LNG-Boom: Wie die Gasindustrie aus dem Ukraine-Krieg Profit schlägt
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Gewinner des Kriegs sind die Gas-Lobbyisten. Sie geben vor, Häuser warmzuhalten. Doch ein Greenpeace-Bericht enthüllt etwas anderes. Was hinter der fossilen Schock-Strategie steckt.
Am Samstag besetzten zehn Kletterer und zwölf Kajakaktivist:innen von Greenpeace den Flüssiggas-Terminals in Zeebrugge, Belgien, um die Ausweitung von US-LNG-Importen nach Europa anzuprangern. Ein Banner wurde angebracht, auf dem stand: "Gas kills", "Gas tötet". 14 Personen wurden im Zuge der Aktion festgenommen.
Die Expansion erfolge in "völliger Missachtung der globalen Klimaziele und der Menschenrechte", hieß es. Die Umweltorganisation fordert die sofortige Beendigung der Gasverträge und Weiterentwicklung der dafür erforderlichen Infrastrukturen.
Gleichzeitig veröffentlichte Greenpeace eine Untersuchung mit dem Titel: "Who Profits From War – How Gas Corporations Capitalise from War in Ukraine" ("Wer profitiert vom Krieg – Wie die Gaskonzerne den Ukraine-Krieg gewinnbringend nutzen").
Der Bericht deckt auf, wie die Gasindustrie den Einmarsch Russlands in die Ukraine ausnutzt, um Europa und die USA in eine jahrzehntelange Abhängigkeit von fossilem Erdgas zu manövrieren. Der politisch durchgesetzte Bau neuer Flüssigerdgas-Infrastrukturen bedrohe nun das Wohlergehen von Menschen überall auf der Welt und den Planeten.
Greenpeace spricht von einem fatalen Beispiel für eine "Schockstrategie", bei der die Gasbetreiber ihre öffentlichen Botschaften und ihre Lobbyarbeit umgehend von "Energiewende" auf "Energiesicherheit" umstellten und die Gelegenheit zynisch nutzten, um die Regierungen zu massiven, nicht benötigten Investitionen zu drängen, die in Gas-Infrastrukturen und zusätzliche Gas-Importe fließen.
Eine erfolgreiche Taktik, die durch die zeitweise Verknappung motiviert wurde. Der Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar 2022 hatte die EU in eine fossile Energiekrise gestürzt. Auf den kommenden Winter musste man sich im letzten Jahr ohne russisches Gas vorbereiten, das 2021 fast 40 Prozent des Bedarfs bedient hatte.
Die USA nutzten die Gelegenheit umgehend, um die Lücke zu schließen. Die EU-Importe aus den USA explodierten im letzten Jahr um 140 Prozent, was die Union zum weltweit größten Importeur von US-Erdgas machte.
Anusha Narayanan, Leiterin der Klimakampagne bei Greenpeace USA, stellt fest:
Unsere Untersuchung deckt die Wahrheit auf, die hinter dem Drängen von Unternehmen und Politik steht, mehr Erdgas aus den USA in europäische Länder zu importieren: Unterm Strich profitiert nur die Industrie von fossilem Gas, es ist schmutzig, giftig und wird weder gebraucht noch verlangt.
So sei die von der Gasindustrie in beiden Ländern propagierte Lösung keineswegs eine Überbrückungsmaßnahme, um die Haushalte kurzfristig warmzuhalten und gleichzeitig erneuerbare Energiekapazitäten aufzubauen, um sich gegen ähnliche Krisen in der Zukunft abzusichern, wie Greenpeace detailliert beschreibt.
Stattdessen wurden im Rahmen des Re-Power-EU-Plans der Europäischen Union zehn Milliarden Euro in die Gasinfrastruktur investiert. Mit dem Bau von acht Flüssiggasterminals hat man bereits begonnen, weitere 38 sind vorgeschlagen worden.
Sollte die genehmigte neue Gas-Infrastruktur in den USA realisiert werden, würde das die derzeitige Exportkapazität verdoppeln, auf jährlich 439 Milliarden Kubikmeter. Viele der Gasverträge haben eine Laufzeit von zehn bis 15 Jahren. Die meisten Projekte werden erst im Jahr 2026 in Betrieb genommen – also zu spät, um die aktuelle Bedarfslücke überhaupt zu schließen.
Für den Klimaschutz würde die erfolgreiche Umsetzung bedeuten, dass im entscheidenden Jahrzehnt und weit darüber hinaus sehr viele Treibhausgase emittiert werden und damit die Begrenzung der Erderhitzung auf maximal 1,5 bis zwei Grad Celsius kaum mehr möglich ist.
Nach Schätzungen von Greenpeace wird die neue europäische Infrastruktur 950 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr ausstoßen (das sind 32 Prozent der EU-Emissionen von 2019), während die US-Exportterminals – einschließlich der bereits betriebenen, im Bau befindlichen und genehmigten – 1.824 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr produzieren würden. Zusammengenommen entspricht das dem Ausstoß von 604 Millionen neuen Autos auf den Straßen.
Ben Franta, Senior Research Fellow am Oxford Sustainable Law Programme, schreibt in einem von Greenpeace zitierten Bericht:
Die Gasindustrie versucht die Nachrichtenlage – den Krieg und die Energiekrise – zu nutzen, um uns für Jahrzehnte von immer mehr Gas abhängig zu machen, obwohl man weiß, dass das katastrophale Folgen für das Klima und die internationale Stabilität haben wird.
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