Konsolen-Triumvirat: PS2, Gamecube und X-Box

Der Kampf dreier Hardware-Hersteller um die optimale Position im Videospiele-Markt geht in die entscheidende Runde. Einige Voraussagen

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Die ersten Wort-Scharmützel laufen seit Monaten. Dort, in den Frontgräben am Cyber-Pass, wo das Fan-Fussvolk in eherner Treue zur erkorenen Firma steht, als gäbe es dafür irgendeine Form der Entlohnung. Da befeuert man sich, oft riskant knapp an der Analphabetismus-Grenze, mit virtuellen Verbal-Granaten vom Kaliber "X-Box rulezzzzzzz!!!!". Vor wenigen Wochen haben dann die Heeresleitungen mit flächendeckendem Werbe-Bombardement begonnen, das unter Garantie auch während der heiligen Weihnachtswochen nicht ausgesetzt wird. Die Schlacht tobt auf dem Territorium der USA - hier ist das erste Feld, wo alle drei Parteien in dieser Auseinandersetzung direkt aufeinandertreffen.

Bereits fest in seinen Stellungen eingegraben, der Marktführer Sony mit seinem ein Jahr alten Waffentyp PS2. Dann der Erbfeind Nintendo, der am 18. November nachrüstet mit dem Gamecube, welcher in kompakter, poppiger Leichtbauweise zu explosivem Erfolg surren soll. (Erste Sondereinsatzkommandos haben da übrigens bereits eine halbe Woche vorher mit der Infiltration ausgesuchter Händler-Regale begonnen.) Und dann der protzige Neuankömmling, der erstmals den Fehdehandschuh niederwirft und heute gleich mit im wahrsten Wortsinn schwerem Geschütz auffährt - der unhandlichen, technik-gemästeten X-Box. (Vgl.Eine Art Kreuzung aus Dampflokomotive und MTV)

"Krieg der Konsolen" wird oft und gern genannt, was da gerade in die entscheidende Runde geht - der Kampf nunmehr dreier Hardware-Hersteller um die optimale Position im Videospiele-Markt. Ein Markt mit rund $30 Milliarden Gesamt-Volumen in diesem Jahr. (Vgl"Give me Playstation or Death!")

Dabei ist die Gleichsetzung dieser wirtschaftlichen Auseinandersetzung mit einem Krieg gar nicht so wahnsinnig sinnvoll. Schon die Frage nach dem Kriterium der Sieger-Kür zeigt das: Ist's die Konsole, von der die größte Stückzahl ihren Weg in Konsumenten-Wohnstuben gefunden hat? Nicht unbedingt. Das eigentliche Geschäft im Videospiel-Markt machen auch die Hardware-Hersteller nur mit der Software: Zumindest während des überwiegenden Teils eines Produktzyklusses zahlt der Hersteller bei jeder Konsole drauf - Microsoft beispielsweise pro X-Box knapp über $100. Erst über Lizenzgebühren für jedes verkaufte Spiel fließt dieses Geld wieder in die Kassen.

Also ist der wahre Gewinner derjenige mit den höchsten Software-Verkaufszahlen? Auch nicht unbedingt, denn letztlich kommt's ja auf das Verhältnis von Hardware- zu Softwareabsatz an. Nein, ein Sieger im Konsolen-Geschäft ist schlicht jede Firma, die sich auf dem Markt behaupten und dabei am Ende mit deutlich mehr Geld als zuvor dastehen kann. (Zugegeben: Soviel anders als im echten Krieg ist das jetzt auch wieder nicht...)

Hier kommen wir dann doch zu einer Frage auf Leben und Tod

Wird für diese Geräte-Generation der Markt-Kuchen erstmals groß genug sein, dass sich gleich drei Hersteller ein Stück abschneiden können, von dem sie satt werden? Bisher galt in ähnlichen Situationen stets, dass recht bald eine der Firmen sich ein "Diese Stadt ist nicht groß genug für uns alle" anhören musste. Wenn aber die steil nach oben weisenden Prognosen für den Gesamtumsatz der Branche zutreffen, könnte sich das diesmal ändern - eine aktuelle Studie der Business Communication Company beispielsweise rechnet für 2003 mit einem um fast $10 Milliarden gestiegenen Branchen-Jahresumsatz. (Dann allerdings für 2006 mit einem Abschwung zurück auf's heutige Level.) In der allgemeinen Euphorie (oder eher: Hysterie?) der Boom-Zeiten noch vor einem Jahr wäre die Wahrscheinlichkeit dafür nicht mal gering gewesen.

Wenn sich die momentane Konjunkturschwäche zu einer leibhaftigen Rezession auswächst, mag das anders herschauen. Die Terroristen vom 11. September haben anscheinend auch Risse gesprengt in einen der Grundpfeiler unserer Gesellschaft - die Bereitschaft der Menschen, unablässig Sachen zu kaufen, die sie nicht wirklich brauchen. So fällt nun der US-Start der beiden neuen Konsolen in eine Zeit, wo die Mehrheit der Leute verständlicherweise mit anderen Dingen als Videospielen beschäftigt ist - und wo das Geld längst nicht mehr so locker sitzt für Neuanschaffungen.

Das ist für Sony einerseits günstig, da die PS2 ihren Stapellauf noch in wesentlich freundlicherem Klima feiern und sich einen Vorsprung herausfahren konnte und nun ihre Doppelfunktion als DVD-Player wieder ein guter Kaufanreiz werden könnte. Andererseits leidet trotz eben erst wiedererlangter Profitabilität im Games-Sektor der Gesamtkonzern Sony schwer an der Flaute im übrigen Entertainment-Bereich (Nettoverlust im 2. Quartal 2001: 13,2 Milliarden Yen), was irgendwann den finanziellen Handlungsspielraum einschränken könnte.

Ganz unrecht dürfte wiederum die Situation derzeit Nintendo nicht sein - wiegt dadurch doch das Argument schwerer, dass der Gamecube mit $199 um $100 billiger ist als PS2 und X-Box. Wirklich heikel wird die Sache hingegen für Microsoft in Europa. Da gehört das diesjährige Weihnachtsgeschäft ganz allein der jüngst preislich tiefergelegten PS2. (Nintendo hat immerhin durch den Gameboy Advance einen Fuß in der Tür.) Und dann erwartet Bill Gates auch noch, dass ab dem 14. März die Gamer 479 Euro springen lassen für die neue Maschine - mit dem üblichen Zubehör und zwei, drei Spielen (à 69 Euro) also so um die rund 750 Euro. Das gibt aber die Arbeitslosenhilfe der einstigen jungdynamischen Startup-Angestellten ebensowenig her wie das gekürzte Taschengeld der Kinder von T-Aktien-Besitzern. (Überhaupt wird es interessant werden zu beobachten, ob nicht bald die drei Hauptmärkte - USA, Europa und Japan - auseinanderdriften: Niemand räumt der X-Box in Japan eine reelle Chance ein.)

Also orakeln wir ein wenig: Wenn das Geldmeer des Marktes nur zwei Konsolen tragen könnte - wer würde dann wohl am ehesten untergehen? Eine klare Antwort darauf zu wagen, wäre unlauter. Denn alle kurzfristigen Prognosen haben dafür zu wenig Aussagekraft - und vom derzeitigen Ausguck zu weit in die Zukunft zu schauen, hieße nur, den Blick in pure Visionen verschwimmen zu lassen. Kein Hellseher freilich muss man sein, um die Entwicklung bis Januar vorauszusagen: Den größten Lebkuchenanteil vom Weihnachtsgeschäft wird sich Sony schnappen; zugleich wird die verfügbare Anzahl an X-Quadern und Game-Würfeln relativ restlos über die Ladentische gehen. Alles andere wäre eine echte Überraschung. Die wahre Weichenstellung wird man frühestens nächstes Jahr erleben - dann aber gut möglich, dass der Weihnachtsmann 2002 entscheidet, wer den Sack zumacht. Geschlagen geben wird sich keiner der Kontrahenten innerhalb der nächsten drei, vier Jahre - Minimum.

Es gibt, das muss man sich klar machen, keine Underdogs in diesem Fight um den Dollar-Fressnapf. Sega, die mit dem Dreamcast sehr bald vorzeitig das Feld räumen mussten, war ein bereits angeschlagener Konzern; nichts als ein schneller, riesiger Erfolg hätte das Überleben der Konsole gesichert. Selbst Nintendo aber, hinter dem unter den drei verbliebenen Kontrahenten die geringste Konzern-Macht steht, ist ein Unternehmen mit tiefen, insbesondere vom Erfolg der diversen Game Boys und Pokémons prall gefüllter Taschen.

An mangelndem Ausharrungswillen wird es garantiert nicht liegen, falls einer aus dem Konsolen-Triumvirat die Segel streichen müsste. An grundlegenden Produktmankos genauso wenig. Videospiele sind zum Massengeschäft geworden, das finanziell längst mit Hollywood mithalten kann. Wie bei allem, was in den Mainstream schwimmt, heißt das aber auch hier, dass Qualität zum bestenfalls sekundären Kriterium für Erfolg wird. Sobald mit Millionen-Macht ein Millionen-Publikum angesprochen wird, wird die Überzeugungsarbeit anders geleistet; da wendet man sich nicht mehr an den kritischen und fundiert informierten Konsumenten.

Es geht hier um Leute, die "Superman 64" zu einem der erfolgreichsten Titel (Spiel möchte man's nicht nennen) auf dem Nintendo 64 machten; die die Entscheidung beim Softwarekauf nach den bunten Bildern auf der Verpackung treffen; die überrascht sind zu hören, dass man auf der PSone nicht die Spiele von der PS2 spielen kann. (Live im Fachhandel erlebt!) Keine dummen Leute - einfach Menschen, deren Leben sich um andere Dinge dreht und die weder Zeit noch Lust haben, lange zu recherchieren. So, wie sie Samstags halt einfach in den Film gehen, der im nächstgelegenen Multiplex im größten Saal läuft.

Es hat nicht übermäßig viel Sinn, die Chancen der drei Konsolen abstrakt an technischen Daten oder der Güte der Spiele ablesen zu wollen. Von dem, was sie effektiv auf den Bildschirm bringen, nehmen sich die Konsolen da gegenseitig zu wenig (und die PS2, die da allenfalls im Nachteil sein könnte, hat ihren Vorsprung von bereits rund 20 Millionen ausgelieferten (und bald wohl auch verkauften) Einheiten als Ausgleich). Es wird viel, vielleicht sogar das meiste, abhängen vom Image, das die Werber mit den Geräten zu verknüpfen schaffen - davon, wer sich da am überzeugendsten als Siegertyp präsentieren kann, als irgendwie aufregend rebellisch und restlos mainstreamtauglich zugleich, als "cool".

Die Entscheidung für einen erheblichen Teil der Konsolen-Käufe wird, self-fulfilling prophecy, fallen nach dem Kriterium: Für welche Firma werden sich die meisten anderen wohl entscheiden? Die PS2 zeigt ja exemplarisch, wie eine Konsole zu nicht unbeachtlichem Erfolg kommen kann, noch bevor sie viel getan hat, ihn sich zu verdienen. Die Qualität wie die Absatzzahlen der Software waren (Sony-Chef Kent Kutaragi hat es unlängst offen zugegeben) in ihrem ersten Lebensjahr fast durchweg enttäuschend - erst jüngst begann das, sich entscheidend zu ändern. Aber die vorherrschende Erwartung, der jetzige Marktführer würde auch Marktführer bleiben, hat trotzdem für einen Vertrauens-Vorschuss von Händlern, Entwicklern, Konsumenten gesorgt, der das Gerät mühelos über die Durststrecke getragen hat. Man vergleiche das nun mit der Geschichte des Dreamcast...

Zum größten Feind jeder drei Firmen kann die Arroganz werden

Das Ungeschickteste, was Sony tun könnte, wäre, sich aufgrund dieser Erfahrung in Sorglosigkeit zu wiegen. Man sollte beispielsweise nicht vergessen, dass Sony zwar als einstiger Quereinsteiger und Außenseiter wahrhaft ein marketingtechnisches Meisterstück abgeliefert hat mit Einführung und Positionierung der ersten Playstation. Dass der Konzern aber seither seine Führungsrolle in einem Umfeld gespielt hat, in dem die Konkurrenz ja schon mutwillig bemüht schien, sich dauernd selbst ein Bein zu stellen. Nintendo hat viel Lehrgeld gezahlt mit dem problembehafteten N64 - sich nun aber allem Anschein nach auch sehr ins Zeug gelegt, um es mit dem Gamecube verzinst zu bekommen. Und Microsoft wird die X-Box mit einer ganz anderen Macht ins Bewusstsein der Menschheit pushen können als Sega den wackeren Dreamcast.

Es ist nicht gerade das wahrscheinlichste Szenario. Aber es sind immerhin Wege denkbar, wie Sonys kryptische PS2-Werbespot-Tagline "The third place!" doch noch widererwartend prophetische Bedeutung beweisen könnte. Beispiel so: Die Entwicklung verstärkt sich, dass unabhängige Spielevertriebe die immer immenseren Entwicklungskosten durch Umsetzungen ihrer Titel für mehrere Konsolen abfedern. Der 1-Jahres-Vorsprung der PS2 wird plötzlich zum Nachtteil: Als technisch schwächste der drei Konsolen wird die Spielhaltestelle 2 zum qualitativen Sackbahnhof - die anderen bekommen die selben Spiele, aber mit mehr Bonbons für die Augen. Der Trend geht zur Zweit-Konsole. Es rächt sich, dass Sony sich nie übermäßig um Spielschmieden im eigenen Haus gekümmert hat - zwar kommen "Gran Turismo" Teil 4 und 5, aber irgendwann ist auch der größte Fan oft genug mit japanischen Familienwagen tagelang im Kreis gefahren. Und auf den anderen Konsolen gibt's jede Menge spannendere Exklusivtitel... Noch einmal betont: Reines Gedankenspiel, muss nicht so kommen, wird es eher auch nicht. Aber können täte es.

Wo Microsoft die Arroganz hernimmt, die schon wieder aus dem Auftreten mit der X-Box strotzt, ist etwas rätselhaft. Es muss wohl einfach die tiefeingesessene Firmentradition sein, die da durchschlägt. Seltsamerweise war's das schon legendäre Debakel auf der diesjährigen E3, das da eine Wende gebracht zu haben schien weg von der anfänglichen, für's Produkt heilsamen Versagensangst.

Während bei Entwicklern, Händlern, Gamern die vorsichtige Euphorie schlagartig einer großen Skepsis wich, schien bei Microsoft bald so etwas wie eine Trotzreaktion einzusetzen - haben schon so viele so viel Schlechtes über die Firma gesagt, und trotzdem ist sie näher an sowas wie Weltherrschaft als jeder James-Bond-Film-Schurke es je war, also wäre doch gelacht, wenn man gerade jetzt anfinge, auf Miesmacher zu hören... Womit, man muss es zugeben, die von Microsoft ja so unrecht auch wieder nicht haben. Ganz klar, als Neuankömmlinge, noch dazu als weithin wenig geliebte und als welche, die sich vor dem Start schon diverse Patzer erlaubt haben, sind sie in der Bringschuld. So, wie die PS2 von den Erfolgserwartungen beflügelt wird, könnte die weitverbreitete "Schau mer mal, dann sehn mer's schon"-Haltung gegenüber der X-Box zum Verhängnis werden: Alle schauen, keiner tut, nix gibt's zum Sehen.

Wenn aber mancherorts über einen möglichen Misserfolg der X-Box spekuliert wird, muss man sich klar machen, dass die Firma bis zum Amen noch etliche Messen lesen lassen kann und wird: Microsoft erwartet, dass man um die $2 Milliarden (sic!) zubuttern wird, bevor das X-Box-Geschäft profitabel wird; vor 2005 oder 2006 rechnet man gar nicht erst damit. $500 Mio. beträgt allein der Werbeetat für die Markteinführung in den USA - man sollte nicht unterschätzen, was man mit solch einem Budget bei geschicktem Einsatz in den Köpfen etlicher Konsumenten an Begehr wachbombardieren kann.

Trotzdem kann der Strich durch Microsofts Rechnung kommen, bevor die Summe von roten auf schwarze Zahlen wechselt. Sollten die Konsumenten einfach nicht und nicht Gefallen an der X-Box finden, sollten die Spiele-Vertreiber einfach die Lust an dieser Konsole verlieren, weil die installierte Basis zu klein bleibt - dann hilft irgendwann alles Ausharren nichts mehr. Schließlich ist Microsoft eine Aktiengesellschaft, deren Anteilseigner irgendwann auch den Rückzug auf's erprobte Kerngeschäft fordern werden, wenn der X-Box-Bereich aus der Verlustzone nicht herauskommen will. Eine Vorstellung, die viele mit hämischer Freude erfüllen dürfte - wer aber meint, dass es bald oder ohne großes Aufbäumen soweit kommen könnte, ist enorm naiv.

Nintendos Arroganz äußert sich weniger nach außen hin. Zwar bekommen auch die Kunden gelegentlich mit, dass die Mütter aller Marios gern darauf beharrt, die Dinge auf ihre ganz eigene Weise zu tun - manchmal scheint da der conventional wisdom der Branche außer Kraft gesetzt. So richtig zu spüren bekommen die Sonderhaltung der Japaner aber die unabhängigen Software-Entwickler. Die haben sich dem strikten Diktat des zentralistisch von Japan aus gelenkten Konzerns allzeit zu beugen, müssen sich mit geringeren Gewinn-Margen abfinden und wurden in der Vergangenheit generell nicht unbedingt als Wunschkinder behandelt. Erst in jüngster Zeit scheint sich daran etwas zu ändern.

Und auch im Gebaren gegenüber der Konkurrenz konnte man nicht selten den Eindruck gewinnen, dass Nintendo niemanden groß wahr- und ernst zu nehmen scheint, auf den zu reagieren wäre. The Big N hat es bis vor kurzem nie für sonderlich von Nöten gehalten, sich gegen das "Nur für Kinder"-Image zu wehren, das letztlich ein Produkt von Sonys Playstation-Marketingstrategie ist. Der Erfolg der Playstation liegt vor allem darin begründet, dass sie immer sehr konsequent auf adoleszente Männer als Konsumenten gezielt hat. Nintendo hat dieses Publikumssegment nie gleichermaßen fokussiert verfolgt.

Was da immer wieder als Defizit angemahnt wird, ist aber in Wirklichkeit eher eine breitere Streuung der Zielgruppe. "Erwachsene" (sprich oft: "pubertäre") Spiele waren nie ausgeklammert bei Nintendo, für First-Person-Shooter beispielsweise war das N64 ein besseres Heim als die Playstation. Aber Nintendo hat sich stets auch um Käufer (und Käuferinnen!) bemüht, die Sony bewusst lange unbedient ließ, um dem "coolen" Image keinen Lackschaden beizufügen. Jetzt muss Nintendo sich einen Teil der Gamer-Krengruppe (eben junge Männer zwischen 15 und 25) zurückerobern - wird aber andererseits um so mehr Erfahrungs-Vorsprung haben, je mehr der Videospielmarkt sich auch auf andere Bevölkerungsschichten ausdehnt. Momentan ist der Gamecube jene Konsole, die am wenigsten Furore macht, die auf den wenigsten Rechnungen als dominante Kraft erscheint. Man sollte den schnuckeligen Würfel deshalb aber nicht unterschätzen.

Als einzige von den drei Firmen ist Nintendo ein reiner Videospielkonzern, der sich auf nichts als diesen Geschäftsbereich konzentriert und da mehr Erfahrung hat als Sony und Microsoft zusammen. Vor allem was die Software-Entwicklung angeht. Die Qualität, Innovationskraft und Produktivität der hauseigenen wie der exklusiv verpflichteten Entwickler stehen außer Zweifel, und diese sind zahlreicher als die bei Sony und eingespielter als Microsofts bunt gemischte Neuerwerbungen.

Wer das überzeugendste Angebot an Exklusiv-Software aufzufahren weiß, könnte zum mindestens zweitwichtigsten Faktor in der Schlacht um den Markt werden

Bisher hatte das Prädikat "Exklusiv auf ..." wenig praktische Bedeutung - zu verschieden waren Playstation, Nintendo 64, Dreamcast. Da ging es eher um Grundsatzfragen und prinzipielle Vorlieben, jede Konsole deckte einen ziemlich eigenen Bereich ab, und es war mehr die Regel als die Ausnahme, dass ein Spiel speziell für eines der Geräte entwickelt war. (Weswegen wahre Spiele-FreundInnen auch auf kein einziges davon hätten verzichten können.)

Gamecube, X-Box, PS2 jedoch sind sich vergleichsweise ähnlich: Leistungsmäßig bei diversen Aspekten auf unterschiedlichen Tabellenplätzen, aber alle in der selben Liga. (Nur für kommende Online-Spiele wäre die X-Box mit dem eingebauten Broadband-Adapter besser gerüstet.) Kein Gerät mit solch grundlegenden architektonischen Hemmschuhen oder Sonderwegen wie das N64 mit seinen Steckmodulen als Speichermedium. Und alle im Kampf um so ziemlich die selbe Zielgruppe. Es gibt letztlich (Sonderfälle wie die alte Nintendo-vs.-Square Fehde aussgeschlossen) nur zwei triftige Gründe, warum ein Spielevertrieb einen Titel nicht auf allen drei Konsolen veröffentlichen sollte: Entweder er verspricht sich bei einer oder zwei von ihnen nicht die nötigen Absatzzahlen. Oder er hat einen Vertrag abgeschlossen, der (gegen Gegenleistung, versteht sich) für eine davon Exklusivität garantiert.

Gerade was die X-Box angeht, hat in den letzten Wochen schon das Gerangel darum begonnen, welche der angekündigten Titel nun wirklich ausschließlich für die X-Kiste erscheinen und welche nur auf Zeit oder nur in besonderen Versionen. Alles erst ein Vorgeschmack auf kommende Diskussionen, steht zu vermuten. Die Hatz nach der "Killer-App", der Applikation, dem Stück Softwarekunst, die so atemberaubend ist, dass man sich dafür die Hardware kauft, auf der sie (und zwar einzig, das ist die Crux) läuft - sie wird das Konsolen-Hersteller-Trio noch ganz anders beschäftigen als bisher.

So reich wie in dieser Runde des Hauen und Stechens unter mehreren Hardware-Fabrikateuren konnte man als Softwareunternehmen gewiss noch nie mit dem Versprechen werden, ein Spiel NICHT zu programmieren - und zwar nicht für die anderen Konsolen. Da könnte den Code-Lieferanten eine Macht zuwachsen, von der sie bisher nur träumen konnten. Und wäre dies dann nicht überhaupt das Lustigste: Wenn der vorzeitig ausgeschiedene vierte Mitbewerber, mittlerweile ja zum reinen Softwarekonzern mutiert, seine Pläne verwirklichen könnte, zum wichtigsten Unternehmen der Spieleentwickler-Branche zu werden. Und dann ausgerechnet Sega Zünglein an der Waage spielen würde im Kampf zwischen Microsoft, Sony und Nintendo!