Krim: Reisen ins Non-Grata-Land

Seite 2: Interview mit Violetta Tischina, Vorsitzende der Organisation "Haus der Freundschaft von Partnerstädten Simferopol-Heidelberg"

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Vor fünf Jahren wurde die Krim wieder russisch. Was hat sich in dieser Zeit in Ihrer Stadt verändert?

Violetta Tischina: In den letzten fünf Jahren gibt es in Simferopol sehr große und umfangreiche positive Veränderungen, auf die wir Simferopoler stolz sind:

Es wurde ein neuer, schöner Flughafen gebaut, Straßen werden gebaut und repariert, der Bau von vielen mehrgeschossigen Häusern, die jahrzehntelang unvollendet standen, ist abgeschlossen. Es werden Kindergärten, Schulen gebaut sowie ein riesiges republikanisches Krankenhaus für 700 Betten.

Der Bau einer wunderschönen Moschee, der größten auf der Krim, nähert sich seinem Ende. Alle Stadtparks, Plätze sowie Kinderspielplätze wurden in Ordnung gebracht. Kliniken und Krankenhäuser haben neue moderne Einrichtungen erhalten - positive Veränderungen gibt es auf Schritt und Tritt, und es ist schwierig, alles aufzuzählen. Und all dies geschieht mit Hilfe und Finanzierung Russlands.

Von der Stadt Heidelberg zugeschlagen: Die Tür zum Heidelberghaus auf der Krim. Bild: Jörg Tauss

Wie wirkt sich der Boykott der EU gegenüber der Krim praktisch und konkret auf das Leben der Stadt und der Menschen aus? Bemerken Sie etwas davon?

Violetta TIschina: Wir halten die EU-Sanktionen gegen die Krim für einseitig, vorurteilsbeladen und einen Verstoß gegen die Menschenrechte. Das Unangenehmste und sogar Beleidigendste für die Bürger von Simferopol ist die Nichtanerkennung der Ergebnisse des Referendums von 2014, bei dem die überwiegende Mehrheit der Krim-Bürger ihren Wunsch geäußert hat, der Russischen Föderation beizutreten.

Infolge der Nichtanerkennung des Referendums durch die EU-Länder sind diese nach wie vor der Ansicht, dass die Krim ukrainisch ist, und deshalb können Krimbewohner kein Visum für einen Besuch der EU- Länder erhalten, was eine Verletzung deren Rechte darstellt. Darüber hinaus hat sich der Touristenstrom aus EU-Ländern verringert, was sich negativ auf die Wirtschaft der Krim auswirkt.

Ihre Städtepartnerschaft mit Deutschland kann wegen des Boykotts ja auch nur sehr reduziert, wenn überhaupt, stattfinden. Haben Sie persönlichen oder schriftlichen Kontakt zum Heidelberger Oberbürgermeister?

Violetta TIschina: Unsere Partnerstadt-Beziehungen können nur in sehr begrenztem Umfang gepflegt werden. Es kommen zwar zu uns Delegationen und einzelne Freunde aus Deutschland und Heidelberg über Moskau, jedoch sind die Besuche aus Simferopol in der Partnerstadt Heidelberg komplett zum Stillstand gekommen.

Und doch waren die Partnerstadt-Kontakte zwischen unseren Städten sehr umfangreich: Austausch zwischen Schulen, Krankenhäusern, Theatergruppen, Sportlern, Universitäten und gesellschaftlichen Organisationen sowie persönliche Besuche bei Freunden wurden seit der Unterzeichnung des Freundschafts- und Partnerschaftsabkommens in 1992 regelmäßig durchgeführt. Mit dem Bürgermeister von Heidelberg tauschen wir lediglich Weihnachts- und Silvestergrüße aus.

Wann hatten Sie den letzten Besuch von dort?

Violetta Tischina: Das letzte Mal besuchten unser Heidelberg-Zentrum in Simferopol Vertreter der deutschen gesellschaftlichen Organisation "Freundeskreis Heidelberg - Simferopol" im Mai und September 2018.

Haben Sie Kontakt zu den jeweiligen dortigen Partnerschaftsvereinen? Wie ist Ihre Erfahrung mit dem gegenwärtigen Stand der Beziehungen zu diesen Vereinen und wie beurteilen Sie diese Zusammenarbeit?

Violetta TIschina: Trotz der Schwierigkeiten bleiben wir in engem Kontakt mit den Bürgern von Heidelberg, insbesondere mit unserer Partnergesellschaft, dem deutschen "Freundeskreis Heidelberg-Simferopol". Fast jeden Tag kommunizieren wir per Skype mit unserer lieben Kollegin und Freundin, der Vorsitzenden der deutschen Gesellschaft Magdalena Melter, sie ist praktisch in alle unseren Aktivitäten involviert.

Wir, von unserer Seite, informieren sie über alle Ereignisse in der Stadt, über unsere Arbeit mit ehemaligen NS-Häftlingen, die die Strapazen der NS-Konzentrationslager erlitten haben, und sie erzählt uns über das Leben unserer geliebten Partnerstadt Heidelberg.

Herr Tauss, wir würden uns sehr freuen, wenn Sie uns in Simferopol besuchen könnten, dann hoffe ich, würden wir ausführlicher darüber reden.

Auf Wiedersehen und mit vielen lieben Grüßen,

Violetta Tischina

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