Konflikt zwischen Venezuela und Guyana: Alles begann 1835 mit einem deutschen Naturforscher

Seite 2: Gegen Venezuela: Die Exxon-US-Agenda in Guayana

Während die Obama-Regierung ihre aggressive Haltung gegenüber Venezuela verstärkte, indem sie das Land per Dekret zu einer "ungewöhnlichen und außergewöhnlichen Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA" erklärte und potenziell weitreichende Sanktionen gegen Regierungsbeamte verhängte, schloss Exxon einen Vertrag mit Guyana über die Erkundung von Ölvorkommen im umstrittenen Esequibo-Gebiet.

Im Mai 2015, als Guyana gerade einen neuen Präsidenten, den konservativen Militäroffizier David Granger, einen engen Verbündeten der USA, vereidigt hatte, machte Exxon im Atlantik nahe der venezolanischen Küste eine riesige Entdeckung. Die von Exxon in der "Liza-1-Bohrung" entdeckten Vorkommen sollen mehr als 700 Millionen Barrel Öl zu erschließen helfen.

Der Fund bedeutete für Guyana eine entscheidende Wende, denn er entsprach mehr als dem Zwölffachen der damaligen Wirtschaftsleistung des Landes – vorausgesetzt, das Öl gehört tatsächlich Guyana und nicht Venezuela.

Am 26. Januar 2015 war Joe Biden, damals noch als Vizepräsident, Gastgeber der ersten "Karibischen Energiesicherheitsinitiative", die Staatschefs und hochrangige Beamte aus karibischen Ländern mit multinationalen Führungskräften in Washington zusammenbrachte.

Das erklärte Ziel der Initiative war, den karibischen Staaten dabei zu helfen, "die Bedingungen zu schaffen, um Investitionen des privaten Sektors anzuziehen". Biden machte das eigentliche Ziel klar, als er sagte: "Ob es sich um die Ukraine oder die Karibik handelt, kein Land sollte in der Lage sein, natürliche Ressourcen als Zwangsmittel gegen ein anderes Land einzusetzen".

USA gegen das Programm PetroCaribe

Ohne es beim Namen zu nennen, bezog sich Biden auf Venezuela und dessen PetroCaribe-Programm, das den karibischen Staaten subventioniertes Öl und Gas praktisch ohne Vorlaufkosten zur Verfügung stellt.

PetroCaribe hatte die Entwicklung der Region in den zehn Jahren zuvor entscheidend gefördert. Das Programm wird eindeutig als Bedrohung für den Einfluss der USA in der Karibik und als Affront gegen die traditionelle Ausbeutung kleiner Entwicklungsländer durch Konzerne empfunden.

Zusätzlich zu den Sanktionen der Obama-Regierung, die darauf abzielten, Venezuela in der Region zu isolieren und es als "gescheiterten Staat" darzustellen, griff die "Karibische Energiesicherheitsinitiative" direkt Venezuelas Lebensader an: das Erdöl.

Der Bericht des US-Senats über das Budget des Außenministeriums für das Jahr 2016 empfahl die Freigabe von fünf Millionen US-Dollar für "verstärkte Anstrengungen, die Länder Lateinamerikas und der Karibik dabei zu unterstützen, eine größere Energieunabhängigkeit von Venezuela zu erreichen".

Die sinkenden Ölpreise hatten der venezolanischen Wirtschaft damals bereits geschadet, aber ein Ausschluss vom regionalen Ölhandel drohte noch größeren Schaden anzurichten.

Das Hauptproblem, nämlich die Frage, wie das venezolanische Öl im Rahmen von PetroCaribe ersetzt werden könnte, löste der neue Präsident Guyanas, ein ehemaliger Dozent am U.S. Army War College, mit einem Federstrich.

Nur drei Tage nach seinem Amtsantritt im Mai unternahm er eine bis dahin geheim gehaltene Reise in die USA. Wenige Stunden später machte Exxons Ölförderplattform Deepwater Champion im großen Stabroek-Block in dem umstrittenen Küstengebiet ihren ersten großen und lukrativen Fund.

Exxon verwirft diplomatische Lösung mit Venezuela

Die venezolanische Regierung forderte Exxon auf, das Gebiet zu verlassen, und verwies dabei auf ihren Anspruch auf das Esequibo-Gebiet sowie den laufenden Konflikt mit Guyana, in dem die UNO vermittelnd tätig war.

Doch Exxon ignorierte Venezuela und folgte dem Beispiel von Präsident Granger, der sich offen über die Genfer Konvention und die Forderungen Venezuelas hinwegsetzte, den Konflikt diplomatisch zu lösen und die UN-Vermittlung in die Lösung des jahrhundertealten Streits einzubeziehen.

Die Folgen erleben wir dieser Tage.

Eva Golinger ist eine venezolanisch-amerikanische Anwältin, Autorin und Aktivistin. Sie wurde bekannt durch ihre Arbeit bei der Analyse und Kritik der US-amerikanischen Außenpolitik, insbesondere im Zusammenhang mit Venezuela. Golinger war für ihre investigative Forschung bekannt, einschließlich ihrer Untersuchungen zur Beteiligung der USA in Venezuela und ihrer Unterstützung für den verstorbenen venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez. Zu Ende der Amtszeit von Chávez und nach Amtsantritt von dessen Nachfolger Nicolás Maduro hat sie öffentlich Abstand von dem politischen Projekt des Chavismus genommen.

Ihr vorliegender Text ist im Jahr 2015 auf dem Portal venezuelanalysis.com erschienen und wurde in der vorliegenden Fassung an einigen Stellen aktualisiert.

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