Kampfdrohnen in der Hand von Militärs, Agenten, Terroristen und Familienvätern

Seite 7: 6. Proliferation oder Rüstungskontrolle?

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Während die Rüstungsindustrie seit den neunziger Jahren "fleißig" an der Weiterentwicklung der Drohnen gearbeitet hat, haben die Politiker das Problem - mal wieder - verpennt. Bisher gibt es kein einziges Rüstungskontrollabkommen, dass die Verbreitung der Drohnen eindämmt. Heutzutage verfügen 87 Staaten über mindestens 900 verschiedene Drohnentypen Nach einer Studie des US-Rechnungshofes GAO vom 15. Februar 2013 belaufen sich die weltweiten Ausgaben für Drohnenkäufe in den folgenden zehn Jahren auf 89 Milliarden Dollar.

Gleichzeitig wird die technologische Waffenentwicklung vorangetrieben: Immer kleinere, immer schnellere Typen mit immer längerer Flugdauer kommen auf den Markt. Die USA besitzen bereits die ersten Stealth-Drohnen. Möglich ist eine Drohnenbewaffnung mit chemischen oder biologischen Waffen. Auf dem Markt sind bereits zivile Agrardrohnen, die Insektenvernichtungsmittel versprühen. Zu nennen sind hier die japanischen Yamaha R-50 und RMAX und die südkoreanische UconSystem Corp. RemoH-C100 mit einer Zuladung von 40 kg. Militärstrategen träumen von Angriffen eines Schwarms sich selbst steuernder Drohnen und denken schon über einen Krieg Drohne gegen Drohne nach; Geheimdienstexperten sehen in Drohnen die ideale Waffe für den perfekten Mord. Es droht ein neuer Rüstungswettlauf mit Drohnenbedrohungen und Drohnenlücken.

Gleichzeitig wird das Aufgabenspektrum der Drohnen ausgeweitet: Während heute die Terroristenbekämpfung im Ausland auf der Agenda steht, setzen nicht nur die USA auf eine gesteigerte Drohnenrolle auch im Inland. Die US-Behörden rechnen damit, dass bis zum Jahr 2030 rund 30.000 Drohnen innerhalb der USA eingesetzt werden. Bei den meisten handelt es sich um Aufklärungsdrohnen für das FBI, die lokale Polizei, die Drug Enforcement Agency (DEA), den Grenzschutz, die Heimatschutzbehörden, etc.. Aber schon heute werden Kampfdrohnen für den Einsatz im Innern entwickelt. So hat der Sheriff von Montgomery County Helicopterdrohnen vom Typ ShadowHawk beschafft, die mit einem 40-mm-Granatwerfer, Tränengaskartuschen und einer Schrotflinte Kaliber 12 bestückt werden können.

Ein Rüstungskontrollvertrag könnte nach dem Vorbild des Missile Technology Control Regime (MTCR) oder des International Code of Conduct against Ballistic Missile Proliferation gestrickt werden. Aber mit der steigenden Zahl von Staaten, die sich ein Arsenal an UAVs zugelegt haben, nehmen die Chancen für eine Waffenbegrenzung in diesem Bereich ab. Darüber hinaus haben verschiedene Staaten gar kein Interesse an einem Abkommen: Die USA wollen ihr Monopol bei den großen HALE-Drohnen weiter ausnutzen, demgegenüber wollen Russen und Chinesen nachrüsten. Auch die deutsche Bundesregierung will sich für zukünftige Militärinterventionen unbedingt ein Arsenal an Kampfdrohnen zulegen. Somit lassen sich weder die Drohnenkriegführung noch Terroranschläge mit Drohnen auf Dauer verhindern.

Bundesrepublik

Die Bundeswehr setzt zur Zeit nur Aufklärungsdrohnen der Typen Aladin, Heron I, KZO, Luna und Mikado ein. Im Planungspapier "Luftmacht 2030" heißt es, dass die Luftwaffe ihren Entwicklungsschwerpunkt nicht mehr bei den bemannten Flugzeugen sondern bei den Drohnen sehe. Darüber hinaus benutzt die Bundespolizei die Minidrohne FanCopter.

Schon im Zweiten Weltkrieg setzten die deutschen Streitkräfte erstmals Kampfdrohnen ein. Vom so genannten Flakzielgerät FZG-76 Kirschkern, besser bekannt als Vergeltungswaffe V-1, wurde 1944/45 über 8.000 Exemplare gegen England, insbesondere London, abgefeuert. Die Angriffe forderten mehrere tausend Tote unter der Zivilbevölkerung. Nun will Verteidigungsminister Thomas de Maizière amerikanische Kampfdrohnen beschaffen.

V1 vor dem Start. Bild: Lysiak, Deutsches Bundesarchiv (Bild 146-1975-117-26). Lizenz: CC-BY-SA-3.0

Das erste Projekt zur Entwicklung einer bundesdeutschen Kampfdrohne war die Taifun von Rheinmetall. Diese trug eine Nutzlast von 50 kg. Die Flughöhe betrug 4.000 m und die Flugdauer 4 Stunden. Allerdings stellte man das Projekt aus rechtlichen, technischen und finanziellen Bedenken ein. Nun arbeitet Rheinmetall an einem Tactical Advanced Recce Strike System als Nachfolger für die Taifun.

Um den Einsatz von Kampfdrohnen zu testen und eine entsprechende Einsatztaktik zu entwickeln, führen EADS-Cassidian und die Rheinmetall AG seit 2006 mit dem Demonstrationsträger Barracuda I/II (99+81) ein umfangreiches Erprobungsprogramm mit bisher über 550 Tests durch. Es handelt sich um ein deutsch-spanisches Gemeinschaftsprojekt. Die Drohne ist 8,25 m lang und hat eine Spannweite von 722 m. Ihre Höchstgeschwindigkeit beträgt 900km/h. Die Barracuda kann eine Nutzlast von 250 kg mitführen.

Barracuda. Bild: Jean-Patrick Donzey. Lizenz: CC-BY-SA-3.0

In welchem Umfang die Bundeswehrtruppe in Afghanistan mit ihrer Gefechtsfeldaufklärung zur Zielplanung für die US-Drohneneinsätze beiträgt, lässt sich nicht abschätzen. Jedenfalls erklärte Bundesaußenminister Guido Westerwelle im August 2010 auf die Frage, ob er gezielte Tötungen für legitim halte: "Die Rechtslage ist eindeutig diesbezüglich. Wir müssen wissen, dass gegnerische Kämpfer in einem nicht internationalen bewaffneten Konflikt in dem vom humanitären Völkerrecht gesteckten Rahmen gezielt bekämpft werden können und auch dürfen."

Russland

Die russischen Streitkräfte verwenden mehrere Drohnentypen älterer Bauart. Im Jahre 1991 begann Russland mit der Lufterprobung der Kampfdrohne Tupolew TU-300 Korshun-U. Das Projekt wurde später ausgesetzt aber 2007 wieder aufgenommen.

RSK MiG Skat. Bild: Pycckue. Lizenz: CC-BY-SA-3.0

Dennoch hat das Land die moderne Drohnenentwicklung "verschlafen" und versucht nun seinen technologischen Rückstand aufzuholen, indem es 2011 in Israel ein Dutzend Drohnen für 400 Mio. Dollar einkaufte. Außerdem kündigte Präsident Wladimir Putin im Juni 2012 ein Drohnen-Entwicklungsprogramm bis zum Jahr 2020 im Gesamtumfang von rund 10 Milliarden Euro an. Neben Aufklärungsdrohnen arbeitet man auch an Kampfdrohnen. Die RSK MiG Skat hat eine Spannweite von 11,5 m. Sie ähnelt der amerikanischen X.47. Die Reichweite beträgt 4.000 km, als Nutzlast kann sei 2.000 kg mitführen. Für sie sind u. a. Waffensysteme zur Schiffs- und Radarbekämpfung vorgesehen. Am 15. Mai 2013 erging ein staatlicher Entwicklungsauftrag. Ein zweites Modell ist die Yakolev Proryv-U. Daneben arbeiteten einzelne Rüstungsfirmen an weiteren Projekten.

Volksrepublik China

Die chinesischen Streitkräfte verfügen über Nachbauten mehrerer sowjetischer Drohnentypen und entwickeln z. Zt. Verschiedene Kampfdrohnentypen: Sie präsentierten 2010 auf der Luftfahrtausstellung in Zhuhai ihre Kampfdrohne Chengdu Pterodactyl I, die eine Waffenlast von 100 kg transportieren kann. Außerdem arbeitet Chengdu an der Wing Loong, die mit der Luft-Boden-Rakete BA-7 oder mehreren Lenkbomben (LS-6, YZ-102A oder YZ-121) ausgerüstet werden kann. Im Jahr 2011 folgte die CASIC WJ-600, die mit mehreren Lenkwaffen (600 kg) bestückt werden kann. AVIC baut an seiner Stealth-Drohne Blue Shark. Ein Modell wurde erstmals 2012 in Zhuhai ausgestellt. Die China Academy of Aerospace Aerodynamics entwickelt z. Zt. die beiden Kampfdrohnen CH-3 und CH-4. Diese können mit verschiedenen Lenkbomben (AR-1 oder FT-5) ausgestattet werden. Die Beijing University of Aeronautics and Astronautics (BAUU) hat seit 2005 die BZK-005 entwickelt und erwägt eine Bewaffnung dieser Aufklärungsdrohne. Ein Demonstrationsträger ist die Stealthdrohne Li Jiang (= Dark Sword).

United Kingdom

Die britischen Streitkräfte verfügen über das Multispectral Adaptive Networked Tactical Imaging System (MANTIS), das mit bis zu 6 GBU-12 Paveway IV-Lenkbomben ausgerüstet werden kann. Seit 2006 entwickelt BAE Systems die Stealth-Drohne Taranis im Rahmen des Programms Strategic Unmanned Air Vehicle Experimental (SUAVE). Geplant ist eine Länge von etwa 10 m bei einer Spannweite von 11 m. Die Flugdauer soll mindestens acht Stunden betragen. Der Nurflügler soll eines Tages das bemannte Mehrzweckkampfflugzeug Tornado ablösen.

BAE Mantis. Bild: Mike Young (PD)

Außerdem bezogen die Briten 5 Reaper aus den USA, noch in diesem Jahr sollen weitere 5 Exemplare folgen. Die Drohnen gehören zur 13 Squadron und sind z. Zt. in Kandahar (Afghanistan) stationiert, die Einsatzführung befindet sich auf dem Fliegerhorst RAF Waddington in Großbritannien. Außerdem leasten die britischen Streitkräfte Hermes 450 vom israelischen Hersteller Elbit.

Israel

Israel ist neben den USA die führende "Drohnenmacht" und der Exportweltmeister in diesem Bereich. Die israelischen Streitkräfte verfügen spätestens seit 2009 über die IAI Heron TP Eitan. Sie ist mit einer Spannweite von 26 m und einem Gesamtgewicht von 5 Tonnen die derzeit größte Drohne der Welt. Ihre Nutzlast beträgt 1 Tonne. Die Flugdauer erreicht 36 Stunden. Die Drohne kann mehrere Funktionen erfüllen: Aufklärung, Luftbetankung anderer Drohnen oder Kampfeinsätze. So gehört die Eitan zum Verbund der israelischen Raketenabwehrsysteme!

IAI Heron. Bild: U.S. Air Force

Außerdem entwickelte Elbit die Drohnen Hermes 450 und Hermes 900. Diese verschießen israelische Panzerabwehrraketen - israelische Spike oder amerikanische Hellfire. Außerdem entwickelte die Israel Aerospace Industries in Zusammenarbeit mit Northrop Grumman die Kampfdrohne MQ-5B/C Hunter für die US-Army.

Sonstige

Die kanadischen Streitkräfte verfügen über die französische Kampfdrohne Serwer B.

Die Europäische Union betreibt seit 1999 ihr Projekt "nEUROn". Daran ist vor allem Frankreich (Dassault und Thales) beteiligt, aber auch Schweden (Saab), Schweiz (RUAG), Spanien (EADS CASA), Italien (Alenia) und Griechenland (EAB). Die Drohne absolvierte 2012 ihren Erstflug. Sie hat bei einer Länge von voraussichtlich 9,3 m eine Spannweite von 12,5 m. Das ganze Projekt kostet mindestens 400 Millionen Euro.

Die schwedischen Streitkräfte besitzen die Serwer B. Außerdem entwickelt Saab zwei Stealth-Dronen: Swedish Highly Advanced Research Configuration (SHARC) und Flying Innovative Low-Observable Unmanned Research (FILUR).

Dänemark besitzt die Serwer B.

Auch die Niederlande haben die französische Serwer B beschafft.

Frankreich hat den Prototypen einer Kampfdrohne SAGEM Sperwer B, die mit zwei Panzerabwehrraketen Spike bewaffnet werden kann, entwickelt. Außerdem beteiligt sich Frankreich am europäischen "nEUROn" Projekt.

SAGEM Sperwer. Bild: David Monniaux. Lizenz: CC-BY-SA-3.0

Die italienischen Streitkräfte stellten 2004 eine Staffel mit sechs amerikanischen RQ-1A Predator-A auf dem Fliegerhorst Foggia-Amendola in Dienst. Darüber hinaus gibt es Eigenentwicklungen: Alenia produziert die Molynx mit einer Reichweite von über 3.700 km und einer Nutzlast von mehr als 600 kg. Außerdem entwickelte Alenia den Demonstrationsträger Sky-X, eine Stealth-Drohne mit einer Länge von 7,8 m und einer Spannweite von 5,8 m. Sie hat eine Flugdauer von 2 Stunden. Die Nutzlast beträgt 200 kg. Selex ES produziert die Falco, die 2003 ihren Erstflug hatte und mehrfach exportiert wurde. Sie kann an zwei Unterflügelstationen eine Waffenlast von 70 kg mitführen.

Griechenland verfügt über die französische Serwer B.

Die türkischen Streitkräfte wollen aus den USA mehrere Reaper-Kampfdrohnen beziehen, aber der US-Kongress verweigerte bisher die Exportgenehmigung. Stattdessen wurden in Incirlik Predator-Drohnen der US-Luftwaffe stationiert.

In Südafrika entwickelte Denel Dynamics die Kampfdrohne Seeker 400. Sie kann mit zwei laser-gesteuerte Luft-Boden-Flugkörpern Mokopa ausgerüstet werden.

Die jordanischen Streitkräfte bestellten im November 2009 mehrere italienische Falco für ihre Sondereinheiten.

Der Iran verfügt u. a. über die Ababil-T und die C-802 Noor zur Schiffsbekämpfung (siehe oben).

Die pakistanischen Streitkräfte verwenden seit Januar 2007 die italienische Selex ES Falco. Außerdem haben sie den Prototypen der Kampfdrohne NESCOM Burraq entwickelt.

Indien erwarb ebenfalls Kampfdrohnen.

In Südkorea entwickelt die Korea Aerospace Industries (KAI) eine eigene Kampfdrohne "Korean UCAV" (K-UCAV). Das Fluggerät hat bei einer Länge von 8,4 m eine Spannweite von 9,1 m.

Die australischen Streitkräfte bezogen mehrere amerikanische Reaper.

Letztendlich bezog Argentinien 2009 mehrere Mantis-Drohnen aus Großbritannien.

Der Autor ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (BITS).

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