Libanesische Zeitung als Sprachrohr der arabischen Hacker

Verteidigung und Angriff im palästinensischen Cyberwar

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die Angriffe von Intifada-Sympathisanten auf israelische Websites sollen nach Wunsch von den Organisatoren, die offensichtlich der Hisbollah nahe stehen, weiter verstärkt werden. Man hofft dadurch, den Israelis finanziell zu schaden. Inzwischen crackt die pakistianische Hackergruppe Gforce eine israelische Seite nach der anderen.

Unity nennen sich die virtuellen Kämpfer für die Intifada. Ihre Webseite defend.unity-news.com (auch: hizbollah.unity-news.com) ist in Los Gatos, Kalifornien, registriert, doch heute war die Seite nicht mehr aufzurufen. Zu einfach ist es, eine Seite, die zentral ein Programm anbietet, mit dem der Browser automatisch immer wieder bestimmte Adressen aufruft, um diese Webseiten durch ein solches Überfluten mit Anfragen zu blockieren, durch dasselbe Mittel auch zu blockieren. Das haben offensichtlich pro-israelische Internetnutzer gemacht.

Möglicherweise haben sie ja die etwas großsprecherischen Verlautbarungen der Betreiber dieser Websites gelesen, die immerhin während der letzten Tage einige Websites der israelischen Regierung lahm legen konnten. Sie verkündeten nämlich die "Phase 3" des "Cyberwar", bei dem die Israelis immer Geld und zeit aufwenden sollen, um ihre Server zu sichern oder wieder in Gang zu bringen: "Denkt daran, dass sie, je mehr Geld sie durch das Reparieren und Verstärken ihrer Systeme ausgeben, desto weniger Geld haben werden, um Kugeln oder Raketen zum Einsatz gegen unsere Kinder zu kaufen." Das ist sicher ziemlich naiv gedacht oder plump formuliert, aber rührt vielleicht doch an die Solidarität auch jener, die nicht kämpfen wollen oder können, aber ein schlechtes Gewissen wegen ihrer Untätigkeit entwickeln. Virtuelles Kämpfen, in dem Fall sogar auch noch ohne jede Gefahr, ist da ein gutes Trostpflaster: "Vielleicht kannst du keine Waffe halten und kämpfen, aber du kannst für den Kampf einen Beitrag leisten, indem du die Links für den Gegenangriff besuchst und bekannt machst."

Nicht nur in der wirklichen Welt, sondern auch in der virtuellen ist jeder Angriff eigentlich eine Verteidigung. Wahrscheinlich aber haben in diesem Cyberkonflikt tatsächlich Internetnutzer aus Israel den Anfang gemacht und den Server einer Hisbollah-Seite, der allerdings ziemlich ungesichert und leistungsschwach gewesen muss, lahmgelegt. So meinte jedenfalls einer der Unity-Mitglieder, dass die Angriffe von ihren Websites, die jetzt nicht mehr aufzurufen sind, Akte der Selbstverteidigung seien und droht damit, dass israelische ECommerce-Seiten angegriffen würden, wenn der Gegner irgendwelche anti-zionistische Seiten stört. Das aber scheint die Israelis nicht abgehalten zu haben, während Unity bereits zuvor israelische Firmen und mit Lucent auch das erste amerikanische Unternehmen aufs Korn genommen hatte (Jüdische Website in den USA gecrackt).

Da die Websites unzugänglich sind, hat der libanesische Daily Star, der sich hinter der angeblich neutralen Berichterstattung mittlerweile als ziemlich aktiver Part im Cyberwar der Intifada zu erkennen gibt, auch eine Email-Adresse veröffentlicht, an die sich die "Freiheitskämpfer mit Netz- und Hacker-Kenntnissen" wenden sollen. Überdies gibt der Daily Star die Aufforderung von Unity weiter, dass die Betreiber arabischer Webseiten doch die Programme zum Stören der israelischen Server bereitstellen sollen, weil die Unity-Seiten ständig angegriffen würden.

Die pakistanische, wahrscheinlich nur aus "Doctor Nuker" bestehende "Gruppe" GForce - auffälligerweise spricht die "Gruppe" von sich nicht als "wir", sondern nur als "ich" -, bereits bekannt für Massenhacks, hatte unlängst eine jüdische Website in den USA gecrackt und dort entwendete Email-Adressen sowie Kreditkartennummern veröffentlicht. Jetzt wurden eine ganze Reihe weiterer Websites in Israel von der Gruppe gecrackt und mit ihren Unterstützungsbotschaften versehen. Ähnlich wie die Unity-Gruppe gibt man sich nicht rassistisch, wohl aber anti-semitisch, amerikafeindlich und pro-arabisch. So wurde die Website von www.visa.org.il überschrieben, GForce prahlte damit, es sei die offizielle VISA-Seite und man werde alle Kreditkartendaten veröffentlichen, nur ist das die Seite der Visiting Israel Students Association, die mit VISA nur den Namen gemein hat. Auf jeden Fall gefällt sich GForce darin, die Besucher durch möglichst furchtbare Bilder zu schocken.

Am 31.10 hatten israelische Cracker eine palästinensische Website gecrackt, Mohammed in einer Zeichnung als Schwein und Arafat in einem manipulierten Foto als Äffchen dargestellt. Das war nun wieder Anlass für GForce, mit den Massenhacks zu beginnen, weil ihre "Moslembrüder" sie brauchen. Man sei sehr zufrieden mit den bereits geschehenen Angriffen auf israelische Webseiten und werde sich jetzt aktiv daran beteiligen. Die jetzt geschehenen Überschreibungen der Webseiten sollen denn auch gleich als "Kriegserklärung" gelten. Seit einigen Tagen ist ebenfalls eine Gruppe namens "m0r0n and nightman" tätig, die angeblich auch aus Pakistan stammt und den Protest gegen Israel mit dem gegen Indiens Politik gegenüber dem Kaschmir verbindet. Und der mittlerweile schon zu Ruhm gelangte Webmaster der Hisbollah Ayoub sieht wenigstens im Cyberspace ein Gleichgewicht: "Es gibt in diesem Bereich ein Gleichgewicht der Macht. Man braucht lediglich einen Computer und seinen Kopf. Wir haben jeden wie den Israelis bewiesen, dass wir die Technologie und das Wissen, das zu machen und diesen Krieg zu gewinnen."