Kleines Debakel mit Gete

Seite 4: Tom Appleton singt ein Zigeunerlied

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Der Text geht so (gesungen natürlich - und besser wär’s gewesen mit einem Helmut Zacharias Kitsch-Orchester im Hintergrund: schluchzende Geigen und pipapo, oder ein Paar Djangos an der Gitarre, aber es geht auch anders):

Ich bin a Zigeina
Und ich fahre durch die Welt
Mal fahr ich hier hin
Mal fahr ich dort hin
Und ich bleib da
Wo’s mir gefällt

Ja, das ist mein Lebensstil
Und dazu braucht es gar nicht viel
Nur zwei Stück Papier
Nur zwei Stück Papier.
Liebe Leute, ja, da staunt ihr?
Nur zwei Stück Papier.

Das eine ist, mein Passaporto.
Das andre, das ist Geld.
Und damit
Fahr ich
Um die Welt!

Nur zwei Stück Papier
Nur zwei Stück Papier
Das eine, das heißt Passaporto
Das andre ist - auch nur Papier.
Das ist alles - und soforto
Schon bin ich weg von hier!

Ja zum Glück ich spreche Deutsch und
Englisch ebenfalls passabel
Et je peus parler français
Dans une manière très incroyable

Ich spreche Spanisch, Italienisch
Finnisch, in Helsinki, auch ein wenich,
und vawghan
man zabawne fawrsiraw
kheyli khoob harf mizanam.

Ja ich bin a Zigeina
Und ich fahre um die Welt -
Kommt mit mir mit
Ich zeig euch
Wo es mir soooo
GUUUt gefällt (bis)

Die letzte Zeile ist natürlich nicht rein geographisch zu verstehen. Sie verstanden es auch so. Kam gut, das Ganze. Später, nach dem Interview vor laufenden Kameras - schließlich bin ich der Einzige, der wirklich was Substantielles zu der Gotty-Geschichte beitragen kann. Zusammen mit John Simpson, dem Familien-Genealogen, der zu mir sagte: Du bist der Einzige hier, der überhaupt versteht, wovon ich spreche - kam man noch mal auf mich zurück. Ob ich nicht aus dem Buch Mit Goethe durch das Jahr 1993 einen kleinen Text auf Deutsch lesen könnte? Als ehemaliger Königsteiner kann ich zwar das Frankfurterische nicht so ganz 110prozentig, aber gut genug. Ich schlug also beliebig die Seiten 112, 113 auf und fing an zu lesen. Nein das gefiel ihnen nicht. Also hab ich den Text dann impromptu gesungen, als Lied. Es war schließlich auch ein Liedtext, der jetzt seit 1775 zum ersten Mal wieder erscholl. Und da ich auch ein alter Perser bin, der kurdische, aserbaidschanische und armenische Kinderfrolleins gehabt hat, singe ich natürlich jeden Text als käme ich gerade aus der Levante. Aber ich fand, das passte gar nicht so übel zu dieser internationalen Geschichte. Mal sehen, ob sie’s im Film drin lassen.

Bild: Tom Appleton

Nachher fuhr ich saumüde 400 Kilometer durch die Nacht und den sonnigen Sommertag (weil hier bekanntlich jetzt gerade Sommer ist - superschöne Landschaft, wenn man auf so was steht, und wie heißt jetzt eigentlich Schwappschutzdeckel auf Englisch???) und dachte, wie ich aus dieser verbogenen Story jetzt doch noch etwas Geld herausschlagen könnte, um wenigstens meinen Sprit zu bezahlen. Und wer würde jetzt meine 500 Fotos haben wollen, um sie in 30 Jahren zur Geschichte der Gottys hinzufügen zu können? Egal, ich lebe hier eine Minute vom Pazifikstrand entfernt und jetzt les ich erst mal Leo Tolsto. Die Auferstehung, Bertelsmann, ohne Datum, aus der Müllkiste des Goethe-Instituts. Leider ohne die Illus von Pasternaks Vater.

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