Klimaschutz: Was geschehen müsste

Seite 2: Autoritäre Ansätze sind kontraproduktiv

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Aber damit wären ja noch nicht einmal die Halbierung der CO2-Emissionen erreicht. Es müssten noch weitere 100 bis 120 Millionen Tonnen eingespart werden. Kandidaten dafür wären der hohe Erdgasverbrauch in Kraftwerken, Industrie und Haushalten verantwortlich für 176 Millionen Tonnen CO2. Oder der Mineralölverbrauch, auf dessen Konto jährlich 258 Millionen Tonnen CO2 gehen.

Ursache sind hauptsächlich Heizungen und Verkehr. Im Verkehr allein wurden 2017 165 Millionen Tonnen CO2 in die Luft geblasen, und das Global Carbon Project macht den steigenden Erdölverbrauch nach der wieder zunehmenden Verwendung von Kohle als den zweit wichtigsten Grund für den Anstieg der weltweiten Emissionen verantwortlich.

An diesem Punkt müsste also angesetzt werden und das Heizen der Gebäude effizienter und der Kraftstoffverbrauch eingedämmt werden. Dabei kann man so Vorgehen, wie französische oder auch die deutschen Regierungen und die Lasten vor allem auf die kleinen Verbraucher abwälzen.

Etwa mit der Erhöhung der Energiekosten oder in dem man große Kapitalgesellschaften und allerlei Mafiosi auf Mieter los lässt und ihnen mit energetisch oft fraglichen Sanierungsmaßnahmen die Möglichkeit an die Hand, Mieter zu vergraulen und den Mietzins in astronomische Höhen zu treiben.

Politischer Wille fehlt

Man könnte aber auch die ohnehin die internationalen Finanzmärkte destabilisierenden Vermögen besteuern, den Reichtum reduzieren und das Geld zum Beispiel in den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und die Bahnen stecken.

Ist das getan, kann auch dran gegangen werden, den Individualverkehr mit administrativen und fiskalischen Mitteln zu beschränken, aber Bedingung muss immer sein, dass jedem Menschen unabhängig von Alter und Einkommen das gleiche Recht auf Mobilität zustehen muss.

Ähnliches gilt fürs Wohnen. Jeder muss das Recht auf eine bezahlbare Wohnung haben sowie das Recht in seiner angestammten Umgebung zu wohnen. Die ohne Frage wichtige thermische Sanierung der Wohnhäuser kann auch darüber erreicht werden, dass die Gemeinnützigkeit für öffentliche und genossenschaftliche Wohnungsbaugesellschaften wiederhergestellt wird und diese dann bei der Sanierung unterstützt werden.

Den privaten Unternehmen könnte man die Sanierung schlicht gesetzlich vorschreiben und gleichzeitig die Möglichkeit nehmen, mit diesen die Miete in die Höhe zu treiben. Zum Beispiel, indem die Kosten pro Quadratmeter gedeckelt werden, nur noch sechs Prozent der Kosten pro Jahr auf die Miete umlegbar sind und die Miete nach der Kostenabschreibung wieder auf das ursprüngliche Maß zurückgeführt werden müsste.

Das Problem bei alldem: Es fehlt weit und breit der politische Wille, ein derartiges Programm durchzusetzen. Den Grünen sind sozialstaatliche Überlegung inzwischen sehr fremd, Konservative, Liberale und Rechtsradikale führen sich eher wie Stoßtruppen der Kraftwerks- und Immobilienbranche auf, die SPD hat es immer noch nicht verstanden, dass sie als Nachhut derselben inzwischen überflüssig sind, und die Linken haben es ebenso wenig begriffen, dass es da nichts mehr mitzugestalten gibt.

Brand in Atomfabrik

Wie dem auch sei, übers Nachdenken über deutsche Verhältnisse sind in dieser Wochenschau jetzt viele andere Dinge zu kurz gekommen. Zum Beispiel wäre da noch der Brand in der Atomfabrik im südwestniedersächsischen Lingen, der mal wieder zweierlei gezeigt hat: Erstens gibt es neben den Atomkraftwerken auch eine ganze anderer riskanter Atomanlagen, und zweitens geht es immer noch zum üblichen Repertoire bei Unfällen erst einmal rumzudrucksen und soviel wie möglich zu vertuschen.

Und natürlich läuft im polnischen Katowice noch immer die UN-Klimakonferenz. Viel rauskommen wird dort wohl nicht. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat gar nicht erst den Versuch unternommen, dort für mehr Klimaschutz zu streiten. Warum auch. Schließlich sollen doch zu Hause noch möglichst lange weiter Braunkohle abgebaggert und verbrannt werden.