Klimageld: Ökologisch sinnvoll oder finanzielle Last?
Ist das Klimageld ein effektiver Schritt für den Umweltschutz oder eine finanzielle Bürde? Diese Frage spaltet Experten und Bürger.
Steigende CO2-Preise sollen klimafreundliches Verhalten fördern – andererseits sollen die Bürger dadurch nicht über Gebühr belastet werden.
Im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien ist daher vereinbart: "Um einen künftigen Preisanstieg zu kompensieren und die Akzeptanz des Marktsystems zu gewährleisten, werden wir einen sozialen Kompensationsmechanismus über die Abschaffung der EEG-Umlage hinaus entwickeln (Klimageld)."
CO2-Bepreisung: Ein effektives Werkzeug?
Die Idee des Klimageldes ist im Prinzip diese: Der Staat sammelt die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung ein und verteilt sie dann wieder pro Kopf auf die Bevölkerung. Damit hätten diejenigen, die wenig emittiert haben, am Ende gewonnen, während diejenigen, die mehr emittieren, am Ende draufzahlen.
Und da die einkommensstarken Bevölkerungsschichten im Durchschnitt mehr emittieren, wären sie auch stärker belastet. Bei Menschen mit geringeren Einkommen, die aufgrund eines geringeren Konsums weniger CO2 freisetzen, würden die Abgaben auf die Emissionen auf diese Weise kompensiert.
Klimageld für alle? Die finanzielle Dimension
Zum Jahreswechsel 2023/24 stieg der CO2-Preis von 30 auf 45 Euro pro Tonne. Durch die Abgabe hatte die Bundesregierung bis dato 11,4 Milliarden Euro eingenommen. Würde sie diese Summe komplett an die Bevölkerung zurückgeben, wären das 139 Euro pro Person – oder 556 Euro für eine vierköpfige Familie – dies rechnete der Bundesverband der Verbraucherzentralen im Dezember 2023 vor.
Doch ob und wann das Klimageld kommt, steht weiter in den Sternen. Seitens der Bundesregierung war zuletzt zu hören, das Klimageld könne möglicherweise erst 2027 kommen. Damit wird die Verantwortung einer künftigen Regierung zugeschoben, die eventuell gar kein Interesse mehr an dem Projekt Klimageld haben wird.
"Es kann nicht sein, dass die Bundesregierung sozialen Ausgleich beim Klimaschutz auf die lange Bank schiebt. Das Klimageld muss endlich kommen! Es geht nur ökosozial", forderte hingegen kürzlich Ulrich Schneider, Geschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes in einem gemeinsamen Aufruf von Sozialverbänden, ver.di, Greenpeace und BUND an die Bundesregierung.
Klimageld – Mehr als nur eine Auszahlung
Das Klimageld, noch dazu, wenn es sozial gestaffelt würde, erhöhe die gesellschaftliche Akzeptanz für den Klimaschutz, so die Organisationen. Doch ist es überhaupt gesichert, dass das Klimageld zur Akzeptanz der CO2-Bepreisung führen würde? Und wie genau müsste es ausgestaltet werden, damit es als gerecht empfunden wird?
Sabine Preuß, die am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) zu gesellschaftlichen Aspekten der Energiewende forscht, sagt: "Klimageld trägt in unseren Ergebnissen nicht unbedingt zur Akzeptanz des CO2-Preises bei."
Vielmehr gelte: "Die Akzeptanz wird vor allem durch die Verwendung der Mittel hergestellt." Dabei spielte vor allem der Klimaeffekt eine große Rolle, aber auch die Gerechtigkeit.
Alternative Wege für CO2-Einnahmen
Anstatt die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung pro Kopf zurückzuerstatten, gebe es eine Reihe von Alternativen, wie diese verwendet werden könnten, erläutert Stephan Sommer, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule Bochum.
Das könne zum Beispiel eine gezieltere Kompensation für Härtefälle sein, oder die Verwendung der Einnahmen für weitere Klimaschutzmaßnahmen, das sogenannte Green Spending. Letzteres sei in Umfragen am beliebtesten, nur profitierten einkommensschwache Haushalte vermutlich am wenigsten.
Jedenfalls nicht, wenn es um Subventionen für E-Autos oder für neue Heizungen gehe. Doch auch beim Green Spending gibt es Ausgaben, die eher als gerecht angesehen werden. Preuß nennt hier staatliche Investitionen, etwa in den Ausbau der Schiene oder der Windenergie.
Klimageld: Einkommensabhängig oder für jeden gleich?
Doch auch wenn sich die Regierung auf die Auszahlung eines Klimageldes an die Bürger:innen einigen sollte, wäre noch immer die Frage, ob dieses pro Kopf immer die gleiche Höhe haben oder besser nach Einkommen gestaffelt sein sollte.
Letzteres würde laut Matthias Kalkuhl, Leiter der Arbeitsgruppe Wirtschaftswachstum und menschliche Entwicklung am Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) zu einem hohen Aufwand für die Einkommensprüfung führen.
So könnten vielleicht die obersten 20 Prozent vom Bezug des Klimageldes ausgeschlossen werden. Gewonnen wäre aber nur etwas, wenn diese Summe nicht wieder durch die Verwaltungskosten aufgefressen würde.
Öffentlicher Nahverkehr: Schlüssel zum Klimaschutz?
Hinzu kämen unterschiedlich hohe Belastungen innerhalb der Einkommensgruppen. Unter den ärmsten 20 Prozent würden vermutlich zehn bis 20 Prozent der Haushalte über das Klimageld nicht ausreichend kompensiert, so Kalkuhl.
Eine wichtige Rolle dafür, ob Menschen hohe CO2-Kosten entstehen, spielt der öffentliche Nahverkehr – oder auch dessen Fehlen – sowie die Wärmeversorgung und der Gebäudezustand ihrer Wohnung.
Auch solche Kriterien könnten allerdings in das Klimageld einfließen, erklärt Sabine Preuß: "In Österreich gibt es das Klimageld, und wenn das ÖPNV-Netz gut ausgebaut ist, dann bekommt man weniger Klimageld." Faktisch treffe das aber nur auf Wien zu.
Gerechtigkeit im Klimaschutz: Eine komplexe Herausforderung
Damit Klimageld möglichst gerecht sein kann, braucht es daher Differenzierung. Allerdings wird das einfache Prinzip damit wieder komplizierter.
Generell bemängelt Kalkuhl, dass die Regierung im Haushalt eigentlich nichts für Klimaschutz ausgeben will, außer den Mitteln, die aus der CO2-Bepreisung kommen. Diese werde dann eher als Finanzierungsinstrument gesehen und bei knappen Kassen wird dementsprechend der Preis etwas erhöht.
Ökonom Kalkuhl vermisst bei der CO2-Bepreisung ein wirkliches Konzept, das soziale Gerechtigkeit beinhaltet. Und die Bereitschaft, öffentliche Aufgaben wie den Ausbau der Bahn aus dem allgemeinen Haushalt zu finanzieren.