Lemon Bottle: Der neue Star unter dubiosen Abnehmmitteln?
Neue Wunderwaffe im Kampf gegen Kilos verspricht müheloses Abnehmen per Injektion. Doch die Hauptwirkstoffe des Produkts "Lemon Bottle" sind fraglich.
Die Idee, mithilfe pharmazeutischer Wundermittel, Gewicht ohne körperliche Anstrengung zu verlieren, erscheint zu verführerisch, als dass man Versprechungen und Wirkungen dieser Mittel hinterfragt. Es klingt einfach zu verlockend. Man spritzt sich einmal pro Woche etwas in den Bauch oder den Oberarm und die Pfunde purzeln von allein, ganz ohne Diät und ohne Anstrengung.
Nachdem Wegovy und Ozempic von ihrem Hersteller als bequeme Abnehmspritzen beworben wurden und Novo Nordisk zum wertvollsten börsennotierten Unternehmen in Europa gemacht hat, gibt es inzwischen immer wieder Lieferprobleme bei Ozempic, was Diabetiker vor Probleme stellt.
Um den Hype um die Spritzen weiter anzuheizen, werden aktuell Studienergebnisse publiziert, die nahelegen sollen, dass der in den Medikamenten enthaltene Wirkstoff Semaglutid grundsätzlich lebensverlängernd wirkt.
Die Kassen bezahlen die Semaglutid-haltigen Medikamente in Deutschland nicht und bei den Nebenwirkungen gibt es keine eindeutigen Aussagen. Probleme mit der Bauchspeicheldrüse und zunehmender Verlust der Sehkraft aufgrund mangelnder Durchblutung gelten als möglich, auch von zunehmenden Selbstmordgedanken wurde berichtet. Und die Europäische Arzneimittel-Agentur hat aktuell noch im Juli eine Indikationserweiterung zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Ereignissen bei Übergewichtigen und Adipösen abgelehnt.
Die Selbstzahler suchen Alternativen
Da die Kosten für die in Deutschland zugelassenen Abnehmspritzen zwischen 300 und 400 Euro für eine Monatsration liegen und keine Kassenleistung sind, müssen die Versicherten die Privatrezepte selbst bezahlen, um bequem Gewicht zu verlieren.
Vor dem Hintergrund der Idee, Gewicht mithilfe einer Spritze aber ohne Mühe oder Disziplin verlieren zu können, darf man sich nicht wundern, dass jetzt auch andere in Ampullen lieferbare Stoffe zum Ziel der Begierde werden, auch wenn die hierzulande nicht zugelassen sind und es nicht einmal einen rudimentären Schutz vor Produktfälschungen gibt. Warum sollten staatliche Stellen ein nicht zugelassenes Produkt auch vor Fälschungen schützen?
Der aktuelle Star unter den gehypten Mitteln zum einfachen Gewichtsverlust ist das aus Südkorea stammende Lemonbottle von Sid Medicos. Seit dem Product Launch 2021 will man schon über zwei Millionen Ampullen verkauft haben.
In Deutschland warnt die Stiftung Warentest aktuell vor Lemonbottle:
Die Hauptwirkstoffe sollen Bromelain aus der Ananas, Lecithin und Riboflavin (Vitamin B2) sein. Sie sollen den Stoffwechsel der Fettzellen steigern und den Fettabbau beschleunigen, was wiederum die Kollagenproduktion und die Hautelastizität steigern sollen.
Das höre sich gut an, Fakt sei aber, dass diese Versprechen nicht ausreichend nachgewiesen sind, denn es fehlen fundierte Studien, die die beworbene Wirkung der Stoffe belegen könnten. Die Inhaltsstoffe der Lemon Bottle Lipolyse-Lösung werden wie folgt angegeben:
- Ananas Sativus (Pineapple) Fruit Extract (5 Prozent)
- Pentylene Glycol (3 Prozent)
- Bromelain (1 Prozent)
- Sodium Chloride (0,9 Prozent)
- Lecithin (0,1 Prozent)
- Centella Asiatica Extract (0,1 Prozent)
- Salvia Miltiorrhiza Root Extract (0,05 Prozent)
- Chamomilla Recutita (Matricatia)Extract (0,05 Prozent)
- Scutellaria Baicalensis Root Extract (0,05 Prozent)
- Riboflavin (0,01 Prozent)
Unter dem Namen Lemonbottle Skin Booster wird ein weiteres Präparat angeboten, als dessen Inhaltsstoffe benannt werden:
- Pentylene Glycol (3 Prozent)
- Sodium Chloride (0,9 Prozent)
- Sodium DNA (0,7 Prozent)
- Madecassoside (0,45 Prozent)
- Madecassic Acid (0,4 Prozent)
- Sodium Hyaluronate (0,3 Prozent)
- Glutathione (0,25 Prozent)
- Oligopeptide-4 (0,15 Prozent)
- Oligopeptide-2 (0,15 Prozent)
- Oligopeptide-1 (0,15 Prozent)
- Palmitoyl Tripeptide-1 (0,15 Prozent)
- Glucose (0,1 Prozent)
- Calcium Pantothenate (0,08 Prozent)
- Potassium Chloride (0,08 Prozent)
- Valine (0,05 Prozent)
- Threonine (0,05 Prozent)
- Isoleucine (0,05 Prozent)
- Tryptophan (0,05 Prozent)
- Glutamic Acid (0,05 Prozent)
- Tyrosine (0,05 Prozent)
- Cysteine (0,05 Prozent)
- Phenylalanine (0,05 Prozent)
- Methionine (0,05 Prozent)
- Leucine (0,05 Prozent)
- Lysine (0,05 Prozent)
- Biotin (0,02 Prozent)
- Dexpanthenol (0,02 Prozent)
- Thiamine HCl (0,02 Prozent)
- Ascorbic Acid (0,02 Prozent)
Die Schweizer Arzneimittelbehörde Swissmedic konnte die aufgeführten Inhaltsstoffe im Falle der Lemon Bottle Lipolyse-Lösung nicht nachweisen. Im erwähnten Bericht von Swissmedic heißt es:
Das offizielle Swissmedic-Labor hat Produktmuster aus verschiedenen Quellen analysiert und festgestellt, dass die Inhaltsstoffe nicht der Deklaration entsprechen und je nach Packung sogar sehr unterschiedlich sind. So wurde in einer Probe nur die Substanz Koffein gefunden, während in einer anderen die auf der Verpackung aufgeführten Inhaltsstoffe gar nicht nachgewiesen werden konnten. In diesen Fällen handelt es sich somit um Fälschungen.
Der koreanische Distributor Sid Medicos, Seoul, Korea, weist in seiner Stellungnahme gegenüber Swissmedic darauf hin, dass er die Produktmuster, welche Swissmedic erhalten hat, nicht als Originalprodukte verifizieren konnte. Außerdem unterstreicht Sid Medicos, dass die originalen ″Lemon Bottle Ampoule solution″ Produkte ausschließlich als Kosmetikum zur äußerlichen Anwendung und weder zur Lipolyse noch zur Injektion bestimmt seien.
Auf dem deutschen Markt wird Lemonbottle jedoch entgegen den Empfehlungen des koreanischen Herstellers als Injektion angeboten. Injizierbare pharmakologische Präparate sind jedoch zulassungspflichtige Arzneimittel. Sie fallen unter das Heilmittelrecht, und zwar unabhängig davon, wie tief sie in die Haut gespritzt werden. Wegen dieser Art der Anwendung, der Injektion, dürfen sie nicht als Kosmetika vermarktet werden.
Aufgrund der steigenden Zahl an Produktfälschungen hat Sid Medicos inzwischen den Versuch unternommen, die Echtheit der Lemonbottle Produkte mithilfe eines QR-Codestickers zu sichern. Da das Mittel aufgrund der nicht nachgewiesenen Wirksamkeit und der fehlenden Zulassung in Europa nicht marktfähig ist, steht der koreanische Hersteller hinsichtlich der Verfolgung von Fälschungen auf verlorenem Posten, vergleichbar mit gestreckten Drogen.