Krieg um die Ukraine, Kampf um die Köpfe

Seite 2: "East StratCom Task Force" der EU

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Keines der jungen Medienprojekte in der Ukraine kommt ohne Finanzhilfen aus dem Westen aus. Und der politische Druck aus den Geberstaaten und der EU nimmt vor dem Hintergrund des schwelenden Konfliktes zwischen der Nato und Russland zu.

Vergangenen September gründete die EU eine Arbeitsgruppe zur "strategischen Kommunikation" in den Ländern der sogenannten östlichen Partnerschaft, also jene Staaten zwischen der Ostgrenze der Union und der Westgrenze der Russischen Föderation. Vor allem die baltischen Staaten und Großbritannien hatten auf die Schaffung dieser "East StratCom Task Force" gedrängt, um auf die öffentliche Meinung in der Ukraine, Georgien, Moldau, Armenien, Aserbaidschan und Belarus Einfluss nehmen zu können. In Deutschland wird die Initiative, die nach eigenen Angaben über ein Netzwerk von rund 500 Informanten verfügt, vom Bundesnachrichtendienst flankiert (EU-Parlament fordert strategische Kommunikation gegen russische Propaganda).

Während die Unterstützungsgruppe für die Ukraine der EU-Kommission auf eine enge Kooperation mit der Task Force achtet, verfolgen die USA eigene Medienprojekte. Außerhalb von Kiew befindet sich der Sitz der US-Organisation Internews, die eng mit der Washingtoner Behörde für Entwicklungszusammenarbeit, USAID, kooperiert.

Wer mit Büroleiter Wayne Sharp sprechen möchte, muss über einen holprigen Weg durch eine Datschensiedlung am Rande von Kiew fahren. Dass hier eine der wichtigsten Durchführungsorganisationen der USAID sitzt, lassen am Ende des Weges ein paar Limousinen, ein blickdichtes Metalltor und die hohe Antenne auf dem Dach vermuten. Sharp, der unter anderem als Mitarbeiter des US-amerikanischen National Democratic Institute das Kommunikationszentrum des Georgischen Parlaments geleitet hat, steht hier gut einem Dutzend Mitarbeitern vor. "Neben Medieninhalten geht es uns um die Pressegesetzgebung und Korruptionsbekämpfung", sagt Sharp, der gemeinsam mit Partnern aus der EU auch Programme auf der inzwischen russischen Krim organisiert. Das Wichtigste, sagt er, sei der Aufbau neuer Fernsehsender wie Hromadske TV, um den Einfluss der großen Sender zu schmälern.

Westliche Mediennetzwerke wirken in beide Richtungen

Der Kampf des Westens um die öffentliche Meinung in der Ukraine und anderen Staaten Osteuropas sowie des Baltikums hat in den vergangenen Jahren geschlossene Netzwerke entstehen lassen, die in zwei Richtungen zu wirken scheinen: In der Ukraine ist eine neue Medienlandschaft entstanden, die vollständig abhängig von westlichen Gebern ist; als Pendant zu prorussischen Medien im umkämpften Osten des Landes. Organisatoren und Aktivisten dieser neuen medial-politischen Sphäre kommt zugleich aber im Westen eine Diskurs bestimmende Rolle zu.

Die Journalistin Gemma Pörzgen etwa warnt als Journalistin auf der einen Seite vor dem Einfluss russischer Medien wie Russia Today und seinem hiesigen Ableger RTDeutsch. Mitte dieses Jahres dann legte sie als Vorstandsmitglied der Organisation Reporter ohne Grenzen selbst einen Bericht über die Lage der Medien in der Ukraine vor, der - schwach begründet - eine Verbesserung der Lage konstatierte. Pörzgen wechselte damals ihre Rolle und gab Kolleginnen und Kollegen als Expertin Interviews.

All das zeigt: Die junge Medienlandschaft in der Ukraine droht im Kampf zwischen geopolitischen Interessen zerrieben zu werden. Die nationalen Oligarchen mit ihren servilen Politsendern im Land; ein Präsident, der einen engen Vertrauten an der Spitze eines ominösen Informationsministeriums inthronisiert; russische Medienmacht auf der einen Seite, EU- und Nato-Staaten mit ebenso öffentlichen und verdeckten Programmen auf der anderen Seite. In diesem schwierigen Szenario wird es kaum möglich sein, unabhängige Medienprojekte dauerhaft aufzubauen, zumal die Finanzierung aus dem Westen meist nur für ein Jahr gewährt und regelmäßig evaluiert wird.

Bedachte Recherchen wie die von Kariakina und Kollegen über einen Scharfschützen der Paramilitärs auf dem Maidan oder die ehrenamtlich produzierten Radiotalkshows von Hromadske Radio werden überdeckt von schrillen Tönen, die sich ins westliche Narrativ von notwendiger Gegenpropaganda einfügen. Oder, wie Axel Springers "Welt", über StopFake.org schrieb: "Wie man sich gegen Russenpropaganda wehrt."