Krieg adelt
Trotz aller Krisen und Skandale steht die überwältigende Mehrheit noch immer hinter der Bush-Regierung
Die Verstrickungen der Bush-Regierung mit dem Pleite gegangenen Energiekonzern Enron und die Weigerung von Vizepräsident Dick, die Namen der Enron-Manager zu nennen, mit denen sich Regierungsmitglieder zur Abstimmung der Energiepolitik trafen, scheinen bei den Amerikanern zwar Besorgnis hervorzurufen. Doch dieser Skandal wie auch die Rezession, die zunehmende Verschuldung und die Ankündigungen weiterer militärischer Aktionen haben die Popularität von George W. Bush bislang kaum geschmälert.
Noch immer steht Bush nach den Anschlägen vom 11.9. - und vor allem seit er zum Kriegsherrn wurde - in der Gunst der Amerikaner so hoch wie noch nie ein anderer Präsident zuvor. Nach einer aktuellen Umfrage der Washington Post finden noch immer erstaunliche 83 Prozent der Befragten, dass er seinen Job als Präsident gut macht, 56 Prozent meinen gar, er mache ihn sehr gut. Beim Start des Krieges war die Zustimmung mit 92 Prozent am höchsten (Überwältigende Mehrheit der Amerikaner für Militäraktion gegen den Irak), einen Monat zuvor lag sie bei 86 Prozent (Die Angst geht zurück, die Bedenken wachsen). Als größte Leistung seines ersten Präsidentschaftsjahres wird denn auch der Kampf gegen den Terrorismus und die Reaktion auf die Anschläge vom 11.9. betrachtet.
Die erstaunlich lang anhaltende Popularität zeigt, wie tief die Amerikaner als Nation und Supermacht von den Anschlägen getroffen waren oder vielleicht auch nur die Macht der medialen Massage mit den permanenten Nachrichten über "America at War", die, solange keine großen Verluste zu beklagen sind, wahrscheinlich auch interessanter und vielleicht leichter zu verstehen sind wie Verstrickungen in Wirtschaftsskandale, Energie- und Umweltfragen oder Diskussionen über Konjunkturprogramme. Als oberster Kriegsherr kommt Bush mit 88 Prozent Zustimmung fast ganz ohne Einbußen davon. Das ist auch deswegen erstaunlich, weil mittlerweile die Mehrheit der Amerikaner (54%) der Ansicht ist, dass das gegenwärtige Hauptproblem der USA nicht mehr der Terrorismus, sondern die Ökonomie ist. Im Dezember des letzten Jahres lag der Terrorismus mit 49 % noch an erster Stelle. Gleichwohl sind die meisten Amerikaner gegen Kürzungen bei den Militärausgaben, wenn Haushaltskürzungen notwendig wären. Lieber würden sie Rücknahmen bei den von Bush versprochenen Steuerkürzungen akzeptieren.
Auch wenn 75 Prozent der Befragten fordern, dass die Bush-Regierung eine umfassende Untersuchung des Enron-Skandals (Enrongate) durchführen soll, und fast ebensoviel dafür sind, dass die Regierungsmitglieder alle ihre Kontakte mit Enron aufdecken sollen, scheint dies bislang der Popularität keinen Abbruch zu tun (Die Bush-Administration: Full of Energy!). Noch weigert sich auch Bush, Einzelheiten über Treffen von Enron-Angestellten mit Regierungsangehörigen und den Mitglieder der Arbeitsgruppe für Energie bekannt zu geben. Ein Prozess scheint daher unausweichlich zu sein, in dem durchaus das Vertrauen der Bürger in ihren Präsidenten sinken könnte. Immerhin glauben jetzt noch 52 Prozent, dass er richtig mit dem Enron-Skandal umgegangen sei. Auch was die Wirtschaft insgesamt (62%), die Umweltpolitik (54%), den Haushalt (59%) oder die Bildung (71%) angeht, nimmt die Zustimmung noch zu. Trotz aller Zustimmung sind viele der Befragten der Meinung, dass große Konzerne vornehmlich aus dem Energiesektor zu viel Einfluss auf die Regierung haben, während der Umweltschutz und die Belange der kleinen Leute zu kurz kommen.
Die Demokraten haben zur Zeit schlechte Karten. 62 Prozent trauen Bush eher zu, mit den größten Problemen des Landes zurecht zu kommen, als den abgeschlagenen Demokraten. Das färbt auch auf die Republikaner im Kongress ab, denen 44 Prozent dies eher zutrauen, allerdings ist hier der Unterschied zu den Demokraten (40 %) schon deutlich kleiner. Für die Kongresswahlen am Ende des Jahres stehen die Zeichen also für die Republikaner noch gut, zumal die Amerikaner (69%) auch sehr optimistisch sind, dass die wirtschaftliche Krise nach einem Jahr beendet sein wird.
Was den Krieg gegen den Terrorismus angeht, so passen sich die Amerikaner der Wirklichkeit flexibel an. Während immer weniger glauben, dass die US-Militärs noch Bin Ladin fangen werden, glauben immer mehr, dass der Kampf erfolgreich sein wird, auch wenn man Bin Ladin nicht fangen oder töten kann. Immer noch sind auch 71 Prozent der Amerikaner für eine militärische Aktion gegen den früheren Erzfeind Irak zu haben. Und die Mehrzahl (60%) meint weiterhin, dass Ausländer, die des Terrorismus verdächtigt werden, vor Militärgerichten der Prozess gemacht werden soll.