Drohnen auch Kampfeinsätze durchgeführt wurden, ist nicht bekannt.
Syrien
Als nächstes hat die CIA die dschihadistische Opposition in Syrien im Visier. Spätestens seit März 2013 bereitet der Geheimdienst entsprechende Einsatzpläne vor, um nach dem Sturz von Bashir al-Assad eine US-genehme Regierung in Damaskus zu installieren.
Israelische Kampfeinsätze
Die Regierung in Tel Aviv betreibt ihre eigene Drohnenkriegführung. Bei gezielten Angriffen auf einzelne Terroristen entscheidet ein "Komitee X" der Regierung über den Mordauftrag. Nach Angaben des Palestine Center for Human Rights starben in den Jahren 2006 bis 2011 825 Palästinenser durch israelische Drohnenangriffe. Besonders hervorzuheben ist die Operation CAST LEAD (Dezember 2008 bis Oktober 2009) im Gaza-Streifen: Nach Angaben von Human Rights Watch starben bei 42 Drohnenangriffen 87 Zivilisten.
Im Jahr 2009 griff die israelische Luftwaffe im Sudan einen Fahrzeugkonvoi mit Drohnen vom Typ Hermes 450 an, der angeblich Waffen für die Hamas transportierte.
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